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Studie: Nur 6 Prozent der weltweiten Infektionen bek...

Deutsche Forscher gehen davon aus, dass die bisherigen Berechnungen zur Anzahl der Infizierten nur einen geringen Prozentteil erfassen.

Heute Redaktion
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Das meiste im Bereich der zahlreichen Wortmeldungen von Experten zu Statistiken in der Coronakrise täuscht über unseren derzeitigen Wissensstand hinweg. Bisher können wir noch nicht genügend Aussagen treffen, um stimmige Prognosen zu erstellen. Erst, wenn genügend respräsentative Daten verfügbar sind, kann man eine korrekte Aussage über die Corona-Fallzahlen treffen.

Göttinger Forscher gehen davon aus, dass bisher nur sechs Prozent der weltweiten Infektionen nachgewiesen wurden. Die tatsächliche Anzahl der Infizierten könnte bereits zehn Millionen erreicht haben.

Für Deutschland würde die Berechnung konkret so aussehen: Man ging von einer hohen Dunkelziffer aus und bezog diese in die Berechnungen mit ein. Davon ausgehend sollen sich 460.000 Menschen bis Ende März mit dem Virus infiziert haben. Bisher konnten in Deutschland etwa 15,6 Prozent der Infektionen festgestellt werden, errechneten die Wirtschaftsökonomen Christian Bommer und Sebastian Vollmer. Registriert wurden jedoch nur 100.000 Infektionen.

Die Forscher entnahmen Daten einer Studie über die Sterblichkeit. Darauf aufbauend erkannten sie, dass die Infektionsrate in allen betroffenen Ländern weit höher liegen müsse als angenommen. Aus der Summe aller Staaten würde sich ein weltweiter Wert von 6 Prozent nachgewiesener Infektionen ergeben. In Italien liegt die Entdeckungsrate beispielsweise viel geringer als in Deutschland. Es sind etwa 3,5 Prozent, in Spanien sogar nur 1,7 Prozent. Am niedrigsten sei sie in den USA mit 1,6 Prozent und Großbritannien mit 1,2 Prozent. Südkorea ist der Shooting Star mit etwa 50 Prozent der Fälle.

Modellrechnungen können nicht die ganze Realität abbilden

Auch eine deutsche Statistikerin geht davon aus, dass es zum jetzigen Zeitpunkt nicht möglich sei, eine gesicherte statistische Prognose zu erstellen und die Pandemie richtig einzuschätzen, weil die Datenlage nicht ausreichend wäre.

Wie die Statistikerin Katharina Schüller gegenüber dem Focus kritisiert, werden zuletzt vermehrt Stimmen von "vermeintlichen Experten" laut, die anhand von Grafiken das Ausmaß der Corona-Pandemie richtig einschätzen wollen. Das jedoch hätte nichts mit Datenkompetenz zu tun. Solche Modellrechnungen seien falsch, die Schlussfolgerungen können jedoch richtig sein. Selbst im "best case"-Szenario brauche es immerhin Maßnahmen, damit die Gesundheitssysteme nicht zusammenbrechen.

Falsch seien die Zahlen deswegen, weil sie nicht die gesamte Realität abbilden können. Bei einer Pandemie haben wir es mit einem komplexen System zu tun, das nicht mit Intuition begriffen werden kann. Schwer Kranke und leichter Erkrankte sind leichter zu filtern als Menschen ohne Symptome. Die Dunkelziffer bleibt inzwischen unbekannt und der Raum für Spekulation ist groß. Für Prognosen seien die Daten demnach nicht einsetzbar. Um belastbare Tests bieten zu können, bräuchte es mindestens 1.000 Stichproben pro Tag.

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