Österreich

Nach Corona tut sich Simon (11) sogar beim Reden schwer

Nach einer Corona-Infektion leidet Simon (11) an Long Covid. Die Ärzte checkten ihn durch, konnten aber nichts finden. Offiziell gilt er als gesund.

Christine Ziechert
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Geht es nach den Ärzten, gilt Simon (11, hier mit Mama Michaela) trotz Long-Covid-Symptomen als gesund.
Geht es nach den Ärzten, gilt Simon (11, hier mit Mama Michaela) trotz Long-Covid-Symptomen als gesund.
zVg

Alles begann mit einem starken Schnupfen: Am 14. November 2021 fühlte sich Simon (11) nicht wohl, seine Mutter, Michaela G., testete ihn sofort auf Corona: "Der Test war positiv, er war mit der Delta-Variante infiziert. Er hat dann eine Woche gefiebert, aber das war's. Nach neun Tagen war er dann wieder negativ", erzählt die 46-Jährige. 

Obwohl Simon wieder als genesen galt, litt er noch immer an den Folgen seiner Covid-19-Erkrankung: "Sein Zustand besserte sich nicht – bis heute. Er wacht mit starken Kopfschmerzen auf, hat Schwindelanfälle und leidet an Übelkeit. Zudem hat er neurologische Ausfälle. Seine rechte Hand kribbelt und sticht manchmal so stark, dass er nichts greifen kann. Auch mit dem Reden tut er sich schwer. Und er hat Konzentrationsprobleme. An guten Tagen kann er sich maximal 30 Minuten konzentrieren", meint die Wienerin.

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    Denise Auer, Helmut Graf

    Seit seiner Infektion im November ist der Gymnasiast nun daheim: "Die Schule ist zum Glück sehr entgegenkommend", meint Michaela G. Die 46-Jährige wandte sich schließlich an die Long Covid Kinderambulanz in der Klinik Ottakring: "Sie haben Simon dort komplett durchgecheckt, neurologisch, HNO und so weiter. Aber sie haben nichts gefunden. Offiziell gilt er als gesund. Die Ärzte haben mir nur geraten, es jetzt mit Alternativmedizin zu versuchen", so die Vierfach-Mutter.

    Besuche bei einer TCM-Ärztin und einer Osteopathin waren ergebnislos, die Behandlung bei einem Bioenergetiker, der leider kürzlich verstarb, "brachte Simon ein bissl Energie zurück". Nun ist Michaela G. auf der Suche nach weiteren Möglichkeiten. Auch eine Reha würde in Frage kommen: "Leider wird da ambulant nichts angeboten, nur mit Aufenthalt. In Bad Erlach gibt es mit Kokon einen guten Anbieter, da gäbe es Ende Februar einen Platz für Simon. Wir wissen aber noch nicht, wie wir das machen sollen. Mein Mann und ich sind beide berufstätig, und wir haben noch drei weitere Kinder", meint die 46-Jährige.

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      Geschwächter Allgemeinzustand
      Geschwächter Allgemeinzustand
      Getty Images/iStockphoto

      Eigene Selbsthilfegruppe für "Long Covid Kids"

      Das Problem, wenn ein Kind eine Reha absolvieren sollte, aber noch weitere Kinder zu Hause betreut werden müssen, kennt auch Maarte Preller (33) vom Verein "Long Covid Austria": "Wir haben Anfragen von berufstätigen Müttern und Vätern, was sie machen sollen, wenn sie mehrere Kinder haben, und eines davon auf Reha muss. Sie können die anderen ja nicht allein lassen."

      Aufgrund der starken Nachfrage gründete der Verein am 22. Jänner nun auch eine eigene "Long Covid Kids - Austria"-Gruppe. Derzeit sind es rund 30 Mitglieder, es werden aber laufend mehr: "Unsere jüngste Betroffene ist sechs Jahre alt. Die Mehrheit ist aber zwischen zehn und 18 Jahre alt, wobei wir nicht sagen können, ob das daran liegt, dass die jüngeren Betroffenen uns noch nicht finden. Wie man international sehen kann, haben auch viele Kinder zwischen fünf und zehn Jahren Long Covid", meint Preller.

      "Viele Eltern, die sich an uns wenden, verbringen drei bis fünf Monate damit, dass ihr Kind nicht in die Psychiatrie abgeschoben wird" - Maarte Preller, "Long Covid Austria"

      Der Verein versucht, den Eltern so gut es geht, zu helfen: "Wir haben ein Ärzte-Netzwerk in ganz Österreich aufgebaut, das auf persönlichen Erfahrungen und Empfehlungen basiert. Das stellen wir zur Verfügung. Zudem wollen wir, dass sich die betroffenen Kinder und Jugendlichen auch direkt untereinander austauschen können, etwa durch ein Zoom-Meeting. Das versuchen wir gerade auf sichere Art und Weise zu organisieren", so Preller.

      Bei vielen Betroffenen ist der Leidensweg lang: "Meist treten die Long-Covid-Symptome zwei bis vier Monate nach der Infektion auf. Da kommen dann erst viele drauf, dass etwas nicht stimmt. Zudem deckt die Krankenkasse die Kosten für nötige Spezialuntersuchungen nicht. Oft kennen sich Ärzte auch nicht mit Long Covid aus oder nehmen den Patienten nicht ernst. Viele Eltern, die sich an uns wenden, verbringen dann noch drei bis fünf Monate damit, dass ihr Kind nicht in die Psychiatrie abgeschoben wird", meint Preller, die selbst von Long Covid betroffen ist.

      Kritik an fehlender Struktur für Long-Covid-Betroffene

      Preller kritisiert zudem die fehlende Versorgungsstruktur für Long-Covid-Betroffene, die dadurch gezwungen sind, selbst ihre Versorgung zu sichern: "Es gibt keinen organisierten Austausch und keine Vernetzung unter den einzelnen Long-Covid-Stellen bzw. den Ärzten. Die zusätzlichen bürokratischen Hürden verschlechtern die Gesundheit noch mehr. Es müsste bundesweite Anlaufstellen geben. Zudem fragen sich viele Long-Covid-Patienten: 'Warum werden wir nicht mehr erforscht'." Denn der Bedarf ist definitiv vorhanden: "Derzeit melden sich immer mehr Betroffene bei uns, die doppelt geimpft sind, aber Long Covid haben. Es muss dringend etwas passieren, gerade jetzt, bei den hohen Infektionszahlen", so Preller abschließend.

      Mögliche Long Covid Anlaufstellen für Kinder und Jugendliche:
      Der Wiener Gesundheitsverbund empfiehlt im ersten Schritt den Weg zur/zum jeweiligen Kinderärzt*in. Diese*r überweist dann gegebenenfalls weiter. Die Kinder- und Jugendambulanz der Klinik Ottakring ist die erste (und einzige) Anlaufstelle im Wiener Gesundheitsverbund für Kinder und Jugendliche mit Long Covid als möglichem Krankheitsbild.
      Laut dem Verein "Long Covid Austria" gibt es zudem in Tirol Anlaufstellen in der Klinik Innsbruck und im Bezirkskrankenhaus Reutte. Eine Reha-Möglichkeit für Kinder und Jugendliche bietet etwa Kokon in Bad Erlach (NÖ) und Rohrbach-Berg (OÖ).