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Obama kämpft um Einheit des Landes

Heute Redaktion
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US-Präsident Barack Obama hat sich für seine zweite Amtszeit ehrgeizige Ziele gesteckt und den tiefgespaltenen Kongress zur Zusammenarbeit aufgefordert. In seiner Rede zur Lage der Nation forderte Obama am Dienstagabend (Ortszeit) die Abgeordneten auf, ihn bei seinen Plänen zu unterstützen, die Wirtschaft zu beleben und die Mittelschicht zu stärken.

Er forderte Milliardeninvestitionen in Straßen und Brücken und machte sich für ein Freihandelsabkommen mit der Europäischen Union stark. Zudem will der Präsident das Waffen- und Einwanderungsrecht reformieren.

Die Rede vor beiden Parlamentskammern wurde vom erbitterten Streit mit den Republikanern über die Steuer- und Haushaltspolitik überschattet. Obama sagte, die Bürger verlangten von der Regierung nicht, jedes Problem zu lösen. Aber sie erwarteten, die Interessen des Landes über die der Parteien zu stellen. "Sie erwarten von uns, vernünftige Kompromisse zu finden."

Obama will Mindestlohn anheben

Obama dürfte mit vielen seiner Vorschläge auf Widerstand im Kongress stoßen. So will er den gesetzlichen Mindestlohn von 7,25 Dollar auf 9 Dollar in der Stunde anheben. In der Regel sind Republikaner gegen eine Anhebung und verweisen darauf, dass Unternehmen dann Arbeiter entlassen würden.

Auch mit seinem Plan, 50 Milliarden Dollar für Infrastruktur wie marode Straßen oder Brücken auszugeben, stößt Obama auf Skepsis. Ein Konjunkturprogramm im Umfang von 787 Milliarden Dollar hatte in seiner ersten Amtszeit nicht die erwünschte Wirkung auf die Arbeitslosenquote, die derzeit bei 7,9 Prozent liegt. Im historischen Vergleich ist dies ein hoher Wert.

In seiner Rede machte sich Obama vor allem für die Mittelschicht stark und sagte, die Gewinne von Konzernen seien auf Rekordhöhen gestiegen, während sich die Löhne seit über einem Jahrzehnt kaum bewegten. Damit griff er ein Thema seines Wahlkampfes auf. Erneut forderte Obama Steuererhöhungen für reiche Amerikaner.

Ein Jahr Zeit für Umsetzung

Für seine Vorschläge hat er etwa ein Jahr Zeit, weil Ende 2014 wieder Kongresswahlen anstehen. Obamas republikanischer Widersacher John Boehner, der mit finsterer Miene hinter ihm saß, ließ noch während der Rede eine Mitteilung verbreiten. Darin kritisierte er, Obama habe seine Ansprache nicht genutzt, um eine Lösung vorzuschlagen.

Zwar konzentrierte sich Obama in seiner Rede auf Inlandsthemen. Er macht sich aber für ein weitreichendes Freihandelsabkommen mit der Europäischen Union stark. Ein transatlantischer Handel, der frei und fair sei, stütze Millionen gut bezahlter Stellen in Amerika.

Afghanistan-Abzug in Aussicht

Auf dem Gebiet der Außenpolitik kündigte Obama wie erwartet an, die US-Truppenstärke in Afghanistan innerhalb eines Jahres um etwa die Hälfte zu verringern. Bis Anfang des kommenden Jahres würden 34.000 Soldaten vom Hindukusch abgezogen. Die Truppen würden sich künftig auf die Ausbildung und Ausrüstung der afghanischen Armee und den Kampf gegen die Al Kaida konzentrieren, sagte Obama.

Appell für verschärftes Waffenrecht

Der Präsident richtete einen emotionalen Appell an die Abgeordneten, nach dem Amoklauf von Newtown endlich das Waffenrecht zu verschärfen. Das Land diskutiere darüber nicht zum ersten Mal, sagte Obama. "Aber dieses Mal ist es anders." Die Vorhaben zum Verbot von Sturmgewehren und zur strengeren Überprüfung von Waffenkäufern "verdienen eine Abstimmung im Kongress".

Obama drängte das Repräsentantenhaus und den Senat außerdem, eine Reform des Einwanderungsrechts zu verabschieden, die illegal im Land lebenden Menschen den Weg zu einer US-Staatsbürgerschaft aufzeigt. "Schickt mir in den nächsten Monaten ein umfassendes Gesetz zur Einwanderungsreform, und ich werde es sofort unterzeichnen", sagte er.

Militärhilfe für Franzosen in Mali

Wie bei seiner Vereidigung für eine zweite Amtszeit Mitte Jänner warnte der Präsident vor den Gefahren des Klimawandels und kündigte den Ausbau erneuerbarer Energien an. Obama erinnerte an die Verwüstungen des Hurrikans "Sandy" im Herbst und rief die Abgeordneten auf, dem "überwältigenden Urteil der Wissenschaft" zu folgen und zu handeln, "bevor es zu spät ist".

Mit Blick auf den Konflikt in Mali wurden außerplanmäßig 50 Millionen Dollar an Militärhilfe für Frankreich und den Tschad bewilligt. Die beiden Länder müssten in ihren Anstrengungen unterstützt werden, Mali vor Terroristen und gewalttätigen Extremisten zu schützen, so Obama. Frankreich hat am 11. Jänner eine Militäroffensive in dem afrikanischen Land gestartet, um die Islamisten im Norden an einem weiteren Vormarsch in Richtung Süden zu hindern.