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Nach "Ja": Was das für Türkei - und für uns heißt

Heute Redaktion
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Todesstrafe, ein harter Kurs gegenüber der EU und Österreich, im Inland eine Alleinherrschaft. Die Folgen des "Ja" in der Türkei - eine Analyse.

Er hat alles auf eine Karte gesetzt und gewonnen. Hätte Recep Tayyip Erdogan das Referendum verloren, wäre das der Anfang des Endes seiner politischen Karriere gewesen. Nun aber kann der Sultan vom Bosporus allmächtig regieren.

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Das "Ja" hat Folgen für die Türkei, für die EU - aber auch für Österreich.

- Für die Türkei, weil Erdogan nun wie ein absolutistischer Herrscher regieren kann. Und das bis 2029 (!).

- Für die EU und die Welt, weil ihnen ein gestärkter Staatschef gegenüber steht, der selbstbewusst auftreten wird, etwa wenn es um militärische Fragen geht (die Türkei ist ja Mitglied der Nato). Vor allem aber bei der Bewältigung der Flüchtlingsströme. Hier wird Erdogan immer wieder mit einer Aufkündigung des Pakts mit der EU drohen.

- Für Österreich, weil sich heimische Politiker sehr stark gegen Erdogan exponiert haben. Kanzler Christian Kern (SPÖ) etwa war der erste Regierungschef der EU, der direkt einen Abbruch der Beitrittsverhandlungen mit der Türkei gefordert hatte. Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) wird von Türken als Kopf der Anti-Türkei-Haltung in der EU gesehen. Das Tischtuch ist hier für lange Zeit durchschnitten.

Absolutistischer Herrscher

Der Staatspräsident hat im Inland nun weitreichende Kompetenzen:

- Er kann ohne Beteiligung des Parlaments Minister ernennen, feuern und ihre Zuständigkeiten festlegen.

- Er kann ohne Beteiligung des Parlaments leitende politische Beamte ernennen, feuern und ihre Zuständigkeiten festlegen.

- Er kann jederzeit das Parlament auflösen und Neuwahlen ansetzen.

- Die Militärgerichtsbarkeit wird aufgelöst, die Sonderstellung und Macht des Militärs wird quasi amtlich festgeschrieben.

- Er kann allein den Staatshaushalt beschließen, muss nicht das Parlament fragen.

- Er kann mit Hilfe von Dekreten ohne Beteiligung des Parlamens regieren.

- Er kann Mitglieder des Verfassungsgerichtshofes, des Rates der Richter und Staatsanwälte allein ernennen.

- Präsident und Parlament werden am selben Tag gewählt. Das begünstigt die Partei, die den Präsidenten stellt.

Und: Erdogan hat noch am Tag vor dem Referendum angekündigt, die Todesstrafe wieder einführen zu wollen. Das hat die EU immer als rote Linie bei den Beitrittsverhandlungen gesehen. Bleibt es dabei - oder knickt Brüssel wieder ein? (cnn)

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