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Nolan North über gebrochene Knochen und Freudentränen

Heute Redaktion
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Nolan North (44) ist die Stimme der Videospiel-Szene. In der Uncharted-Serie von Naughty Dog erweckt er den Hauptcharakter Nathan Drake zum Leben - auch mit vollem Körpereinsatz. Der Motion-Capture-Anzug wurde über mehr als ein Jahrzehnt seine zweite Haut. Im exklusiven Interview mit "Heute Games" plauderte der Amerikaner über Knochenbrüche, das eigene Ego und Momente, die einem die Tränen in die Augen treiben.

Nolan North (44) ist die Stimme der Videospiel-Szene. In der erweckt er den Hauptcharakter Nathan Drake zum Leben - auch mit vollem Körpereinsatz. Der Motion-Capture-Anzug wurde über mehr als ein Jahrzehnt seine zweite Haut. Im exklusiven Interview mit "Heute Games" plauderte der Amerikaner über Knochenbrüche, das eigene Ego und Momente, die einem die Tränen in die Augen treiben.

North ist eine wahre Legende in der Branche. Seit 1999 begleitet sein Name Dutzende Gaming-Titel wie Assassin's Creed, Destiny, Batman, The Last of Us, Call of Duty oder Halo. Kaum eines begleitete ihn aber so lange wie die Uncharted-Serie, bei dem er dem Abenteurer Nathan Drake Leben einhaucht. Am Rande des "Nathan Drake Collection"-Media Days in Berlin sprach North über vollen Körpereinsatz und ließ tief in seine Rolle blicken.

"Ich kam zum Casting völlig unvorbereitet", erinnert sich North an die Zeit, bevor es den ersten Uncharted-Teil überhaupt gab. Geklappt hat es letztendlich trotzdem: "Ich weiß nicht wieso, aber die Macher riefen mich an und sagten, dass ich den Job habe", so North. Nathan Drake erwachte zum Leben. Was folgte, hatte wenig mit einem Synchronisierungs-Job zu tun. North trug über Wochen stundenlang einen Motion-Capture-Anzug, kletterte und sprang sich am Set die Seele aus dem Leib. 

Bis die Knochen brechen...

Zehn Jahre ist das nun her. "Wir wussten alle nicht, dass etwas so Großes daraus werden würde", so North über die Zusammenarbeit mit Naughty Dog, noch bevor es "Uncharted: Drake's Fortune" in den Läden gab. "Normale" Arbeitstage gab es für ihn kaum: "Du trägst den Anzug stundenlang, wiederholst Szenen über Wochen immer wieder. Dann werden wieder einige Tagen Szenen gelesen und geplant. Und dann geht es von vorne los."

Langweilig, könnte man meinen. Aber nur, wenn man Uncharted nicht kennt. Feuergefechte, Sprünge, Kämpfe - all das musste North auch im Motion-Capture-Anzug vollführen. Körperliche Fitness ist Pflicht. "Im Spiel gibt es immer wieder Explosionen. Von so einer sollte ich im Anzug weggeschleudert werden. Wenn ich einfach sprang, sah das nicht realistisch aus. Deswegen bat ich einen Mitarbeiter, mich zu schubsen. Beim dritten Mal fiel ich so unglücklich, dass ich mir zwei Rippen anknackste", so North über den beinharten Körpereinsatz.

"Mein Körper fror beim Sprung ein"

Das verbindet North auch mit Hauptfigur Drake: "Er ist kein Held, weil er schießt und rennt. Er ist ein Held, weil er dabei blaue Flecken und Schrammen davonträgt." Lächelnd spricht North von seiner Arbeit an der Uncharted-Serie von einer "Liebes-Hass-Beziehung": "Wenn man durch die Tür des Studios geht, dann muss das Ego draußen bleiben. Uncharted ist für mich kein Job, sondern ein Teil meines Lebens. 

Als verrückteste Aufgabe der gesamten Uncharted-Arbeiten bleibt North aber der berühmte Sprung von einer Klippe in Erinnerung, der jedem Uncharted-Fan als Szene bekannt ist, in der Nathan Drake händerudernd mehrere Meter durch die Luft fliegt. "Ich stand dabei auf einer fünf Meter hohen, schmalen Plattform und musste in ein Kissen springen. Jeder kennt das Gefühl auf einem Sprungturm, wenn man eigentlich zu hoch geklettert ist, aber bei all den anderen Menschen nicht mehr zurück kann. Also sprang ich. Aber mein Körper fror ein, immer wieder sprang ich. Einmal war der Oberkörper starr, einmal die Beine. Wir mussten schließlich zwei Szenen verschmelzen, damit es klappte."

"Da weißt du, wieso du Videospiele machst"

Alkohol, Schießereien, Prügel - auch bei Uncharted gab es Kritik an den Inhalten. Und North lernte auch, "Nein" zu Dingen zu sagen, die er bei seiner Verkörperung von Nathan Drake nicht vertreten kann. Es sind aber die kleinen Dinge, die North das Gaming-Business lieben lassen: "Vor einiger Zeit traf ich eine Mutter mit ihrem Sohn, der im Rollstuhl saß. Er strahlte und die Frau brach in Tränen aus, als er mich sah. Sie sagte mir, dass er in den Uncharted-Spielen das erlebt, was er selbst nicht tun kann - rennen und springen. Sie sagte "Danke, dass es Menschen gibt, die ihm das in Spielen möglich machen.' Da weißt du, wieso du Videospiele machst."

Aber North ist klar, dass er nicht ewig Nathan Drake sein wird: "Alle guten Dinge müssen zu einem Ende kommen. Egal, wie lang es noch dauert, diese Arbeit hat mich auf jeden Fall zu einem besseren Schauspieler gemacht." Den Machern streut North abschließend Rosen: "Naughty Dog war für mich immer wie Charlies Schokoladenfabrik. Ich weiß nicht, wie sie zum dem Ergebnis kamen, aber es schmeckte fantastisch. Ich könnte nicht stolzer sein."

Uncharted: The Nathan Drake Collection erschien am 7. Oktober 2015 für die PlayStation 4.