Gigantischer Betrug

Milliarden-Skandal um Fake-Klimaschutz aufgeflogen

In Deutschland laufen Ermittlungen zu einem "mutmaßlich kriminellem Geflecht" rund um Fake-Klimaschutz-Projekte der Mineralölindustrie in China.

Newsdesk Heute
Milliarden-Skandal um Fake-Klimaschutz aufgeflogen
Die Mineralölindustrie will mit UER-Projekten ihre Emissionsbilanz mildern, viele davon dürften aber gar nicht existieren. (Symbolbild)
IMAGO/Zoonar

Die Skandale der Erdölindustrie in Sachen Klimaschutz weiten sich aus. Der deutsche Bundestag wurde am Mittwoch durch Umweltministerin Steffi Lemke (Grüne) über mehrere Dutzend vorgetäuschter Projekte zur CO2-Kompensation in China. Es handle sich um ein "mutmaßlich kriminelles Geflecht" mit mutmaßlich "viel krimineller Energie", so die Politikerin gegenüber dem ZDF.

Das Magazin "ZDF frontal" hatte die Causa im Mai mit einem Aufdecker-Bericht ins Rollen gebracht. Eine Recherche-Reise nach China enthüllte, dass viele der von deutschen Prüfstellen verifizierten und vom Umweltbundesamt genehmigten UER-Projekte gar nicht existieren. Exemplarisch: An der Adresse des Hauptquartiers eines angeblichen Partners fanden die Reporter nur einen verlassenen Hühnerstall vor.

Viel schlimmer als gedacht

Mineralölkonzerne nutzen UER-Projekte dafür, um die gesetzlichen Klimaschutzvorgaben in Deutschland (und auch in Österreich) zu erfüllen. Diese sogenannten Upstream Emissions-Reduktionen können auf die Treibhausgasintensität eines beliebigen Kraftstoffes angerechnet. Die Kosten muss der Verbraucher an der Tankstelle berappen.

Die Reporter konnten 16 Fakes enttarnen, jetzt hat das deutsche Umweltbundesamt noch einmal nachforschen lassen. Die nun vorliegenden Ergebnisse zeigen: die Ausmaße des Betrugs sind noch viel schlimmer als angenommen.

Es geht um Milliarden

Der Chefermittler der internationalen Anwaltskanzlei Dentons, Christian Schefold, berichtete nun dem Bundestag, dass bei 45 untersuchten Projekten in China der Verdacht der Täuschung bestehe. Zehn weitere sollen noch geprüft werden.

Die Betrugsquote wäre damit enorm, denn das deutsche Umweltbundesamt hat bisher gesamt 66 solcher UER-Projekte in China genehmigt. Der geschätzte Marktwert liegt bei mehr als 1,5 Milliarden Euro, so das ZDF.

Schatten-Projekte

Laut Schefold sollen hinter dem mutmaßlich kriminellen Geflecht nur wenige Personen stehen. Diese "Gruppe von ursprünglich seriösen Beratern" habe durch Identitätsdiebstahl existierende Projekte "auf Papier modifiziert".

Die Masche erklärt der Chefermittler wie folgt:" Es wurde dann einfach ein Schatten des ursprünglichen Projektes geschaffen, und dieser Schatten ist dann in Deutschland präsentiert worden, beim Umweltbundesamt als ein UER-Projekt, das es so in der Realität nicht gibt."

Umweltministerin Lemke kündigte eine lückenlose Aufklärung an, welcher harte Konsequenzen folgen sollen: "Bei allen diesen Zertifikaten, wo wir feststellen, dass sie zu Unrecht ausgestellt worden sind, werden wir alles unternehmen, um sie rückabzuwickeln."

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    NICOLLE R. FULLER / Science Photo Library / picturedesk.com

    Austro-Umweltbundesamt verlässt sich auf Deutsche

    UER-Projekte werden auch in Österreich von der Erdöl-Industrie genutzt. Hierzulande ist es vorrangig die OMV, aber auch Konzerne wie Shell und BP tauchen vereinzelt in der Liste der anerkannten Projekte des Umweltbundeslandes auf.

    Auf die Validierung/Verifizierung der Projekte verlässt sich die Austro-Behörde allerdings fast ausschließlich auf Stellen in Deutschland wie TÜV Süd oder verico SCE. Letztere bewirbt u.a. eine Energieeinsparung durch eine Schilfkläranlage im Oman als UER-Projekt.

    2023 wurden sechs UER-Projekte der Industrie beim österreichischen Umweltbundesamt registriert. Eines davon in China, eines im Südchinesischen Meer und die übrigen vier im Südsudan, Saudi-Arabien und Oman. 2022 waren es dreimal so viele Projekte-Einträge.

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      Unsplash / Leserreporter

      Auf den Punkt gebracht

      • In Deutschland wird ein massiver Betrugsskandal um Fake-Klimaschutzprojekte in China aufgedeckt, bei dem es um Milliarden geht
      • Umweltministerin Steffi Lemke kündigte eine umfassende Aufklärung und harte Konsequenzen an, nachdem Ermittlungen ergaben, dass viele der von deutschen Prüfstellen verifizierten Projekte gar nicht existieren
      red
      Akt.