Kammerjäger vor Gericht

Notdienst knöpft Wienerin 3.500 Euro fürs Aufsperren ab

Ein Deutscher soll in Wien einen Wucher-Notdienst geleitet haben, Kunden wurden abgezockt. Für Google-Werbung wurden 40.000 Euro ausgegeben.

Thomas Peterthalner
Notdienst knöpft Wienerin 3.500 Euro fürs Aufsperren ab
Der Angeklagte vor Gericht in Wien.
"Heute"/pet

In Handschellen wurde Lukas L. (28, Name geändert) Dienstag (17.9.) aus der U-Haft in den Gerichtssaal geführt. Der Kammerjäger aus Essen (D) soll in Wien einen betrügerischen Notdienst geleitet haben. Kunden wurden für Pfusch horrende Summen verrechnet. Schwerer gewerbsmäßiger Betrug und Mitglied in einer kriminellen Vereinigung lauteten die Vorwürfe. Der Deutsche, gekonnt verteidigt von Top-Anwalt Sascha Flatz, bekannte sich teilschuldig.

Amateure ohne Ausbildung

Alles lief über eine Scheinfirma, die angeblich von dem Verdächtigen angemeldet wurde. Der "Hausmeister-Service" bot Schlüssel- und Installateurnotdienste an. Die Arbeiten wurden von Amateuren ohne Ausbildung ausgeführt. Die "Handwerker" wurden über An­non­cen auf Instagram gekeilt.

40.000 Euro für Google-Werbung

Laut Anklage wurden in einem Monat 40.000 Euro für Google-Werbung ausgegeben, um bei Suchergebnissen ganz oben an erster Stelle zu stehen. Der Einsatz dürfte sich ausgezahlt haben – der Gesamtschaden beträgt rund 200.000 Euro, angeklagt sind über 100 Fälle.

3.500 Euro für Türe aufsperren

"Bei der Rohrreinigung mit einer Spirale wurde Kunden ein Meterpreis á 70 Euro verrechnet", führte die Staatsanwältin aus. So zahlte ein Betroffener für den Einsatz von 5 Metern Drahtspirale 350 Euro. "Die Spirale ist wiederverwendbar. Das ist völliger Schwachsinn", so die Staatsanwältin. Einer Pensionistin wurden 3.500 Euro für die Türöffnung abgenommen, weil die Bande angeblich wusste, dass sie genau soviel Geld zuhause hatte. Einem anderen Betroffenen soll ein 50 Euro Türschloss aus dem Baumarkt zum Millimeterpreis verrechnet worden sein – der Kunde zahlte über 600 Euro.

"Schlüsseldienst" kam mit Flex

Die Bande war nicht nur in Wien aktiv. In Tirol erlebte einen Kundin eine böse Überraschung. Die Frau hatte sich ausgesperrt, fiel auf die Schwindler herein. Ein "Handwerker" wollte die Tür mit Hilfe einer Flex öffnen. Die Holztür wurde durch den Einsatz des Schleifgeräts schwer beschädigt, der Tirolerin wurden 1.050 Euro abgenommen.

Call Center in Marokko

Anrufe von Kunden wurden laut Anklage über ein Callcenter in Marokko abgewickelt. Dort saßen deutschsprachige Helfer, diese leiteten Aufträge an die "Monteure" in Österreich per WhatsApp-Nachricht weiter. Lukas L. soll der Logistiker der Bande gewesen sein, Handwerker angeworben, koordiniert und mit Material versorgt haben.

Anwalt Sascha Flatz verteidigte den Angeklagten in Wien.
Anwalt Sascha Flatz verteidigte den Angeklagten in Wien.
Denise Auer

Angeklagter stritt alles ab

Trotz Chatprotokollen und Handyauswertung stritt der Angeklagte das ab. Er habe nie "Handwerker" getroffen oder angerufen. "Ich war das nicht", so Lukas L. "Jemand anderer hat meinen Namen verwendet." Festgenommene Arbeiter der Scheinfirma wollen ihn jedoch erkannt haben. "Wir werden die Zeugen laden, um Sie zu identifizieren", so die Richterin zum Angeklagten. "Sie waren in der mittleren Führungsebene." In Wien sei alles über ein Büro in Simmering gelaufen.

"Mandant als nützlicher Idiot"

"Nein, nein, ich war nur ein Strohmann", so Lukas L. Er habe in Deutschland Schulden bei einem arabisch-libanesischen Clan gehabt. Der Clan würde die Fäden in dem  kriminellen Business ziehen, Namen könne er keine nennen. "Niemand von denen hat seinen echten Namen gesagt, mein Kontaktmann hat sich 'ASAP' genannt", so der Deutsche. "Die Hintermänner sind nicht in Europa", so Verteidiger Sascha Flatz. "Mein Mandant wurde als nützlicher Idiot verwendet" – der Prozess wurde vertagt, Fortsetzung folgt!

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    REUTERS

    Auf den Punkt gebracht

    • Ein Deutscher, der in Wien einen betrügerischen Notdienst leitete, steht vor Gericht
    • Kunden wurden von Amateuren ohne Ausbildung abgezockt, was zu einem Gesamtschaden von rund 200.000 Euro führte
    • Der Angeklagte, der sich teilschuldig bekannte, behauptet, nur ein Strohmann für eine kriminelle Vereinigung gewesen zu sein
    • Der Prozess wurde vertagt
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