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Mercedes zeigt Science Fiction fürs Auto

Mercedes holt Hilfe aus Hollywood: Zusammen mit Disney und James Cameron präsentieren die Deutschen, wie Mensch und Maschine koexistieren.

Heute Redaktion
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Von wegen Freiheit auf Rädern und Garant für individuelle Mobilität! Das Auto, noch bis vor kurzem für die meisten aus dem persönlichen Alltag nicht wegzudenken, ist vom Liebling zur Last geworden und vielen sogar ein Feindbild. Denn wie kaum ein anderes Produkt unseres Alltags steht es am Klimapranger und ist zum Synonym für die Verschwendung der Ressourcen geworden.

All die vielen Elektroautos, die jetzt schon auf dem Markt sind oder in den nächsten Monaten kommen, werden daran kaum etwas ändern können. Deshalb trägt Mercedes jetzt ein bisschen dicker auf und holt sich dabei profunde Hilfe aus Hollywood. Zusammen mit den Traumtänzern von Disney und dem Regisseur James Cameron wollen die Schwaben beweisen, dass Menschen und Maschinen in Frieden miteinander leben können und dass Luxus eine Zukunft hat.

Wie in "Avatar"

Wer das nicht glauben will, den erinnern sie an "Avatar". Denn warum sollte den Menschen auf der Erde nicht gelingen, was den Na'vi im erfolgreichsten Film aller Zeiten auf dem Planeten Pandora geglückt ist: rücksichtsvoller Umgang mit Ressourcen und Freundschaften, die über einzelne Daseinsformen weit hinausgehen. "Wir können in Frieden mit der Natur leben", ist Designchef Gorden Wagener überzeugt.

Natürlich ist das Fantasy und Science Fiction – aber was will man auch erwarten, wenn Autodesigner und Drehbuchautoren über die Kontinente hinweg zusammen arbeiten und sich von blauen Fabelwesen inspirieren lassen, die mit Bäumen sprechen und von fliegenden Quallen geheilt werden? Dafür hat das Ergebnis dieser Kooperation, das zwar im Kinofilm überhaupt keine Rolle spielen wird, dafür aber in diesen Tagen zum großen Star der Computer-Messe CES in Las Vegas avancieren dürfte, sogar noch überraschend viel Bodenhaftung. Denn wenn man bedenkt, dass Avatar im Jahr 2154 spielt, wirkt der Vision AVTR vergleichsweise up to date.

Abgedrehte Räder

Das One-Bow-Design jedenfalls, das den gute fünf Meter langen Flachmann in einem einzigen Bogen überspannt, kann man sich auch schon in ein, zwei Fahrzeuggenerationen vorstellen. Und die über 30 kleinen, beweglichen Platten auf dem glatten Heck, die an den Panzer eines Reptils erinnern und das Auto zusammen mit bald 20.000 LED und einer spektakulären Inszenierung förmlich lebendig erscheinen lassen, kennt man bereits von manch einem Supersportwagen – genau wie die Schmetterlings-Türen, die hier allerdings eher an die Flügel von Insekten erinnern.

Wirklich abgedreht sind deshalb eigentlich nur die Räder, die von innen beleuchtet sind, nach der Idee vom bionischen Design an Blütenkelche von Blumen erinnern sollen und eine ganz besondere Art des Fahrens ermöglichen: Weil sie fast so hoch wie breit sind, einzeln angetrieben und individuell angesteuert werden, kann sich der AVTR nicht nur vorwärts und rückwärts bewegen, sondern auch ohne Lenkeinschlag seitwärts fahren und sich deshalb wie eine Schlange bewegen.

Batterie ohne Metalle

Die Energie dafür liefert eine Batterie, die zwar bislang nur eine ferne Vision ist, dafür aber gut zur Idee vom nachhaltigen Luxus passt. Denn die Zellen des neuen Energiespeichers kommen ganz ohne Metalle oder seltene Erden aus. Statt sich Gedanken über ein "Second Life" zu machen, die Akkus zu recyceln oder im schlimmsten Fall einfach zu entsorgen, werden sie kurzerhand kompostiert. "So wird Elektromobilität gar vollends unabhängig von fossilen Ressourcen", schwärmt Wagener.

Natürlich ist die Studie völlig abgehoben und anders als in Hollywood wird sie in Deutschland auch in hundert Jahren nicht in Serie gehen. Doch stecken in dem Showcar gleich mehrere Botschaften, die Klimakümmerer genauso beruhigen sollten wie Petrolheads. Die einen, weil die Studie den Weg zu nachhaltigem Luxus weist und mehr auf Kooperation ausgelegt ist denn auf Konfrontation. Und die anderen, weil sie zeigt, dass es auch in hundert Jahren noch so etwas geben könnte wie ein Auto.