Österreich

Neos fordern fünf neue Medizinzentren für Kinder

Heute Redaktion
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In Wien gebe es für Kinder und Jugendliche einen massiven Versorgungsnotstand, kritisieren die Wiener Neos. Abhilfe sollen neue Kassenstellen und Gesundheitszentren schaffen.

"In der medizinischen Versorgung der Kleinsten in unserer Stadt, den Kindern und Jugendlichen gibt es es schwere Missstände. Und die dramatische Situation wird laufend schlimmer. Die Spitäler sind überfordert und die Kassenkinderärzte massiv überlastet. Die Folgen sind lange Wartezeiten für Eltern", kritisiert Neos Wien-Chef Christoph Wiederkehr am Donnerstag vor Journalisten. Unterstützung für seinen Appell endlich zu handeln, holte er sich bei zwei Wiener Kinderärztinnen, die von ihren alltäglichen Problemen berichteten.

"Trotz eines Bevölkerungswachstums von 200.000 Personen seit dem Jahr 2010 sind die Kassenstellen für Kinderärzte im selben Zeitraum von 91 auf 84 zurückgegangen", so Wiederkehr. Gestiegen seien zwar die Wahlärzte, diese seien aber für viele Eltern nicht leistbar.

Es sei höchst an der Zeit zu handeln, erklären die Neos und fordern einen Ausbau der Kassenstellen für Kinderärzte von derzeit 84 auf 120. Daneben sollen fünf der, von der Stadt geplanten Primärversorgungszentren, speziell für Kinder und Jugendliche eingerichtet werden. Neben Kinderärzten sollen dort, nach der Vorstellung der Neos, etwa auch Logopäden, Kinder-Physiotherapeuten oder Jugendpsychologen zur Verfügung stehen.

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(Bild: Sabine Hertel)

Favoriten und Leopoldstadt als Schlusslicht bei Kinderärzten



Entstehen sollen diese Gesundheitszentren dort, wo es derzeit eine "massive Unterversorgung" gebe – etwa in Favoriten und der Leopoldstadt, wo auf rund 10.000 Kinder nur eine Kassenarztstelle käme – sowie in den Stadtentwicklungsgebieten.

Bestätigt wird die Notlage durch Kinderärztin Elisabeth Rüth-Dressel, die im 2. Bezirk eine Ordination betreibt. "Eigentlich wollte ich Ende Juni in Pension gehen, weil ich aber trotz aller Bemühungen keinen Nachfolger gefunden habe, mache ich jetzt doch noch ein bisschen weiter", so die Ärztin. Schuld daran sei die schlechte Bezahlung der Kassenkinderärzte, deren Überlastung und dass für die Patienten einfach zu wenig Zeit bleibe. Weil es keine Vertretung gebe, könnten die Ärzte ohne das Sperren der Ordination weder in Urlaub noch Krankenstand gehen. Das würden sich viele Jungärzte gar nicht erst antun, so Rüth-Dressel.

Von der Politik wünschen sich die Ärztinnen neben einer fairen Bezahlung auch eine Attraktivierung des Kinderarzt-Berufes.

Zahl der Wahlärzte steigt – Kosten für viele nicht leistbar

"Die Zeit drängt" sind sich die Ärztinnen einig. Denn schon jetzt gebe es in Wien nur mehr 40 Prozent Kassenkinderärzte, aber 60 Prozent Wahlärzte. Diese seien aber für immer mehr Eltern einfach nicht leistbar. "Ein Kassenarzt bekommt pro Monat für ein Kind etwa 20 Euro, bei einem Wahlarzt zahlt man aber pro Termin schon auch einmal 150 Euro", so Kinderärztin Nicole Grois aus dem Alsergrund.

Hinzu kommt, dass etwa die Hälfte der Kassenkinderärzte über 55 Jahre alt sind und bald in Pension gehen. Das werde die ohnehin schon schwierige Lage weiter verschärfen. "Im Schnitt betreue ich derzeit pro Tag 50 Patienten. Und wir Kinderärzte fürchten uns jetzt schon vor der Grippewelle", so Grois.

"Kinderärzte werden mit Problemen alleingelassen"

"In meiner Ordination spiegeln sich ganz klar die Änderungen in unserer Gesellschaft. Von zu dicken Kindern wegen der schlechten Ernährung mit zu viel Zucker und Junk Food, bis hin zu Verhaltens- und Sprachstörungen durch die exzessive Nutzung von Smartphone, Tablet und TV", erklärt Grois. Bei vielen dieser Probleme fühle sie sich alleine gelassen.

Es brauche mehr Unterstützung: Sowohl für die Ärzte, etwa durch Dolmetscher oder geförderte Lehrpraxen. Aber auch für die Patienten müsste mehr getan werden. Die von den Neos geforderten Gesundheitszentrum speziell für Kinder und Jugendliche würden hier viel bringen. Denn hier würden Eltern mehr als nur die medizinische Grundversorgung vorfinden, auch Ansprechpartner für die Themen Ernährung, Bewegung oder Therapien ständen zur Verfügung. Das würde die Kinderärzte entlasten.

"Kindertisch" will Betroffene mit Entscheidungsträgern vernetzen, Neos sammeln Unterschriften

"Die Zustände sind dramatisch. Leider legen die politischen Entscheidungsträger aber mehr Wert auf die Frage von Vorstandsposten, als sich den tatsächlichen Problemen anzunehmen. Daher ist es so wichtig, dass Eltern das Selbstbewusstsein entwickeln und rasche Maßnahmen von der Politik einfordern", so Rüth-Dressel. Zu diesem Zweck hat sie den "Kindertisch" ins Leben gerufen, bei dem sich Betroffene vernetzen können. "Beim letzten Termin am 25. September, also kurz vor der Nationalratswahl, habe ich alle Parteien zu einer Diskussion eingeladen. Die Neos waren die einzigen, die jemanden geschickt haben – für mich schockierend", so Rüth-Dressel.

Sie selbst sei bei keiner Partei Mitglied, wolle aber dazu beitragen, denen "da oben" den Ernst der Lage klar zu machen. Der nächste "Kindertisch" findet am 19. November statt, alle Infos dazu gibt es hier.

Unterstützen kann man die Forderung nach mehr Ärzten auch auf der neuen Webseite der Neos "Gesunde Kinder". "Wir sammeln seit einer Woche Unterstützungsunterschriften, schon jetzt sind es einige hundert", so Wiederkehr. Daneben setzen die Neos im Kampf für mehr Betreuungsplätze für Kinder und Jugendliche auf politische Werkzeuge: "Wir werden natürlich im Gemeinderat Anträge stellen und hoffen auf die Einsicht der anderen Parteien".

Stadt stellt Weichen für bessere Jugendversorgung



Im Büro von Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) betont man, die Stadt habe bereits die Weichen für einen Ausbau an Kinderärzten und eine bessere Versorgung von Kinder und Jugendlichen gestellt. So wurden etwa bei der letzten Wiener Gesundheitsplattform rund 3,3 Mio. Euro für fünf neue Primärversorgungseinheiten für die nächsten fünf Jahre (nicht speziell für Kinder, Anm.) ebenso wie rund 4,1 Mio. Euro für ein Ambulatorium für Kinder- und Jugendpsychiatrie beschlossen.

Daneben soll es neben dem Kinderzentrum Augarten auch weitere Kinderzentren geben – für zwei weitere sei das notwendige Budget bereits reserviert. "Die Stadt macht hier Druck, umsetzen müssten das aber Vertragspartner, wie etwa die Krankenkassa", heißt es.