Politik

Obergrenze: Sobotka will Monats-Kontigente für Asylw...

Heute Redaktion
Teilen

Er selbst will weder Hardliner noch Softie sein: Im Gespräch mit Christian Nusser (Heute) konkretisiert Wolfgang Sobotka seine Obergrenzen-Idee und fordert mehr Videoüberwachung.

Er selbst will weder Hardliner noch Softie sein: Im Gespräch mit Christian Nusser („Heute“) konkretisiert Wolfgang Sobotka seine Obergrenzen-Idee und fordert mehr Videoüberwachung.

"Heute": Sie hatten Dienstag ein Gespräch mit Minister Doskozil über die Asyl-Obergrenze. Das Ergebnis?

Wolfgang Sobotka: "Wir beide, also auch Doskozil, sind für die Reduktion der Obergrenze. Es braucht aber nicht nur ein neues Zahlengerüst geht, sondern Maßnahmen." 

"Heute": Welche Maßnahmen kommen wann?

Sobotka: "Lassen Sie uns noch ein bisschen Zeit. Man braucht einen Vorlauf. Wir sind ja nicht aus Jux und Tollerei auf die Zahl 17.500 gekommen, sondern das ist der Durchschnittswert der Asylanträge im Zeitraum 2004 bis 2014. Wir müssen uns ansehen, wieviele Lehrer wir brauchen, für 42.000 außerordentliche Schüler in der Grundschule, aber auch für die Steigerung von 2.000 auf 4.000 Schüler in den Bundesschulen. Oder in der Gesundheit die vielen Traumatisierungen. Oder am Arbeitsmarkt: 90% der Asylberechtigten gehen 1:1 in die Mindestsicherung – das heißt in das Sozialsystem, ohne einen Beitrag jemals selbst bezahlt zu haben. Ich kann ihnen das was Integration braucht, nämlich Arbeit, gar nicht bieten. Und schlussendlich die Kriminalitätsstatistik der Asylwerber: 2014 hatten wir 10.400 zur Anzeige gebrachte Asylwerber, 2015 waren’s 14.000 und im Vorjahr 22.000. Das ist der inhaltliche Aufriss, warum eine Limitierung notwendig ist und warum wir mit der inneren Sicherheit und Ordnung argumentieren." 

"Heute": Wenn man die Obergrenze mit 17.500 festlegt, wird sie im Mai oder Juni erreicht.

Sobotka: "Das ist nicht gesagt, weil wir überlegen, monatliche Kontingente aufzunehmen. Ich kann mir vorstellen, dass wir rund 1.400 pro Monat nehmen und wenn die Grenze erreicht ist, muss man warten, bis das nächste Kontingent eröffnet wird. Somit verteilen Sie diese Wartezeit übers Jahr. Darüber hinaus wollen wir ja die Dublin-Fälle, derzeit 12.000 an der Zahl, auch rückstellen. Das ist manchmal etwas zäh, läuft aber immer besser."

"Heute": Heuer 17.500 würden im Vergleich zu 2016 eine Lücke von 20.000 Personen bedeuten. Wo bringen Sie diese Menschen unter?

Sobotka: "Wir gehen nicht davon aus, dass wieder so viele kommen. Die Westbalkanroute darf ja nicht nur am Papier geschlossen sein. Es kommen auch in Griechenland deutlich weniger an. Das zeigt, dass der Pakt mit der Türkei in diesen Krisenzeiten hält. Unter der maltesischen EU-Ratspräsidentschaft soll es auch mit Ägypten und Tunesien solche Abkommen geben und zurückgeschoben werden." 

"Heute": Wie viele kommen derzeit über die Balkanroute?

Sobotka: "Im Schnitt kommen in Österreich etwa 550 pro Woche an. Aber insgesamt, nicht nur über die Balkanroute." 

"Heute": In den letzten Wochen gibt es in der Koalition einen Wettlauf der Vorschläge fürs Asylwesen: in Kasernen internieren, von Polizei festnehmen lassen, Fußfesseln, keine Prepaid-Karten, private Kameras, Autokennzeichen erfassen – das bricht wie ein Stakkato auf die Bevölkerung herein. Wann gibt es ein Paket?

Sobotka: "Ich habe jetzt mein Programm für das erste Halbjahr 2017 vorgestellt. Da sind eine Reihe Überlegungen aufgelistet, die es jetzt gilt, in die Tat umzusetzen. Ein Ziel ist die Terrorbekämpfung. Daher ist alles was mit Kennzeichenüberwachung, mit Videoüberwachung, mit der Registrierung von Wertkarten zu tun hat, ein wesentliches Momentum. Oder auch die Datenteilung mit anderen Ländern, etwa EU-weite biometrische Datenerfassung zur Bekämpfung von Terror und Kriminalität." 

"Heute": Was geschieht mit Gefährdern im Inland?

Sobotka: "Wir haben derzeit nur die Möglichkeit, sie aufzusuchen, sie zu besuchen sodass sie sich beobachtet fühlen. Ich würde sie schon gerne elektronisch, engmaschiger, kontrollieren. Das verhindert vielleicht keinen Terroranschlag, aber es behindert ihn vielleicht in der Ausführung. Nicht eine Maßnahme bringt die Lösung sondern ein Puzzle von Maßnahmen. Terror und organisierte Kriminalität können Sie nie ausschalten, Sie können nur die Risken minimieren. Und das tun wir." 

"Heute": Stört es Sie, als Orwell bezeichnet zu werden oder prallt das an Ihnen ab?

Sobotka: "Weder noch. Wir haben eine andere Situation, auf die wir anders reagieren müssen. Ich war gestern auf einer Veranstaltung, bei der es um die Freeman-Bewegung (Staatsverweigerer, Anm.) gegangen ist. Die gibt’s erst seit 2014 in Österreich. Das Problem hat niemand in besonderer Weise wahrgenommen. Daher wird jetzt auch diskutiert eine neue Bestimmung im Strafgesetzbuch einzuführen, um den Tatbestand der staatsfeindlichen Bewegungen als Straftat abzudecken. Jetzt sehen wir, dass das natürlich notwendig wäre. Durch das World Wide Web hat sich alles geändert. Ich würde sagen, es sind die Mobilfunkbetreiber, die alles über Sie wissen. [Minister zieht ein Smartphone aus der Hosentasche] Ein Mobiltelefon ist ein klares Objekt, das man verorten kann. Es ist nicht akzeptabel, das die Polizei zwei Schritte hinterherhinkt und Tätern technologisch nachlaufen müssen, nur wegen falsch verstandenem Datenschutz – und auf das spielen Sie an, wenn Sie Orwell zitieren. Datenschutz ist Recht und notwendig, wo es um die Intimität des Einzelnen geht. Aber dort, wo Recht und Ordnung in Gefahr sind und innere Sicherheit verletzt werden, dort hat das Allgemeinwohl vor dem Einzelwohl zu stehen. Daher brauchen wir Überwachungen. Denken Sie auch an den Fall der Dame, die über die Rolltreppe gestoßen wurde oder wo jemand den Obdachlosen anzünden wollte. Da halfen Videoaufzeichnungen. Es geht auch um Abschreckung."

;