Das Wiener Verwaltungsgericht ging der Maßnahmen und Richtlinienbeschwerde eines verletzen Aktivisten nach. Im Zuge der Räumung des Protestcamps Lobau war der Mann (49) zusammen mit zwei Frauen und einem Mann zur Feststellung der Identität am 19.2.2022 ins Polizeianhaltezentrum Rossauer Lände (Wien-Alsergrund) gebracht worden. Der Mann wollte sich angeblich nicht fotografiert werden. Der Aktivist wehrte sich, mehrere Beamte zerrten an ihm – einer dürfte die Geduld verloren haben und soll ihm "mit dem Knie ins Kreuz gesprungen" sein. Der Aktivist erlitt eine Rippenfraktur und eiene Prellung. "Jegliche erkennungsdienstliche Maßnahme wie Fotos und Fingerabdruck kann verweigert werden – es war bei uns Usus. Das haben damals alle Aktivisten gemacht", so der Klimaaktivist laut Orf-Bericht vor Gericht.
"Dass die Gewaltanwendung unverhältnismäßig war, wird man schwer bestreiten können“, so Verwaltungsrichter Wolfgang Helm nach der Einvernahme des Klimaaktivisten und der anschließenden Befragung von zwei Polizisten. In seiner ausführlichen Urteilsbegründung sagte er, die Polizei habe "mit unverhältnismäßiger Körperkraft“ agiert, um von dem Aktivisten ein Foto zu machen.
Die Polizei bestritt den Sprung, womöglich sei die gebrochene Rippe auch gar keine frische Verletzung gewesen. Richter Helm fand diese Argumentation wenig stimmig: "Das kommt mir reichlich seltsam vor, dass ein Unfallchirurg, sein Vorgesetzter, eine Röntgenologin und ein Gerichtsgutachter einen alten Rippenbruch nicht von einem frischen unterscheiden können."
Gegen gesetzliche Bestimmungen wurde seitens der Polizei weiters verstoßen, indem der Mann mit einer gebrochenen Rippe festgehalten wurde, so das Gericht. Am 20. Februar um 13.15 Uhr kam der Aktivist knapp 24 Stunden nach seiner Festnahme frei. Er ging ins Spital und dokumentierte die Verletzung.
Clemens Lahner, der Anwalt des 49-Jährigen beanstandete, dass die Gewaltanwendung seitens der Polizei überhaupt nicht dokumentiert worden war. Die fehlende Dokumentation stufte auch das Verwaltungsgericht als rechtswidrig ein.
Nun muss die Wiener Landespolizeidirektion innerhalb von 14 Tagen die Summe von 2.397 Euro an Aufwandsersatz für Schriftsätze und sonstige Kosten an den Aktivisten zahlen. Gegen dieses Erkenntnis ist kein ordentliches Rechtsmittel mehr zulässig. Strafrechtlich konnte die Aktion nicht geahndet werden: Das Strafverfahren wurde eingestellt. Es war nicht klar, welcher drei Polizisten dem Mann in den Rücken gesprungen war.