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Mit "Retimed" zufällig ein E-Sport-Game entwickelt

Heute Redaktion
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Dem Multiplayer-Game "Retimed" könnte eine große Zukunft bevorstehen. Die Köpfe dahinter sind aber gar nicht so durchgeknallt wie ihr Spiel.

Das Büro im Industriequartier Zürichs wirkt nicht viel größer als eine Besenkammer. Dicht gedrängt sitzen hier Gamedesigner, Programmierer und Musiker des Stray Fawn Studios ("Niche", "Nimbatus") an ihren Pulten. Mittendrin: Annika Rüegsegger und Max Striebel. Sie sind die beiden einzigen Mitarbeiter von Team Maniax, welches das bis dato wohl witzigste und schrägste Schweizer Multiplayer-Game gezimmert hat: "Retimed".

In den Räumlichkeiten des Stray Fawn Studios sind die beiden untergekommen, weil Striebel auch an deren Game "Niche" arbeitet. "Für uns ist es eine ideale Verbindung", sagt Rüegsegger. Sie können die Arbeitsplätze nutzen und erhalten Marketing-Unterstützung von Stray Fawn. Dafür behält das Studio zehn Prozent des Erlöses des Games für sich. Einmal wöchentlich hilft Striebel zudem bei "Niche" mit, mit seiner Gewinnbeteiligung kann er einen Teil der Lohnkosten von Team Matrix tragen. Zudem wird "Retimed" von Pro Helvetia unterstützt. Mit gerade mal 1.700 Euro monatlich müssen die beiden Jungdesigner zurechtkommen.

"Matrix" als Vorlage

Die Bernerin und der Basler lernten sich während des Gamedesign-Studiums an der Zürcher Hochschule der Künste (ZHdK) kennen. Rüegsegger fand den Weg ins Gamedesign übers Zeichnen, wollte zuerst Grafik studieren, erfuhr aber vom Gamedesign-Studium an der ZHdK. Ihr gefiel die Vielfalt und sie begann ein Bachelor-Studium im Gamedesign. Striebel hingegen faszinierte sich fürs Programmieren und entdeckte nebenbei seine Leidenschaft fürs Gestalten. Auch er begann ein Gamedesign-Studium wegen dessen Vielseitigkeit.

Sie verstanden sich von Anfang an und arbeiteten an mehreren gemeinsamen Projekten. Als es auf die Bachelor-Abschlussarbeit zuging, spannten sie sich erneut zusammen und wussten von Beginn weg, dass sie das Game später auch veröffentlichen wollten. Ebenfalls wussten sie, dass es sich um ein Multiplayer-Game mit einer Zeitlupenmechanik handeln sollte. "Wir waren stark vom Film 'Matrix' beeinflusst, von der Verlangsamung der Zeit, aber auch davon, wie die Figuren die Wände als Absprungplattformen nutzen", sagt Rüegsegger.

"Retimed"

Im Multiplayer-Game "Retimed" für PC treten zwei bis vier Spieler gegeneinander an, um sich ballernd vom Spielfeld zu fegen. Sobald eine Kugel auf eine Figur zufliegt, verlangsamt sich für diese aber die Zeit, um im letzten Moment noch ausweichen zu können. Der Einstieg ins Game ist extrem schnell und leicht zugänglich, es wirklich zu meistern benötigt aber Geschick und Taktik. Im Sommer 2018 soll "Retimed" außerdem für die Nintendo Switch erscheinen.

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Einfach und doch knüppelhart

Insgesamt entstanden sieben Prototypen von "Retimed", die achte wurde nun veröffentlicht. "Zuerst sah das Spiel viel düsterer aus", sagt die Gamedesignerin. Aber das passte ihnen nicht: Sie wechselten die ursprünglichen Ninjas mit niedlichen Stofftieren als Spielfiguren aus, weil diese bei einem Treffer niedlich zerplatzen (siehe auch Kasten). Mit "Retimed" schafften sie ein Game, dem wegen seiner zugänglichen Art und dem extrem unterhaltsamen Spielprinzip eine große Zukunft bevorstehen könnte.

Annika Rüegsegger und Max Striebel. (Foto: jag)

"Das Prinzip begreift man blitzschnell", sagt Rüegsegger. Doch das Spiel richtig gut zu beherrschen, sei extrem schwierig. Nicht zuletzt deswegen wurde "Retimed" von der Swiss Made Game League als erstes E-Sport-Spiel gewählt, das während der Saison 2018 gespielt wird. "Wir dachten bei der Entwicklung nicht an E-Sport", sagt Striebel. Ihnen sei es um den Spaß gegangen und darum, ein bestimmtes Spielgefühl einzufangen. Erfreut über die Wahl sind die 23-Jährige und der 26-Jährige trotzdem. Wie es mit "Retimed" weitergeht, hänge vom weiteren Erfolg ab. Die Zukunft lasse sich im Gamedesign sowieso nicht planen. Rüegsegger: "Ursprünglich war ich sicher, dass ich nach dem Studium Serious Games entwickle. Nun bin ich Indie-Entwicklerin geworden." (jag)