Österreich

Mord Gloggnitz: Killer laut Anklage ein Psychopath

Heute Redaktion
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Erschütternde Details im Mordfall Gloggnitz: Ioan P. ist laut Anklage ein Psychopath, Elfriede H. (83) musste wegen zwei unglücklicher Zufälle sterben. Die Chronologie einer Tragödie.

Elfriede H. war am 16. August 2019 in Gloggnitz (Neunkirchen) einfach zur falschen Zeit am falschen Ort: Mit einer unfassbaren Wucht war sie von Ioan P. (38) niedergemetzelt worden, dabei wurde der 83-Jährigen sogar der Kopf abgetrennt.

Der Rumäne wurde 1981 in Viseu de Sus (Nord-Rumänien) geboren, lebte vom siebenten bis zum zweiundzwanzigsten Lebensjahr in einem rumänischen Kinderheim, machte eine Lehre zum Koch und lebte bei einem Bekannten in Untermiete. 2005 ermordete Ioan P. seinen Vermieter - erstach ihn mit zahlreichen Messerstichen, wurde zu 17 Jahren Haft verurteilt, kam aber nach zwölf Jahren Haft auf Bewährung frei ("Heute" berichtete).

Wollte nicht arbeiten

Nach seiner Haftentlassung kam er in einer Obdachlosenunterkunft unter und arbeitete in einer Bäckerei. Doch die Nachtarbeit störte Ioan P., also kündigte er den Job. Über die Obdachlosenunterkunft in Rumänien wurde ihm ein Job in Österreich vermittelt und zwar auf einem Pferdehof in Preintal (Neunkirchen). Am 11. August kam er mit einem Reisebus in Gloggnitz an, wurde von einem Landsmann, der bereits viele Jahre am Hof arbeitet, abgeholt und in der Folge eingeschult. Bereits am ersten Tag kam es laut Anklage zu einem Zwischenfall: Mit einer Hacke in der Hand rannte der 38-Jährige in den Stall und brüllte, dass er alle umbringen werde. Stallarbeiter konnten Ioan P. aber beruhigen.

Am nächsten Tag, 12. August, wollten seine Kollegen den Rumänen in der Früh wecken, doch Ioan P. kam erst zu Mittag aus seinem Zimmer. Er half den restlichen Tag nur wenig bei der Arbeit, beschwerte sich ständig und meinte, er wolle ein Pferd oder eine Katze töten. Am dritten Tag, 13. August, teilte der rumänische Mentor (Anm.: der langjährige Mitarbeiter, der Ioan P. abgeholt hatte und einschulen sollte) dem Stallbesitzer mit, dass er den 38-Jährigen für gefährlich halte. Daraufhin beauftragte der Stallbesitzer den langjährigen Mitarbeiter, den 38-Jährigen zu kündigen.

Mit Polizei gekündigt

Da der langjährige Arbeiter nicht wusste, wie Ioan P. reagieren würde, hielt er nochmal Rücksprache mit dem Pferdehofchef, dieser verständigte daraufhin die Polizei. Hofbesitzer und Polizei gingen ins Zimmer des Angeklagten, der gerade im Bett lag. Der rumänische Mentor übersetzte und sprach die Kündigung aus, meinte aber, dass die Heimfahrt bezahlt werde. Mit Polizeibegleitung brachte der Hofbesitzer und seine Gattin den 38-Jährigen zur Bushaltestelle in Gloggnitz (Anm.: das Ehepaar fuhr im Auto, der Rumäne am Rücksitz, ein Polizeiwagen direkt dahinter) - um 21 Uhr sollte der Bus fahren. Der Bus kam aber nicht, der Hofbesitzer rief das Busunternehmen an und brachte in Erfahrung, dass der Bus einen Motorschaden hatte. Dem Hofbesitzer wurde mitgeteilt, dass der Bus erst am nächsten Tag um 9 Uhr fahre (unklar war aber, ob 9 oder 21 Uhr gemeint war, Anm.)

Daraufhin brachte der Hofbesitzer den Angeklagten zu einem nahen Gasthof, bezahlte ein Zimmer plus die Taxifahrt zur Bushaltestelle. Am nächsten Tag, 14. August, wurde Ioan P. bereits um 8 Uhr zur Bushaltestelle nach Gloggnitz gebracht, da der Osteuropäer davor einige Gäste belästigt hatte. Doch der Bus kam nicht – der Rumäne rief in der Folge mehrmals den Euronotruf (112) an, die Polizei kam schließlich und konnte feststellen, dass der Bus erst am 15. August um 21 Uhr fahre.

