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Niederlande führen mobile Sterbehilfe ein

Heute Redaktion
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Sterbehilfe ist in den Niederlanden legal. Dennoch schrecken viele Ärzte davor zurück, dem Todeswunsch ihrer Patienten nachzukommen. Nun sollen Teams einer Sterbehilfeorganisation quer durch die Niederlande reisen und zu Patienten nach Hause kommen, um ihnen auf Wunsch beim Sterben zu helfen. Den Todkranken ohne Hoffnung soll auf diese Weise ein würdevolles und schmerzloses Ende ermöglicht werden.

Bei Anruf Sterbehilfe: Mit 1. März startet in den Niederlanden die mobile Sterbehilfe. Todkranken ihren letzten Gang zu erleichtern, ist in dem nordeuropäischen Staat legal. Da viele Ärzte dem Wunsch ihrer Patienten aber nicht nachkommen wollen, wurde der Dienst ins Leben gerufen.

Die sogenannten mobilen Teams, bestehend aus einem Arzt und mindestens einem Pfleger, nehmen ihre Arbeit am 1. März auf. Die Initiative geht auf die weithin respektierte Niederländische Vereinigung für ein freiwilliges Lebensende (NVVE) zurück. Sie soll mit sechs Teams starten. NVVE-Sprecherin Walburg de Jong erklärt, wie die Hausbesuche der Ärzteteams ablaufen sollen: "Erst geben sie dem Patienten eine Spritze, die sie in einen tiefen Schlaf versetzt, dann folgt eine zweite Spritze, die die Atmung und den Herzschlag stoppt."

Team kommt, wenn der Arzt sich weigert
Die Teams können von Kranken und ihren Angehörigen gerufen werden, wenn Hausärzte sie aus ethischen Gründen nicht bei der Selbsttötung begleiten wollen. "Viele niederländische Ärzte haben noch immer Angst, Euthanasie auszuüben", erklärt de Jong. "Sie berufen sich auf ihre religiösen Überzeugungen oder kennen einfach nicht die Details der Gesetzgebung, die diesen Bereich reguliert."

"Menschenverachtend" - Kritik aus dem Ausland
Obwohl die NVVE immer wieder betont, ihre Aktivitäten seien rechtmäßig, bleibt die Kontroverse nicht aus - auch nicht im Ausland. "Tötung bei Hausbesuch", kommentiert Eugen Brysch, Vorstand der Patientenschutzorganisation Deutsche Hospiz Stiftung. "Das ist das neue menschenverachtende Angebot der niederländischen Euthanasie-Bewegung." Tötung sei nicht Sterbebegleitung, sagt Brysch.

"Mobile Euthanasie-Teams, über Internet oder Telefon angefordert, jederzeit einsatzbereit, sind kein Ausdruck der Autonomie von Verzweifelten", sagt er. Schwerstkranken stehe eine würdige Sterbebegleitung zu, "die nicht mehr Quälerei bedeutet, sondern Lebensqualität bis zuletzt". Befürworter in Holland sehen die neuen Teams als Ausdruck einer wachsenden Zustimmung für die Sterbehilfe.

Sterbehilfe in den Niederlanden seit 2002 legal
Seit 1973 tritt die NVVE, die über ein Millionenbudget aus Spenden verfügen soll, für einen gesetzlichen Anspruch auf den Freitod ein - ganz egal, ob Menschen krank sind oder nicht. Ihren bisher größten Erfolg feierte sie 2002, als die Niederlande als erstes Land der Welt aktive Sterbehilfe per Gesetz erlaubten.

Schwerstkranke dürfen sterben
Sie ist durch das sogenannte Euthanasie-Gesetz unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt: Sterbehilfe darf schwerstkranken Patienten gewährt werden, deren hoffnungsloser Zustand sowie eindeutiger Todeswunsch von mindestens zwei Ärzten bestätigt wird. Eine unheilbare Krankheit oder unerträgliche Schmerzen müssen sie quälen, Hoffnung auf Genesung darf es für sie nicht mehr geben. Viele der Patienten haben nach Angaben der NVVE schwere chronische Krankheiten oder leiden unter einer Form von Demenz.

Wenn Ärzte in den Niederlanden ihre Patienten unter diesen Umständen beim Suizid begleiten, müssen sie keine Strafverfolgung fürchten - anders als in Deutschland, wo die aktive Sterbehilfe verboten ist.

APA/dpa/red.

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