Kärnten

"Nach Paketbombe war Hälfte meiner Haut verbrannt"

Vor acht Monaten wurde Angelika V. in Guttaring (Ktn.) Opfer eines Paketbomben-Anschlags. Nun spricht die Zwillings-Mami im ORF über ihr Martyrium.

Clemens Oistric
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Die gewaltige Detonation war im Oktober des Vorjahres fünf Kilometer weit zu hören; die Stichflamme fünf Meter hoch. Der grausame Mordanschlag auf eine dreifache junge Mutter erschütterte die kleine Marktgemeinde Guttaring im Norden Kärntens. Es soll nur "ein Denkzettel" für seine Ex-Frau gewesen sein, jammerten der mutmaßliche Täter und sein Komplize später in Kripo-Verhören. Der Verdächtige war auf der Flucht in ein Maisfeld gerast und von Cobra-Beamten spektakulär festgenommen worden.

Opfer in Spezialklinik gebracht

Für Angelika V. begann indes ein langer, schmerzvoller Weg zurück ins Leben. Die dreifache Mutter einjähriger Zwillinge und eines Kindes im Volksschulalter war mit lebensbedrohlichen Verletzungen in eine Spezialklinik nach Graz geflogen und dort mehrfach operiert worden. Die 27-Jährige hatte schwerste Verletzungen im Gesicht, am Oberkörper und den Händen erlitten, welche auch Eigenhaut-Transplantationen notwendig machten. Nach knapp einem Monat in stationärer Spitalsbehandlung konnte sie in die Rehabilitation entlassen werden; zumindest im Gesicht – so die Prognose der Ärzte – sollen keine Narben zurückbleiben.

Bombenopfer: "Es ist nicht so einfach, wie man denkt."

Nun, acht Monate nach der Explosion, spricht Angelika V. in der ORF-Sendung "Thema" (Montag, 21.05 Uhr, ORF 2) über ihr Martyrium – und legt auch dar, warum sie knapp vor dem Prozessauftakt gegen ihren Ex-Partner ein Interview gibt: "Eine Explosion ist nicht so etwas einfaches, wie man denkt. Man muss sehen, wie man psychisch wieder zurecht kommt. Man will für seine Kinder da sein und kann das nicht so, wie man es gewohnt ist. Deshalb möchte ich einmal sagen, wie es mir wirklich geht."

Laut penibelsten Erhebungen der Polizei hatte das Duo, das sich im Sommer vor acht Geschworenen verantworten muss,  den heimtückischen Anschlag monatelang bis ins kleinste Detail geplant. Die beiden Männer sollen sich im Internet über den Bau von Sprengfallen informiert und die dazu notwendigen Utensilien geordert haben. Laut Anklageschrift sollen sie sogar eine "Probebombe" gebastelt haben, die sie im Sommer 2019 in einem Wald zündeten.

"Ich möchte meinen Kindern einen normalen Familienalltag ermöglichen."

Am Morgen des 1. Oktober 2019 – so der Vorwurf – platzierte der Ex-Partner die Paketbombe vor dem Wohnhaus seiner Ex, wartete, bis sie vor die Türe trat und ließ die Höllenmaschine dann mittels Fernzünder detonieren. Motiv dürfte ein Sorgerechtsstreit gewesen sein.

Zwillinge ausnahmsweise nicht dabei

Im "Thema"-Interview versucht das Opfer sogar noch einen positiven Aspekt an der Tragödie zu finden – nämlich, dass ihre Kinder durch eine Ausnahme nicht dabei waren, als sie an jenem verhängnisvollen Morgen vor die Türe trat. Angelika V.: "Ich bin sonst kein einziges Mal die Post ohne meine Zwillinge holen gegangen. Weil ich hab' immer Angst gehabt, dass sie sich irgendwie weh tun könnten, oder sonst irgendetwas. Das war wirklich der Ausnahmetag. Gott sei Dank!"

Besonders berührend: Die dreifache Mami ist für ihre Kinder so stark, wie sie im TV erklärt: "Es ist eigentlich ein sehr ungutes Gefühl in die Öffentlichkeit zu gehen. Aber für mich war es klar, entweder ich steh' da drüber, oder ich werd’s nie wieder schaffen nach draußen zu gehen. Da ich meinen Kindern einen normalen Familienalltag ermöglichen möchte, war das eigentlich meine Pflicht."