Politik

Rumänien reduziert Beziehungen zu Österreich

Rumänien ist zutiefst verärgert über das Verhalten Österreichs. Auf diplomatischer Ebene werden nun die Beziehungen offiziell reduziert.

Leo Stempfl
Lkw-Stau an der rumänisch-bulgarischen Grenze: Über zehn Jahre dauerten die Bemühungen beider Länder, in die EU zu gelangen. Österreich legte ein Veto ein. (Archivbild)
Lkw-Stau an der rumänisch-bulgarischen Grenze: Über zehn Jahre dauerten die Bemühungen beider Länder, in die EU zu gelangen. Österreich legte ein Veto ein. (Archivbild)
DANIEL MIHAILESCU / AFP / picturedesk.com

Wer heute auf die Titelseiten der rumänischen Medien blickt, sieht dort ungewohnter Weise ein bekanntes Gesicht: Österreichs Innenminister Gerhard Karner ist Gesprächsthema Nummer 1. Die Rumänen fühlen sich durch sein Veto hintergangen und betrogen. Immerhin bemühte man sich seit 2011 um eine Aufnahme in die EU und habe laut EU auch alle Voraussetzungen vorbildlich erfüllt. Österreich legte jetzt zusammen mit den Niederlanden ein Veto gegen die Schengen-Aufnahme der beiden Länder ein.

Rumäniens Botschafter Emil Hurezeanu wird einstweilen abgezogen.
Rumäniens Botschafter Emil Hurezeanu wird einstweilen abgezogen.
Land Salzburg / picturedesk.com (Archivbild)

In der größten Zeitung des Landes, "Libertatea", wird über eine regelrechte Welle an Boykott-Aufrufen berichtet. Die Erste Bank ist das zweitgrößte Geldinstitut des Landes, auch die Raiffeisen hat Millionen Kunden, viele davon wollen nun ihr Konto kündigen. Selbes gilt für den Urlaub in Österreich und Unternehmen wie OMV, Pfanner, Atomic, Fischer, Julius Meinl, Humanic, Red Bull, Swarovski, Strabag oder Pfanner und zahlreiche Versicherungen. 

Unternehmer kündigt Boykott an

In einem "Libertatea"-Interview kommt auch der Direktor eines der größten Wurstproduzenten des Landes zu Wort. Auch wenn die Zusammenarbeit mit den Österreichern stets seriös und sehr gut war, sieht er sich gezwungen, ein Zeichen zu setzen und sämtliche Verträge zu kündigen.

"Wir haben 30 Jahre damit verbracht, Zinsen an österreichische Banken zu zahlen, ihnen Öl, Gas und Wälder umsonst zu geben, Geld in Parndorf ausgegeben und in Österreich Ski gefahren. Ab 1. Jänner werde ich keinen Vertrag mehr verlängern, mit keinem Unternehmen mit österreichischen Aktien", sagt Voicu Vușcan. Auch der "Libertatea"-Chefredakteur analysiert, dass die Boykottwelle auch Österreich sehr gefährlich kommen könnte.

Unmut in Medien

Doch der Groll richtet sich auch gegen die rumänischen Politiker. Diese sprachen von einer "95-prozentigen" Wahrscheinlichkeit eines Schengen-Beitritts. Die Kritik Karners würde Rumänien nicht betreffen, versuchte man zu beruhigen. Auch deswegen fühlt man sich nun ins kalte Wasser geworfen, Rücktritte werden gefordert.

Zu den lautesten Kritikern gehören Spediteure und Transportunternehmen. Sie hätten vom Schengen-Beitritt mit am meisten profitiert. Stundenlang stehen ihre LKW derzeit tagtäglich an den Grenzen. Zwei bis fünf Prozent ihres Jahresumsatzes gehen dafür drauf.

Beziehungen reduziert

Freitagvormittag zündete Rumänien schließlich die nächste Eskalationsstufe. Wie das Außenministerium in einer Pressemitteilung bekannt gibt, wurde der rumänische Botschafter in Wien, Emil Hurezeanu, zurück ins Land beordert. Anlass ist die Position Österreichs. Ein kommissarischer Geschäftsleiter übernimmt einstweilen die Leitung der Botschaft.

"Nach diplomatischen Gepflogenheiten ist die Entscheidung der rumänischen Seite eine politische Geste, die die Position Rumäniens der entschiedenen Ablehnung des Verhaltens Österreichs unterstreicht und die Entscheidung anzeigt, das derzeitige Niveau der Beziehungen zu diesem Staat zu reduzieren", heißt es weiter.

Die diplomatischen Beziehungen werden also eingefroren, erklärt Adrian Cioroianu, der frühere rumänischen Chef-Diplomat gegenüber "Digi24". "Es ist ein Signal, dass die Beziehungen zwischen Rumänien und Österreich in eine Abkühlungsphase eintreten." Der frühere Minister Adrian Cioroianu erklärt gegenüber "Adevarul", dass die von der Führung der rumänischen Diplomatie ergriffenen Maßnahmen "den Rückgang der rumänischen Vertretung in Wien bedeuten".