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Nato-Staaten zittern vor dem Gipfel mit Trump

Wird der US-Präsident die Schutzgarantie an Bedingungen knüpfen? Vor dem Nato-Gipfel sorgt Trump für Zähneklappern.

Heute Redaktion
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Nato-Gipfeltreffen waren früher langweilige Rituale. Damit hat US-Präsident Donald Trump aufgeräumt. Vor der Mittwoch in Brüssel beginnenden Zusammenkunft wissen die übrigen Regierungschefs der Nato-Staaten nicht, was auf sie zukommt. Sie fürchten Schlimmes.

Seit Amtsantritt kritisiert Trump, dass viele europäische Mitglieder der Nordatlantischen Allianz zu wenig Geld für die gemeinsame Verteidigung ausgeben. Gestern twitterte er lapidar knapp: "Nato-Staaten müssen MEHR zahlen, die Vereinigten Staaten müssen WENIGER zahlen. Sehr unfair!"

Putin-Treffen "einfacher"

Hoch über den Wolken ging er auf dem Flug nach Europa sogar noch weiter und stellte die Frage, ob säumige Staaten allenfalls den USA geschuldetes Geld zurückzahlen werden. Die Regierungen der betroffenen Staaten fürchten aber nicht nur Geldforderungen. Sie wollen an der Nato-Zusammenkunft keinen Clash mit Trump wie am G-7-Gipfel vergangenen Monat in Kanada. Vor allem zittern sie angesichts Möglichkeit, dass Trump diesen Missstand zum Anlass nehmen könnte, an Amerikas Schutzgarantie für Europa zu rütteln.

Der US-Präsident wird nach Brüssel auch London anfliegen und dort die angeschlagene Premierministerin Theresa May besuchen. Nächsten Montag will er dann in Helsinki mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin zusammenkommen. Nichts illustriert den verheerenden Stand der transatlantischen Beziehungen besser als Trumps Bemerkung gestern: "Von allen Treffen könnte das mit Putin das einfachste werden."

Truppenabzug diskutiert?

Während die USA 3,57 Prozent ihres Bruttosozialprodukts (BSP) für die Verteidigung ausgeben, übertreffen nur Griechenland, Großbritannien und Estland den 2014 vereinbarten Mindestanteil von 2 Prozent. Verärgert ist Trump vor allem über Deutschland: Es gibt bloß 1,24 BSP-Prozent fürs Militär aus und verspricht nur, bis 2025 den Stand von 1,5 Prozent zu erreichen. Berlin argumentiert, dies sei dennoch mehr Geld, als irgend ein anderes Nato-Mitglied mit Ausnahme der USA ausgebe.

Nach amerikanischen Medienberichten prüft das Pentagon, wie und zu welchen Kosten die Zahl von gegenwärtig 35.000 amerikanischen Aktivsoldaten in Europa verringert werden kann. Die US-Botschafterin bei der Nato dementiert jedoch, dass ein Truppenabbau überhaupt zur Diskussion stehe.

"Wie Schutzgelderpressung"

Beunruhigend ist für die Europäer die Möglichkeit, dass Trump – wie schon mit Südkorea und Japan – Deals anstreben könnte, die Sicherheit und Handel miteinander vermengen, schreibt die "New York Times". Im Fokus stünde wiederum Deutschland, das im Handel mit den USA einen riesigen Überschuss erzielt. Die Europäer könnten die kollektive Sicherheit nicht wie eine Transaktion von der Handelspolitik abhängig machen, argumentiert Robin Nibbelt, Direktor der Londoner Denkfabrik Chatham House. "Es fühlt sich an wie eine Schutzgelderpressung."

Angesichts der Bedrohung vor allem Osteuropas durch Russland steht viel auf dem Spiel. "Ehrlich gesagt, niemand weiß wirklich, wie sich Trump auf dem Gipfel verhalten wird", sagt der frühere Nato-Botschafter der Slowakei, Tomas Valasek zur "Times". "Seine Unberechenbarkeit ist kein Nebenprodukt, sondern beabsichtigt."

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