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Das bedeutet die neue Mindestsicherung für Sie

Heute Redaktion
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Am Montag findet im Sozialausschuss des Nationalrates ein Experten-Hearing zur neuen Mindestsicherung statt. "Heute" erklärt, worum es geht.

Im Jahr 2017 haben 307.000 Menschen Mindestsicherung bezogen. Das war ein Anstieg um 40 Prozent gegenüber 2012. Die Kosten sind in dieser Zeit um 71 Prozent auf 977 Millionen Euro gestiegen. Die massive Kostensteigerung war einer der Gründe, warum die Regierung das neue Modell fixiert hat.

Für Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) ist es "nur gerecht", dass jemand auch in das Sozialsystem einzahlen muss, bevor er Geld bekommt. Derzeit sei es mitunter "unattraktiv", arbeiten zu gehen. Die für ganz Österreich geltende neue Mindestsicherung tritt mit Oktober 2019 in Kraft. Die Länder können weiterhin einen Teil der Sozialhilfe (Zuschläge fürs Wohnen, Sachleistungen) selbst bestimmen.

Aus der Mindestsicherung wird (wieder) die "Sozialhilfe". Die Eckpunkte:

Höhe: Pro Person gibt es 885 Euro, für Paare bis zu 1.240 Euro.

Kinderzuschläge: Für das erste Kind gibt es 221 Euro, für das zweite 133 Euro und ab dem dritten je 44 Euro.

Alleinerzieher: Bundesländer haben einen Spielraum. Der Zuschuss für Alleinerzieher soll aber bei einem Kind 106, für das zweite Kind 80, für das dritte Kind 53 und für jedes weitere Kind 27 Euro betragen.

Behinderungen: Fix ist ein Bonus für Menschen mit Behinderung von 159 Euro.

Arbeitsbereitschaft: Voraussetzung für den Bezug der Sozialhilfe ist Bereitschaft zum Arbeitseinsatz.

Deutschkenntnisse: Wer zu schlecht Deutsch spricht, soll nur 575 Euro erhalten.

Zuwanderer: Für Drittstaatsangehörige sowie EU- und EWR-Bürger ist eine fünfjährige Wartefrist vorgesehen, bevor sie die Mindestsicherung beziehen.

Wohnkosten: Bei Nachweis höherer Kosten sind bis zu 30 % zusätzliche Wohnkosten möglich.

Vermögenszugriff: Ab rund 4.200 Euro geplant, wenn Notlage dadurch nicht verschlimmert wird.

Bezugsdauer: Sozialhilfe soll für maximal zwölf Monate gewährt werden, danach soll man sie neu beantragen müssen. Ausnahme: dauerhaft erwerbsunfähige Personen.

Ex-Häftlinge sind vom Bezug nicht ausgeschlossen, stellte die Regierung im Rahmen des Hearings klar.

Länderleistungen: Bestehende Leistungen der Länder für Sonderbedarfe (wie Pflege oder Behinderung) werden nicht berührt.

Spender/spenden: Öffentliche und private Spenden werden nicht in die Mindestsicherung eingerechnet. Bezieher verlieren also kein Geld.

Schon im März hat die Bundesregierung die neue Mindestsicherung auf Schiene gebracht. Seitdem reißt die Kritik am Modell nicht ab – und es beschäftigt am Montag auch Experten bei einem so genannten Hearing im Sozialausschuss von 10 bis 14 Uhr. Dabei nominierten die Parteien Experten ihrer Wahl, die ÖVP etwa Arbeits-, Sozial- und Medizinrechtler Wolfgang Mazal und OÖ-Landtagsdirektor Wolfgang Steiner.

Für die FPÖ wird Kommissärin Elisabeth Bruckmüller aus dem Bundesministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz sprechen, ebenso Verfassungsexperte Michael Schilchegger. Für die SPÖ reden Arbeitsrechtsexperte und Universitätsprofessor Walter Pfeil sowie Sozialwissenschaftlerin Karin Heitzmann. Die NEOS haben Ökonom Wolfgang Nagl, Jetzt Rechtspolitologe Nikolaus Dimmel nominiert.

Mindestsicherung neu: Neuer Name, weniger Geld (Glomex)

Verteidigt wird die neue Mindestsicherung vor allem von den beiden Regierungsparteien, die darin ein faireres und besseres System sehen. Das bisherige Modell sei vor allem für Zuwanderer viel zu "attraktiv" gewesen, dagegen seien Alleinerziehende oder Menschen mit Beeinträchtigungen benachteiligt gewesen. Oppositionsparteien, NGOs und auch die Kirche kritisieren die neue Regelung scharf. Sie enthalte Kürzungen für Kinder und Diskriminierungen von Zuwanderern. Wien etwa will das neue Modell gar nicht umsetzen – und attestiert, dass das neue Gesetz womöglich gegen die Verfassung verstoße.

Das Experten-Hearing zum Gesetzesentwurf zur Neuregelung der Mindestsicherung ist öffentlich. Das Hearing wird auch live gestreamt, etwa auf der Facebook-Seite des SPÖ-Parlamentsklubs.

(rfi)