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Moderatoren können private WhatsApp-Chats mitlesen

WhatsApp rühmt sich damit, ein privater Chat-Dienst zu sein. Ein neuer Bericht zeigt nun aber, dass Moderatoren Nachrichten doch mitlesen können.

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    Whatsapp-Moderatorinnen und -Moderatoren können Chat-Nachrichten mitlesen.
    Whatsapp-Moderatorinnen und -Moderatoren können Chat-Nachrichten mitlesen.
    20min/Michael Scherrer

    Weltweit benutzen rund zwei Milliarden Userinnen und User den Chat-Dienst WhatsApp, der zum Mutterkonzern Facebook gehört. Viele davon greifen auf WhatsApp zurück, weil der Messenger verspricht, die Nachrichten, die verschickt werden, privat zu halten. Dass diese aber nicht in allen Fällen so privat sind, wie bisher gedacht, zeigt ein neuer Bericht der Nonprofit-Plattform Propublica.org.

    Grundsätzlich sind private Nachrichten, die über WhatsApp verschicken werden, Ende-zu-Ende verschlüsselt. Dies bedeutet, dass eine Textnachricht, ein Bild oder ein Video beim Senden in einen unverständlichen Code verschlüsselt wird und erst beim Empfänger wieder entschlüsselt werden kann. Würde die Nachricht in der Mitte abgefangen, könnte man diese nicht entziffern. Dies gilt auch für Facebook. Nicht einmal das Unternehmen selbst hat also Zugriff auf die Inhalte, die über die Plattform verschickt werden – in den meisten Fällen.

    Gemeldete Nachrichten

    Eine Ausnahme hat nun Propublica aufgedeckt. Tatsächlich soll Facebook in Texas, Dublin und Singapur mehr als 1.000 freischaffende Personen beschäftigen, deren Aufgabe es ist, private Nachrichten von Nutzerinnen und Nutzern zu durchsuchen. Aber wie soll das bei Ende-zu-Ende verschlüsselten Nachrichten überhaupt möglich sein?

    Möglich ist dies, da WhatsApp Nachrichten, die von anderen Nutzerinnen und Nutzern als missbräuchlich gemeldet werden, entschlüsselt. Davon ist aber nicht einzig die gemeldete Nachricht betroffen, sondern auch vier Nachrichten, die unmittelbar vor der gemeldeten Nachricht verschickt wurden – egal ob es sich dabei um Texte, Bilder oder Videos handelt. Diese können alle von den Moderatoren und Moderatorinnen eingesehen werden.

    Diese Enthüllung hat vielerorts für Empörung gesorgt. Immer wieder wird die Frage aufgeworfen, wie WhatsApp seine Versprechen bezüglich Privatsphäre und Verschlüsselung halten kann, wenn das Unternehmen selbst private Nachrichten von Nutzerinnen und Nutzern einsieht. Der Director of Communication von WhatsApp, Carl Woog, sieht darin aber keinen Widerspruch. "Wir benutzen das Wort Moderation für WhatsApp normalerweise nicht", sagt er. Man gehe nur sicher, dass die schlimmste Art von Missbrauch auf der Chat-Plattform keinen Platz finde.

    Zusammenarbeit mit Behörden

    Tatsächlich soll WhatsApp immer wieder aktiv mit den Behörden zusammen arbeiten, wenn es um potenziell kriminelle Tätigkeiten geht. So teilt WhatsApp laut Propublica beispielsweise Metadaten seiner Nutzerinnen und Nutzer mit den Behörden, falls diese verlangt werden. Diese Metadaten sind anders als die über die Plattform verschickten Nachrichten nicht verschlüsselt. Zu diesen unverschlüsselten Informationen gehören Daten wie die Telefonnummer, das Profilbild, der Akkustand des Handys, die Sprache, Zeitzone, das Betriebssystem, die IP-Adresse oder verbundene Facebook- oder Instagram-Accounts.

    Auch WhatsApp-Chef Will Cathcart sieht darin kein Problem: "Ich glaube, dass es absolut möglich ist, durch Ende-zu-Ende-Verschlüsselung Sicherheit für die Nutzenden zu schaffen und gleichzeitig dabei zu helfen, Verbrechen aufzudecken", sagte er in einem Youtube-Interview im Juli.

    Privatsphäre-Debakel

    Es ist nicht das erste Mal, dass sich WhatsApp Kritik an seinen Privatsphäre-Praktiken anhören muss. Bereits im Jahr 2017 erhielt Facebook von der Europäischen Union eine Strafe über 110 Millionen Euro, weil WhatsApp Nutzerdaten mit dem Mutterkonzern Facebook teilen wollte. Im Juli 2019 verordnete die US-Kartellbehörde eine Strafe von fünf Millionen Dollar, weil WhatsApp die Privatsphäre seiner Nutzerinnen und Nutzer verletze.

    Außerdem hat WhatsApp Anfang dieses Jahres angekündigt, private Nachrichten von Business-Accounts für Werbezwecke mit Facebook teilen zu wollen. Zustimmen mussten aber alle, was in der Folge für weitere Unsicherheiten sorgte. Die Nutzerinnen und Nutzer hatten außerdem nur einen Monat Zeit, um zuzustimmen, wenn man den Messenger weiterhin nutzen wollte. Was folgte, war ein regelrechter Exodus. Zahlreiche Nutzerinnen und Nutzer wechselten den Messenger, was Telegram, Signal und Threema jubeln ließ, aber teilweise deren Server ans Limit brachte.

    Mittlerweile hat auch WhatsApp gemerkt, dass man mit der Ankündigung ein Beben losgetreten hatte. Darum wurde die erste so kurz gesteckte Frist bis zum 15. Mai verlängert. Dann kam die Ankündigung, dass man als Nutzerin oder Nutzer, der/die den AGB nicht zugestimmt hat, wohl nicht mit Einschränkungen zu rechnen habe. Drei Monate nach dem Verstreichen der Frist krebste Facebook zurück und kündigt an, es soll weiterhin optional sein, den AGB zuzustimmen.

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