Armee-Eskalation

Neues Putin-Dekret schockt sogar die eigenen Bürger

Ein neues Dekret von Wladimir Putin zieht die Blicke auf sich. Er nennt als Grund dafür "Bedrohungen" im Zusammenhang mit der Ukraine und Nato.

Neues Putin-Dekret schockt sogar die eigenen Bürger
Kennt kein Erbarmen: Der russische Kriegsherr Wladimir Putin.
REUTERS

Russland will die Zahl seiner Soldaten um 15 Prozent erhöhen. Ein entsprechendes Dekret unterzeichnete Präsident Wladimir Putin am Freitag, wie die Armee in Moskau mitteilte. Grund seien "Bedrohungen" im Zusammenhang mit der russischen Offensive in der Ukraine sowie "die fortgesetzte Erweiterung der Nato". Die Armee soll laut dem von der Regierung veröffentlichten Dekret künftig 2,2 Millionen Angehörige zählen, darunter 1,32 Millionen Soldaten. Im vorangegangenen Dekret dazu war im August 2022 die Truppenstärke auf zwei Millionen festgelegt worden, darunter 1,15 Millionen Soldaten.

Schule in Russland lässt Kinder Granatenteile basteln

Schüler einer Schule in der russischen Teilrepublik Tatarstan basteln Medienberichten zufolge im Rahmen einer Arbeitsgemeinschaft Teile von Artilleriegranaten für Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine. "Was auf den ersten Blick wie ein Kinderspielzeug aussieht, erfüllt eine sehr wichtige Funktion … die Stabilisatoren helfen der Granate, direkt ins Ziel zu fliegen, ohne dass sie in der Luft kippt", berichtete die Korrespondentin des Lokalfernsehens über den Unterricht. Landesweit berichtete am Donnerstag auch die unabhängige "Moscow Times" über den Fall.

Kremlchef Wladimir Putin sieht indes Russland nach fast zwei Jahren seines Angriffskrieges gegen die Ukraine nach eigenen Worten wieder als "Großmacht" auf der Weltbühne. "Wir sind stärker geworden", sagte Putin am Dienstag in einer Videobotschaft zur Tagung des sogenannten Weltkonzils des Russischen Volkes, einer Organisation unter Schirmherrschaft der russisch-orthodoxen Kirche. Er hob dabei auch die international als Bruch des Völkerrechts verurteilte Annexion ukrainischer Gebiete durch Russland als Erfolg hervor. Das moderne Russland habe "seine Souveränität als Weltmacht" zurückerlangt und gefestigt, sagte Putin.

Geschwächt, isoliert, aber Putin sieht sich stark wie nie

Dagegen sieht der Westen, der Russland im Zuge des Krieges mit Sanktionen belegt hat, Russland als wirtschaftlich geschwächt und auf internationaler Bühne isoliert. Putin warf dem Westen einmal mehr vor, durch ein Vormachtstreben Elend und Chaos in Russland säen zu wollen, um das flächenmäßig größte Land der Erde zum Zerfall zu bringen. Solche Versuche seien zum Scheitern verurteilt. "Dafür haben sie auch mit der alten Leier begonnen, dass Russland angeblich 'Gefängnis für die Völker' sei und die 'Russen selbst Sklaven' seien", sagte der 71-Jährige wenige Monate vor der Präsidentenwahl. Bei dem Urnengang im März wird eine neue Kandidatur Putins für eine fünfte Amtszeit erwartet. Offiziell erklärt hat er das aber bisher nicht.

Putin nutzte die Versammlung, an der in Moskau auch Vertreter von Politik, Wirtschaft und Kultur sowie von anderen Religionen teilnahmen, als eine Art Wahlkampfrede und stellte Russland als "Vorkämpfer einer gerechteren Weltordnung" dar. "Ohne ein souveränes und starkes Russland ist keine dauerhaft stabile Weltordnung möglich", sagte er – zugeschaltet aus Sotschi am Schwarzen Meer. Dabei ließ Putin in einer Schweigeminute auch der Toten seines Krieges gedenken.

Frauen mobilisierter Soldaten fordern von Putin deren Rückholung

Eine Gruppe Ehefrauen von für den Ukraine-Krieg mobilisierten Russen hat zeitgleich einen mit scharfer Kritik an Kremlchef Wladimir Putin gespickten Aufruf zur Rückholung ihrer Männer gestartet. "Wir räumen das Feld erst, wenn unsere Männer zu Hause in Sicherheit sind (FÜR IMMER, eine Rotation interessiert uns nicht)", heißt es in dem am Montag auf dem Telegram-Kanal "Putj domoi" ("Weg nach Hause") veröffentlichten Schreiben. Kritisiert wird darin unter anderem, dass Probleme an der Front unter den Teppich gekehrt würden, um die Wiederwahl Putins im kommenden Jahr nicht zu gefährden.

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    Vitaly Brizhaty wollte beim Sicherheitsdienst des Kremls kündigen, wurde aber mit einem Fronteinsatz in der Ukraine bedroht. Jetzt ist er nach Ecuador geflohen.
    Vitaly Brizhaty wollte beim Sicherheitsdienst des Kremls kündigen, wurde aber mit einem Fronteinsatz in der Ukraine bedroht. Jetzt ist er nach Ecuador geflohen.
    Youtube/Телеканал Дождь

    Es gibt derzeit keine Angaben dazu, wie viele Ehefrauen von Mobilisierten sich an den Protestaktionen beteiligen oder mit ihnen sympathisieren. "Wir erinnern uns, dass der Präsident versprochen hat, dass Reservisten nicht eingezogen werden, dass die Aufgaben der militärischen Spezialoperation von professionellen Freiwilligen erfüllt werden", schrieben die Autorinnen. Stattdessen seien ihre Männer nun seit 15 Monaten im Einsatz, viele seien bereits gefallen. "Die Mobilmachung hat sich als schrecklicher Fehler erwiesen." Vor einer weiteren Teilmobilmachung 2024 sei niemand gefeit, warnten sie.

    red, 20 Minuten
    Akt.