"Keine Einbahnstraße"

Neues Modell: Kanzler will radikale Sozialhilfe-Kürzung

Am Donnerstag stellte Bundeskanzler Karl Nehammer ein neues Modell für die Sozialhilfe vor. So will die ÖVP bei der Nationalratswahl punkten.

Michael Rauhofer-Redl
Neues Modell: Kanzler will radikale Sozialhilfe-Kürzung
Bundeskanzler Karl Nehammer stellte am Donnerstag seine Modell für die"Sozialhilfe Neu" vor.
Helmut Graf

In etwas mehr als vier Wochen schreitet Österreich zur Wahl, um einen neuen Nationalrat zu wählen. Realpolitisch geht es freilich auch darum, wer künftig Österreichs Bundeskanzler wird. Umfragen sehen seit Monaten die FPÖ und Herbert Kickl in der Pole-Position. Nur ungern würde naturgemäß der aktuelle Regierungschef, Karl Nehammer, das Amt aufgeben.

Am Donnerstag präsentierte der ÖVP-Chef das Modell für die Sozialhilfe-Neu vor, mit dem er in das Wahlkampffinale gehen wird, um so die meisten Wähler zu überzeugen. Wie bereits von "Heute" berichtet, legt die ÖVP in diesem Zusammenhang den Fokus auf fünf Punkte.

In einer Pressekonferenz erklärte der Bundeskanzler, dass die ÖVP Sozialmissbrauch und Zuwanderung in das heimische Sozialsystem verhindern wolle. So solle Gerechtigkeit für jene geschaffen werden, die "jeden Tag arbeiten gehen und unser Sozialsystem mit ihren Steuern und Abgaben finanzieren". Nehammer mahnt auch Fairness gegenüber jenen ein, "die ein Leben lang gearbeitet haben".

Das ist Nehammers 5-Punkte-Plan

  • Fünf Jahre Wartezeit: Die volle Höhe der Sozialleistungen soll in Zukunft erst nach fünf Jahren rechtmäßigem Aufenthalt in Österreich zustehen, bis dahin besteht Anspruch auf die Hälfte davon. Bei Asylberechtigten beginnt die Frist erst mit Schutzstatuszuerkennung zu laufen. Die finanzielle Basisstufe samt Sachleistungen soll weiterhin eine menschenwürdige Lebensführung garantieren.
  • Degressiver Leistungsbezug für Minderjährige: Die ÖVP will die Verankerung eines einheitlichen, degressiven Satzes für Minderjährige im Sozialhilfe-Grundgesetz. Das heißt: Mit zunehmender Anzahl an Kindern soll die finanzielle Leistung pro Kind reduziert werden. Damit sollen unverhältnismäßig hohe Sozialleistungen für kinderreiche Familien – Beispiel 4.600 Euro für syrische Familie in Wien – nicht mehr möglich sein.
  • Einheitliche Unterstützungsleistungen für subsidiär Schutzberechtigte: Die ÖVP pocht in ihrem Programm darauf, dass subsidiär Schutzberechtigte bundesweit einheitliche Unterstützungen erhalten. Sollten Bundesländer – die ÖVP nennt als Beispiel das "rote Wien" – dieser Verpflichtung nach dem Sozialhilfe-Grundsatzgesetz nicht nachkommen, sollten künftige Bundesregierungen den Verfassungsgerichtshof (VfGH) anrufen.
  • Transparenz und konsequente Sanktionierung: Geht es nach der ÖVP, sollen Auszahlungen an Sozialhilfe "konsequent in die Transparenzdatenbank" eingemeldet werden. Es soll eine Integrationsdatenbankgesetze geschaffen werden, als Grundlage für konsequente Kürzungen der Sozialleistungen bei Nichteinhaltung der gesetzlichen Vorgaben.
  • Sach- vor Geldleistungen muss auch in der Sozialhilfe gelten: Grundsätzlich soll es mehr Sach- als Geldleistungen geben, um Sozialmissbrauch zu verhindern. Von den Sachleistungen profitieren vor allem Kinder.

Nehammer sieht Sozialhilfe als Netz, nicht als Anlaufstelle

Er könne den Unmut über die Bezugshöhe jener syrischen Familie, die 4.600 Euro pro Monat kassiert, tatsächlich verstehen, so Nehammer. Die Sozialhilfe solle "Netz statt Anlaufstation" sein, führte Nehammer aus. Es solle jenen dienen, die "wollen, aber nicht können". Und jene, die "können, aber nicht wollen", müsse man rasch dem Arbeitsmarkt zurückführen.

Mit dem Modell der Volkspartei würde die medial diskutierte Familie aus Syrien nicht wie derzeit 4.600 Euro Sozialleistungen bekommen. Sie würde schon gar nicht die 6.800 Euro des Babler-Modells erhalten. Mit dem ÖVP-Modell würde diese Familie rund 1.780 Euro an reiner Sozialhilfe erhalten. Hinzu kämen knapp 800 Euro Wohnbeihilfe. "Tatsächlich ist die solidarische Gesellschaft eine Errungenschaft", so der Kanzler. Und das sei "gut und richtig so". Eine solcher Wphlfahrtsstaat dürfe aber auch keine Einbahnstraße sein, schloss der Kanzler .

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    Unsplash / Leserreporter

    Auf den Punkt gebracht

    • Bundeskanzler Karl Nehammer präsentierte ein neues Modell für die Sozialhilfe, um bei der bevorstehenden Nationalratswahl in Österreich zu punkten
    • Die ÖVP will den Fokus auf die Verhinderung von Sozialmissbrauch und Zuwanderung in das Sozialsystem legen, um Gerechtigkeit für arbeitende Bürger zu schaffen
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