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Verachtet und angreifbar – der Kronprinz am G-20

Heute Redaktion
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Der umstrittene saudische Kronprinz Mohamed bin Salman hat anlässlich des G-20-Gipfels in Buenos Aires fünf Hotels gebucht. Am Schluss übernachtet er woanders. Aus Sicherheitsgründen.

Buenos Aires rüstet sich mit 25.000 Polizisten und Soldaten für den ersten G20-Gipfel in Südamerika. Argentiniens Regierung erklärte den ersten Gipfeltag vorsorglich zum Feiertag und ließ über der Stadt eine 400 Quadratkilometer große Flugverbotszone errichten. Der nahe des Gipfelzentrums am Río de la Plata gelegene nationale Flughafen wurde geschlossen.

Denn Donald Trump und die anderen Staats- und Regierungschefs reisen in einer angespannten Zeit nach Argentinien. Von der Ukraine-Krise bis hin zu einer drohenden Verschärfung des Handelskonflikts gibt es reichlich Sorgenthemen.

Zudem gibt es im Kreis der 20 Industrieländer auch ein Sorgenkind: den saudi-arabischen Kronprinzen Mohammed bin Salman, kurz MBS genannt. Er wird verdächtigt, die Ermordung des regierungskritischen Journalisten Jamal Khashoggi angeordnet zu haben. Das löste weltweit Empörung aus. Das hatte zuletzt der frühere spanische König, der sich mit MBS ablichten ließ, zu spüren bekommen.

Diplomatische Immunität

Das Meet-and-Greet mit dem mächtigen Saudi dürfte für die Politiker daher also eher unangenehm werden. UNO-Generalsekretär António Guterres zeigte sich im Vorfeld des G-20-Gipfels aber bereit für ein Treffen in Buenos Aires. Er werde mit dem Kronprinzen sowohl über die Krise im Jemen als auch über die Tötung des regimekritischen Journalisten Jamal Khashoggi sprechen, sagte Guterres vor dem Abflug.

MBS war als Erster aus der G-20-Gruppe schwer bewacht am Mittwoch am La Plata eingetroffen. Dass er in Argentinien rechtliche Konsequenzen für seine mutmaßliche Verwicklung in den Mordfall Khashoggi befürchten muss, ist unwahrscheinlich. Zwar hatte die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch in Argentinien Anzeige gegen MBS erstattet – Regierungsvertreter stellten aber klar, dass dem Kronprinzen in Buenos Aires kein Haftbefehl drohe, weil er diplomatische Immunität genieße.

Unbeliebt und angreifbarer als sonst

Dass der Kronprinz derzeit keinen Spitzenplatz in der Beliebtheitsskala belegt und so möglicherweise zusätzlich angreifbar sein könnte, zeigen auch die weitreichenden Sicherheitsvorkehrungen, die vor seiner Ankunft in der argentinischen Hauptstadt getroffen wurden.

Wie das Nachrichtenportal "Infobae" berichtet, plante der 33-Jährige mit seinem Gefolge im Hotel Sofitel La Reserva Cardales zu übernachten. Die riesige Anlage mit Garten und hohen Palmen rund 70 Kilometer nördlich von Buenos Aires dürfte wohl ein wenig an die Heimat erinnern.

Gebucht, bezahlt – nicht für sich genutzt

Das Hotel konnte aber die hohen Sicherheitsstandards der Saudis nicht erfüllen, also reservierte bin Salmans Team gleich fünf Luxushotels in der Innenstadt von Buenos Aires. Der Prinz soll für die zahlreichen reservierten Zimmer im Voraus bezahlt haben, schreibt "Infobae" weiter.

Weil aber auch hier eine lückenlose Sicherheit nicht garantiert werden konnte, wohnt der Prinz nun mit seinen engsten Mitarbeitern in der saudi-arabischen Botschaft der argentinischen Hauptstadt. Da es allerdings nicht für das gesamte Team Platz hat, kommt der Rest des Personals in den bereits gebuchten Hotelzimmern unter.

Nachbarn kontrolliert

Am Tag vor seiner Ankunft am Mittwoch führte eine Task-Force im schicken Quartier Palermo – in dem sich auch die Schweizer Botschaft befindet – Sicherheitskontrollen durch. Zwei Bagger wurden bestellt, um einige Fenster der Botschaft zu verbarrikadieren. An anderen Stellen wurden neue Fenster aus Panzerglas montiert.

Weiter besuchte Sicherheitspersonal der Botschaft sämtliche Gebäude in der Nachbarschaft, die in Blicknähe zur Saudi-Botschaft liegen. Alle Liftschächte dieser Gebäude wurden kontrolliert. Zusätzlich plante das Team für den Notfall eine geheime Fluchtroute für Mohamed bin Salman, die ihn direkt zum Flughafen bringen soll. (kle)