Gesundheit

Neue Varianten – kommen jetzt die Tests zurück?

Virologe Norbert Nowotny prognostiziert eine weitere Coronawelle im Herbst. Sollten die gratis Testkapazitäten pro Person wieder erhöht werden? 

Sabine Primes
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Braucht es mit BA.4 und BA.5 im Herbst wieder mehr Tests?
Braucht es mit BA.4 und BA.5 im Herbst wieder mehr Tests?
Getty Images/iStockphoto

Zwei neue Mutationen, BA.4 und BA.5, sorgen in Südafrika aktuell für eine dortige Infektionswelle. "Omikron ist in der Bildung von Varianten sehr kreativ", sagt Virologe Norbert Nowotny im "Heute"-Gespräch. "Zu bedenken ist, dass dort jetzt Herbst ist. Wir können lernen, uns auf den Herbst und Winter vorzubereiten. Denn da wird es mit aller Wahrscheinlichkeit wieder eine Coronawelle in Europa und damit auch in Österreich geben."

Die kleine, aber steigende Zahl an BA.4- und BA.5-Fällen müsse man im Auge behalten, meint der Virologe. "Das wird in Österreich sehr gut gemacht. Einerseits mit einzelnen Proben-Sequenzierungen und Abwasseranalysen. Daraus wird in den nächsten Wochen eine Tendenz abzulesen sein", so Nowotny.

Seit 2020 hilfreiches Pandemie-Werkzeug 

Als eine der ersten Großstädte Europas startete Wien unmittelbar nach Beginn der Corona-Pandemie mit der Untersuchung der Abwässer, um daraus Erkenntnisse über die Verbreitung des damals neuartigen Virus zu gewinnen. Covid-19-Infizierte scheiden SARS-CoV-2 Viruspartikel oder deren Fragmente auch mit Urin und vor allem Stuhl aus. Dadurch gelangen Virusfragmente in die Kanalisation. Mit der Abwasseranalyse kann – unabhängig von Covid-Testungen – ein aufschlussreiches Bild über das Infektionsgeschehen ermittelt werden. "Tests geben lediglich Auskunft über den Infektionsstatus der Getesteten, die Abwasserüberwachung hingegen gibt Auskunft über das Ausmaß der Infektionen in der gesamten Bevölkerung", erklärt der Wiener Gesundheitsstadtrat Peter Hacker. Auch was Prognosen angeht, sind Abwasseranalysen ein sehr aussagekräftiges und hilfreiches Werkzeug.

Wie wird Abwasser analysiert?

Gelangen die Virusfragmente mit dem Stuhl in die Kanalisation, vermischen sie sich mit weiteren häuslichen und anderen Abwässern und werden verdünnt. Abbau- und Zerfallsprozesse vermindern die Anzahl an messbaren Virusfragmenten weiter. Aus einer 24 Stunden-Tagesmischprobe im Zulauf einer Kläranlage wird das Genom des SARS-CoV-2 Virus isoliert und bestimmt. Für den Nachweis von SARS-CoV-2 wird der bekannte PCR-Test herangezogen, wie er auch bei einem PCR-Nasenabstrich-Test zum Einsatz kommt. Dabei wird das Erbgut des Virus, also sein genetisches Material (RNA) nachgewiesen, das zuerst aus den Proben aufkonzentriert werden muss. Nach dem quantitativen Nachweis werden die Daten auf Einwohnerzahlen hochgerechnet und es kann ein Bild des Infektionsstatus erstellt werden.

Mehr Tests nötig?

Im Hinblick auf den Herbst und der – sehr wahrscheinlich – bevorstehenden Welle, stellt sich die Frage, ob die Testkapazitäten wieder erhöht werden sollten. Aktuell stehen jedem Sozialversicherten fünf gratis PCR- und fünf gratis Antigen-Tests pro Monat zur Verfügung. Laut einer aktuellen Erhebung hätten die Tests bisher 625 Millionen Euro gekostet. "Ob sich die neuen Varianten bis zum Herbst in Österreich durchsetzen werden, bleibt abzuwarten. Vorläufig sind die Tests ausreichend, denn mit der Einschränkung der Tests wurde gleichzeitig das Abwassermonitoring erhöht. Im Herbst wird man die Situation neu bewerten."