Wer dafür ist, wer dagegen

ÖVP-Geheimtreffen: Wilder Poker um Neuwahlen

Nach einer Sitzung im Kanzleramt mehren sich die Gerüchte über Nationalratswahlen im Frühjahr. Karl Nehammers Umfeld versucht indes zu kalmieren.

Newsdesk Heute
ÖVP-Geheimtreffen: Wilder Poker um Neuwahlen
Karl Nehammer lotet Wahltermine aus. Christopher Drexler ist für Herbst, Mikl-Leitner ohne Befindlichkeit.
Helmut Graf

Sonntag am Ballhausplatz in Wien: Im Bundeskanzleramt empfängt Regierungschef Karl Nehammer seine Länderchefs und die Vertreter der in der ÖVP nach wie vor mächtigen Bünde. Neben der (einstimmigen) Bestellung von Partei-Urgestein Reinhold Lopatka als Listen-Ersten für die EU-Wahl, kommt auch der nationale Urnengang einmal mehr aufs Tapet.

"Keine Abstimmung über Wahlen"

Nationalratswahlen noch vor dem Brüssel-Votum im Frühjahr – oder regulär im Herbst? Selbst Spitzenvertreter der Schwarzen dürften nach wie vor unentschieden sein. Wie "Heute" erfuhr, wurde das Thema Neuwahlen von Nehammer proaktiv aufgegriffen. Er wollte die Meinung der Parteigranden dazu abholen.

Vertraute des Kanzlers spielen das Thema im Gespräch mit "Heute" herunter, meinen, es habe sich um eine "Routinesitzung" gehandelt: "Wie es sie das Parteistatut regelmäßig vorsieht." Auch dementiert wird eine Abstimmung unter Länderchefs über den Frühjahres-Wahltermin: "Der Kanzler hat nach wie vor die Absicht, bis zum Ende der Legislaturperiode im September durchzuarbeiten." 

Das erwartet sich auch der steirische Landeshauptmann Christopher Drexler. Er muss den LH-Sessel in der grünen Markt im Spätherbst selbst verteidigen und möchte – so Sitzungsteilnehmer – zu diesem Zeitpunkt keine neue Regierung in Wien im Amt haben, schon gar kein unliebsames Dreier-Bündnis an den Freiheitlichen vorbei. Drexler sprach sich also vital für eine Beibehaltung des regulären Termins am 29. September aus – wodurch die Steirer-Wahl im Schatten der Koalitionsverhandlungen in Wien über die Bühne gehen würden.

Zwei Szenarien liegen am Tisch

Fakt ist: Schwarze Parteistrategen haben zwei Szenarien im Kopf. Einerseits den Frühjahrstermin – man erhofft sich einen Boost durch die Kanzlerrede "Österreich 2030" am 26. Jänner in Wels (OÖ) – eine mutige These, der allerdings einige Landeskaiser anhängen. Auch möchte man sich ein monatelanges Rechtfertigen eines fetten Minus bei der EU-Wahl auf diese Weise ersparen. "Dass diese Regierung nicht rasend beliebt ist, ist mittlerweile allen bewusst – es gibt also gute Argumente dafür, vorzeitig mit den Grünen zu brechen", so ein Schwarzer. Laut letzten Umfragen steht derzeit nur noch ein Drittel hinter Türkis-Grün; die FPÖ führt mit rund zehn Prozent Vorsprung auf ÖVP und SPÖ.

Für den regulären Termin – bisher die Präferenz von Nehammer – spricht die Hoffnung auf bessere Wirtschaftsdaten im Herbst und die EU- als Blitzableiterwahl. Auch in den Kabinetten und beim grünen Koalitionspartner plädiert man dafür. Wohl aber eher aus jobtaktischen Überlegungen.

Mikl-Leitner lässt Nehammer freie Hand

Zünglein an der Waage dürfte die mächtige niederösterreichische Landeshauptfrau sein. Johanna Mikl-Leitner ließ sich bei der Geheimsitzung in der Hauptstadt als gewiefte Taktikerin der Macht allerdings nicht in die Karten schauen und keine Präferenz erkennen. Die blau-gelbe Landestruppe werde die Bundespartei – ganz unabhängig vom Wahltermin – nach Kräften unterstützen und jede Entscheidung des Bundeskanzlers loyal mittragen.

Es bleibt spannend – immerhin stehen 2024 gleich mehrere Urnengänge am Kalender …

Der Wahlkalender für Österreich

  • Am 10.3.2024 wählt die Stadt Salzburg einen neuen Gemeinderat – und könnte laut neuesten (Partei-)umfragen erstmals einen kommunistischen Bürgermeister erhalten.
  • Etwa einen Monat später, am 14.4.2024, gehen die Innsbrucker zur Urne. Hier sorgt Digital-Staatssekretär Florian Tursky für Glamour, schließlich will er in seiner Heimat Stadtchef werden.
  • Im April 2024 finden zudem Arbeiterkammer-Wahlen statt.
  • Die große Testwahl für den Bund steigt am 9.6.2024 – der Tag der EU-Wahl.
  • Am 29.9.2024 soll schließlich – so der Kanzler-Wunsch – die Schicksalswahl für Österreich über die Bühne gehen: Bei der Nationalratswahl muss er um den Verbleib am Ballhausplatz kämpfen.
  • Zudem stehen in der Steiermark und in Vorarlberg Landtagswahlen an, die planmäßig im Spätherbst stattfinden würden. 

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    Helmut Graf
    red
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