Suche nach Ioan P.

In der Folge wurde der Hofbesitzer in Kenntnis gesetzt, der sich bereit erklärte, noch eine weitere Nacht im Gasthaus zu bezahlen. Daraufhin versuchte der Hofbesitzer und der langjährige Mitarbeiter den 38-Jährigen telefonisch zu erreichen - mehrmals über den ganzen Tag verteilt. Die beiden fuhren extra nach Gloggnitz und suchten sogar nach Ioan P.

Doch der Angeklagte suchte in der Stadt nach Essen, lungerte herum. Bereits am 15. August fasste Ioan P. laut Anklage den Entschluss, seinen Mentor (den langjährigen Mitarbeiter des Pferdehofes) zu töten, der 38-Jährige stahl in einem Geschäft ein Küchenmesser. Doch Ioan P. fand den Weg zum Pferdehof nicht mehr, irrte herum, schlief im Wald und irrte auch am nächsten Tag, 16. August, in Gloggnitz herum. Dabei bettelte er fremde Menschen um Geld an, um 12 Uhr erblickte er schließlich Elfriede H., die in der Stadt einkaufen war. Der Rumäne verfolgte die alte, rüstige Pensionistin rund fünf Minuten und beschloss laut Anklage, sie zu töten.

Kopf abgeschnitten

Als sich Ioan P. unbeobachtet fühlte, ging er schnellen Schrittes auf die Pensionistin von hinten zu, packte ihren Kopf und fügte ihr mit enormer Wucht zwölf Stiche und Schnitte im Bereich des Kopfes, Halses, Nackens und Rückens zu. Die Frau versuchte noch, sich zu wehren, hatte aber gegen die Wucht des Angriffes keine Chance. Dies belegen die zahlreichen Verletzungen an den Händen der 83-Jährigen: Der Daumen wurde am Sattelgelenk fast gänzlich abgetrennt sowie auch einige Fingerkuppen. Laut Gutachten waren vier Stiche lebensbedrohlich (wie z.B. Herzöffnung, Lunge, Kehlkopf). Weiters fügte der Rumäne der Frau einen 13 Zentimeter langen Schnitt in der Nackenregion zu, mit weitgehender Abtrennung des Kopfes und Durchtrennung des Halsmarkes. Auch bei sofortiger ärztlicher Hilfe wäre die Rentnerin nicht zu retten gewesen.

Psychopath laut Gutachter

In der Einvernahme gab der Rumäne an, er bedauere die Verwechslung. Er hatte eigentlich die Frau des Hofbesitzers töten wollen und er hatte die 83-Jährige eben für diese gehalten. Große Emotionen oder Mitgefühl zeigte Ioan P. nicht. Laut Gutachten hat Ioan P. eine kombinierte Persönlichkeitsstörung mit verminderter Intelligenz und deutlicher Verhaltensstörung. Laut Gutachter war die Tat vollkommen geplant und der Angeklagte war zurechnungsfähig. Laut Expertise kann von Psychopathie gesprochen werden, der Angeklagte zeigt keine Empathie und kein Mitleid mit dem Opfer. Die Wahrscheinlichkeit, dass der 38-Jährige wieder töten würde, ist hoch. Daher empfiehlt der Experte eine Einweisung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher.

Sein Anwalt Wolfgang Blaschitz ist sich der Schwere der Aufgabe bewusst: "Mein Mandant ist ein Psychopath, braucht natürlich intensive Betreuung". Dem 38-Jährigen droht beim Prozess eine lebenslange Freiheitsstrafe und eine Einweisung. Ein Prozesstermin steht noch nicht fest, vermutlich im Spätwinter 2020. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Abschließend kann man noch die Frage stellen: Wäre dieser Mord zu verhindern gewesen? Dem Hofbesitzer, dessen Gattin, dem langjährigen Mitarbeiter sowie der Polizei kann man wohl kaum einen Vorwurf machen - die Vermittlung von Arbeitskräften von Rumänien nach Österreich ist Standard. Dass der Bus verspätet kam, fällt auch in die Kategorie Zufall. Den rumänischen Behörden, die den Killer vorzeitig aus der Haft entlassen hatten, war womöglich die Gefährlichkeit des Mannes nicht bewusst. Der Mord 2005 wurde eher als Raubmord abgetan.