Politik
FPÖ wirft nach Absturz das Regierungs-Handtuch
Ibiza, Spesen und Strache dürften der FPÖ trotz anderslautender Prognosen deutlich Stimmen gekostet haben. Sie stürzt um beinahe zehn Prozent ab.
Die Skandale seit dem Ibiza-Video rund um die FPÖ haben Stimmen gekostet. Das vorläufige Endeergebnis ohne Briefwahl bescherte der FPÖ unter Norbert Hofer am Sonntag 17,3 Prozent der Stimmen. Ein Ergebnis, das mit den Briefwahlstimmen wohl noch weiter nach unten korrigiert werden muss. Insgesamt werden der FPÖ nur 16,1 Prozent und damit ein Minus von 9,9 Prozent prognostiziert. Die aktuelle Hochrechnung zeigt auch, dass die FPÖ so gut wie in keinem Bezirk Österreichs mehr vorne liegt.
Bei der Nationalratswahl 2017 kamen die Freiheitlichen noch unter dem Motto "Fairness" und dem mittlerweile gefallenen Parteichef Heinz-Christian Strache auf 25,97 Prozent der Stimmen, verloren nun beinahe exakt 10 Prozent der Stimmen. Die FPÖ verliert mit diesem Ergebnis auch 21 Sitze im Nationalrat und hält noch 30 Sitze. Die Wahlbeteiligung lag bei 75,5 Prozent.
FPÖ: "Kein Auftrag, Koalition fortzusetzen"
Verhaltener Applaus in der FPÖ-Wahlzentrale war die Folge. FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimksy erklärte direkt nach dem Ergebnis mit versteinerter Miene an, dass es wohl keine Neuauflage der ÖVP-FPÖ-Regierung geben werde: Es sei "kein klarer Auftrag, die Koalition fortzusetzen". Nach Ibiza habe die FPÖ mit dem Spesenskandal eine Woche vor der Wahl "einen Keulenschlag" gegeben.
Für Regierungsverhandlungen mit der ÖVP "hat uns der Wähler nicht stark gemacht", so Vilimsky. Er sieht den Stimmverlust als "Zeichen für einen Neustart" der FPÖ. Dieser werde wohl in der Opposition erfolgen das Vertrauen müsse zurückgewonnen werden. "Wir wollen eine Wählerrückholaktion starten", so Vilimsky. Die Partei sei "Opfer eines ordentlichen Gewitters" geworden.
Gleich mehrere Ängste gab es in der FPÖ unter Norbert Hofer vor dem Wahltag. Die größte Furcht ist offenbar, dass die Freiheitlichen für die ÖVP nicht mehr als Koalitionspartner in Frage kommen und nicht mehr mitregieren könnten. Wochenlang wurde die ÖVP mit Videos und Aussendungen, sogar einem "Paar-Therapie-Clip" umschmeichelt – und ebenso oft attackiert, etwa dass Kurz "nach links kippt".
Dutzendfach wurden in FPÖ-Aussendungen mehrere Regierungs-"Schreckgespenster" genannt, unter anderem ÖVP-Grüne, ÖVP-Grüne-Neos und ÖVP-SPÖ. Bangen muss man auch um die Rolle Herbert Kickls im Fall einer erneuten Regierungsbeteiligung. Der von der FPÖ angestrebte Ministerposten ist in weiter Ferne, von den FPÖ-Fans aber eine große Erwartung. Beinahe ein Absturz nun für die FPÖ, die Sorgen dürften aber auch an anderer Stelle zu finden sein.
"Klares Warnsignal der Wähler"
"Es gibt nichts schönzureden", sagt Niederösterreichs FPÖ-Landesparteiobmann Udo Landbauer zum Ergebnis, das ein "klares Warnsignal der Wähler" sei. Man müsse nun Schlüsse aus dem Resultat ziehen und "die beschädigte Marke FPÖ" wieder klar positionieren. "Der Wählerauftrag lautet unmissverständlich auf Neustart", bestätigt auch Landbauer.
Einen direkten Angriff auf Ex-Parteichef Heinz-Christian Strache setzte Tirols FPÖ-Obmann Markus Abwerzger, der sich ebenfalls dafür ausspricht, in Opposition zu gehen. Zumindest "eine Debatte" müsse man über Strache führen, so der Politiker. Auf einen Parteiausschluss wollte er sich aber nicht nicht festlegen. "Es wird keine Koalition mit der FPÖ geben", sagt Oberösterreichs FPÖ-Boss Manfred Haimbuchner, der sich klar gegen Regierungsverhandlungen aussprach.
Hofer bereitet sich auf Opposition vor
Auch Parteichef Norbert Hofer glaubt in einer späten Stellungnahme am Wahlabend nicht mehr an eine Regierungsbeteiligung seiner Partei: "Wir bereiten uns auf Opposition vor." Er sei vom Wahlergebnis "nicht begeistert". Und auch er spricht sich für eine Neuaufstellung der Partei aus, die FPÖ werde "moderner" werden. "Lassen Sie sich überraschen."
Sein Vize Herbert Kickl meldete sich vorerst nur auf Facebook zu Wort. "Auch, wenn es für uns momentan nicht einfach ist, wichtig ist, dass wir jetzt zusammenhalten", schrieb er. Die FPÖ werde weiterkämpfen "und gemeinsam mit Norbert Hofer werde ich den rot-weiß-roten Weg weitergehen". Kickl geht davon aus, dass die FPÖ bald zur alten Stärke zurückfinde. Später erklärte er im Live-TV, die FPÖ werde die Regierung "mit einer starken Oppositionsarbeit wieder vor uns hertreiben, wie schon vor 2017".