Politik

Mindestsicherung-Kürzung bei Türken nicht möglich

Brisantes Papier: Für die rund 120.000 in Österreich lebenden türkischen Staatsbürger gilt ein EU-Abkommen, das ihre Integration verhindert.

Heute Redaktion
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Erdogan-Fans bei einem Wahlauftritt des Politikers in Wien im Jahr 2014.
Erdogan-Fans bei einem Wahlauftritt des Politikers in Wien im Jahr 2014.
Bild: picturedesk.com

Die ÖVP-FPÖ-Regierung hatte Pläne präsentiert, nach denen Personen in Österreich die Sozialhilfe gekürzt werden soll, wenn sie sich nicht integrationswillig zeigen. Nur wer den Willen zur Integration zeige und Deutsch lerne, soll vollen Anspruch auf alle Leistungen wie die Mindestsicherung haben. Wie der "Kurier" berichtet, gilt dies allerdings nicht für türkische Staatsbürger. Möglich macht das ein Vertrag, der Integrationsmaßnahmen verbietet.

Einen "Freibrief" bekämen die rund 120.000 Austro-Türken durch ein altes Abkommen der EU mit der Türkei. Wer demnach auf einen Integrationsvertrag "pfeife" oder sich Wertekursen verwehre, habe keine Konsequenzen zu befürchten. Übrigens auch in allen anderen europäischen Staaten. Das "Assoziierungsabkommen" wurde 1963 von den damaligen "Europäischen Gemeinschaften" mit der Türkei beschlossen, 1970 wurde dann die betreffende Klausel ergänzt.

"Nicht schlechter behandelt"

Wie es im Bericht heißt, besage die Klausel, dass die in Europa lebenden türkischen Staatsbürger bis auf wenige Ausnahmen "nicht schlechter behandelt werden dürfen als zum Zeitpunkt des Abschlusses des Abkommens 1963". Konkret: sie müssen sich keinen Bedingungen wie der Integration unterwerfen – und ihnen dürfen demnach auch keine Leistungen gestrichen werden, wenn sie nicht integrationswillig sind. Das sei auch bereits in Urteilen des Europäischen Gerichtshofs so bestätigt worden.

Der "Kurier" zitiert dabei Arbeitsrechtsexperten Wolfgang Mazal, einen "engen Berater" von Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP): Er gibt an, dass es "ein wasserdichtes Gesetz zur Mindestsicherung" wegen dieses Abkommens nicht einfach haben werde und sage: "Ja, es könnte sein, dass das zum Schluss für die Türken nicht gilt." Schwierig könnte es demnach auch sein, das geplante Kopftuchverbot umzusetzen.

Nicht einmal gesamte EU kann Abkommen ändern

Ebenso brisant: Selbst wenn alle EU-Staaten und die EU-Kommission das Abkommen ändern wollten, müsste dazu die türkische Regierung zustimmen. So bleibe nur eine einseitige Kündigung, nach der die Türkei ihrerseits wahrscheinlich das Flüchtlingsabkommen mit der EU aufkündigen würde. (red)

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