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Mikl-Leitner punktete mit Flüchtlings-Konzept

Heute Redaktion
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Innenminister Johanna Mikl-Leitner hat beim informellen Gipfeltreffen der EU-Innenminister am heutigen Dienstag in Mailand mit Österreichs Konzept für europaweite Resettlement-Programme nach den endlosen Flüchtlingstragödien gepunktet. Auf den Vorschlag hätten bereits drei Länder - Schweden, Deutschland und die Schweiz - positiv reagiert. Während jeden Monat Zehntausende Flüchtlinge den lebensgefährlichen Weg über das Mittelmeer nach Europa wagen, streitet die EU über eine gerechte Lastenteilung. Flüchtlinge sollen auf ganze EU aufgeteilt werden.

Laut Mikl-Leitners "Save Lives Project" soll die Europäische Union künftig Flüchtlinge aufnehmen, die direkt vom UNO-Flüchtlingshochkommissariat (UNHCR) an "Hotspots" in Nordafrika ausgewählt werden. Sie sollten dann nach einem fixen Schlüssel, proportional zur Bevölkerungszahl und "unter Rücksichtnahme auf die bereits jetzt vorhandene ungleiche Verteilung" auf die EU-Staaten aufgeteilt werden.

"Das Mittelmeer ist seit viel zu langer Zeit eine Todeszone. Eine gemeinsame Kraftanstrengung aller Mitgliedstaaten ist notwendig, um der Flüchtlingstragödie ein Ende zu setzen", sagte Mikl-Leitner.

Österreich bei Syrern Vorzeigeland

Mit Österreichs Vorschlag setze man den Schritt für einen "Paradigmenwechsel". "Das ist ein kleiner Schritt in die richtige Richtung, weitere Schritte müssen folgen", meinte die Ministerin. Unter dem italienischen EU-Vorsitz soll eine Arbeitsgruppe eingerichtet werden, die sich auf Experten- und Ministerebene mit der Flüchtlingsproblematik auseinandersetzen soll und vor der Österreich seinen Vorschlag einbringen will.

Österreich sei neben Deutschland ein Vorzeigemitgliedsland, was die Aufnahme von syrischen Flüchtlingen betrifft, sagte die Ministerin. 1.500 syrische Flüchtlinge wird Österreich im Rahmen eines humanitären Programms aufnehmen. Zur Bekämpfung der illegalen Migration müsse das Dublin-System außer Streit gestellt werden, die Rückkehrpolitik intensiviert, der Grenzschutz und die Zusammenarbeit mit Drittstaaten verstärkt werden, fordert die Ministerin.

"Recht auf Asyl in Afrika prüfen"

"Dank unseres Resettlement-Programms soll mithilfe eines vertrauensvollen Partners wie UNHCR eine Prüfung und Auswahl derjenigen Flüchtlingen beginnen, die Recht aus Asyl haben. Dies soll direkt in Afrika erfolgen. Schutzbedürftige sollen auf alle EU-Mitgliedstaaten gerecht aufgeteilt werden. Die Vorteile sind, dass mit unserem Programm wirklich Schutzbedürftigen die Möglichkeit hätten, lebend nach Europa zu kommen. Zweitens würden wir Schleppern Nährboden entziehen und die Situation auf Lampedusa und Sizilien entschärfen", erklärte die Ministerin.

Auf Zustimmung stieß Mikl-Leitners Konzept auch bei Hilfsorganisationen und NGOs. Die Hilfsorganisationen verlangten jedoch Reformen in weiteren Bereichen. Ruth Schöffl vom UNHCR Österreich merkte jedoch an, dass den Flüchtlingen auch direkt in den Krisengebieten ausreichende Unterstützung geboten werden müsse. Außerdem sei es laut Schöffl unerlässlich, auf Ebene der EU-Mitgliedsstaaten Maßnahmen zur effizienten Aufnahme und Integration der Flüchtlinge zu treffen.

Bei dem EU-Innenministertreffen in Mailand wurde auch über eine Stärkung der Grenzschutzagentur Frontex diskutiert, die Italien bei der Flüchtlingsrettung im Mittelmeer unterstützt. Österreich sei bereit, Frontex technisches Equipment zu liefern und Experten zu sicheren, berichtete die Ministerin.

"Verantwortung in Taten umsetzen"

"Wir müssen uns hinsetzen und diskutieren, wie wir Verantwortung und Solidarität in konkrete Taten umsetzen wollen", fasste EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström die Diskussion der EU-Innenminister in Mailand zusammen.

Italiens Innenminister Angelino Alfano stellte klar, dass "Mare Nostrum" zeitlich begrenzt sei und Italien den Einsatz "so schnell wie möglich" an die EU-Grenzschutzagentur Frontex übergeben will. "Die italienischen Boote müssen durch eine Frontex-Operation ersetzt werden", sagte Alfano. EU-Kommissarin Malmström bremste jedoch umgehend: "'Mare Nostrum' ist eine sehr große und teure Operation. Frontex ist eine kleine Agentur und kann nicht morgen übernehmen." Dafür seien Boote und Helikopter oder Personal und Geld aus den anderen Mitgliedstaaten nötig, sagte die Schwedin.

Angesichts des Streits innerhalb der EU wollen sich die Mitgliedstaaten nun darum bemühen, dass gar nicht erst so viele Flüchtlinge nach Europa kommen, indem sie den Kampf gegen Schlepperbanden verstärken und enger mit Nachbarstaaten wie Marokko, Algerien und Tunesien zusammenarbeiten. Besondere Aufmerksamkeit müsse aber dem Krisenstaat Libyen gelten.

 

"Dublin-Verordnung" ist ein Schmarren

Über eine Harmonisierung der EU-Flüchtlingspolitik wird seit Jahren diskutiert, da sich die geltenden Rechtsvorschriften als unzulänglich erwiesen haben. Kritisiert wird vor allem die "Dublin-II-Verordnung", die vorsieht, dass das erste EU-Land, das ein Flüchtling betreten hat, für dessen Versorgung zuständig ist. Auf eine gleichmäßige Verteilung der Flüchtlinge konnten sich die EU-Staaten bisher nicht einigen. Sie wehren sich dagegen, Kompetenzen in diesem sensiblen Bereich an Brüssel abzugeben.

Italien, das besonders vom Flüchtlingsanstrom über das Mittelmeer betroffen ist, will die Asylpolitik zur Priorität seiner EU-Ratspräsidentschaft in diesem Halbjahr machen. Rom fordert mehr Unterstützung beim Schutz seiner Außengrenzen. Seit Jahresbeginn erreichten . Um der Menschenströme Herr zu werden, hat die EU schon vor Jahren die Grenzschutzagentur Frontex erfunden.

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