Politik

ÖGB stellt sich der Digitalisierung

Heute Redaktion
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ÖGB-Präsident Erich Foglar fordert Fortschritt für alle und nicht nur für die "Herrscher über die Daten".
ÖGB-Präsident Erich Foglar fordert Fortschritt für alle und nicht nur für die "Herrscher über die Daten".
Bild: ÖGB/Reither

Der österreichische Gewerkschaftsbund präsentierte am Mittwoch seine Pläne für ein digitalisiertes Österreich. Fortschritt für alle soll im Mittelpunkt stehen.

Am vergangenen Mittwoch sandte der ÖGB den vom Bundesvorstand einen einstimmig abgesegneten "Leitantrag" an den ÖGB-Bundeskongress. Im Antrag finden sich die Forderungen des Gewerkschaftsbundes an die Regierung, mit denen eine fairere und effektivere Digitalisierung des Arbeitsmarktes vorangetrieben werden soll. Der Bundeskongress soll zwischen 12. bis 14. Juni im Wiener ACV abgehalten werden und soll unter dem Motto "Faire Arbeit 4.0 - vernetzt denken, solidarisch handeln" abgehalten werden. Es sei wichtig die Veränderungen am Arbeitsmarkt so früh wie möglich zu erkennen um diese auch mitgestalten zu können, erklärte der ÖGB-Präsident Erich Foglar am Rande der Präsentation des "Leitantrages". "

Alle, die von einem Arbeitgeber wirtschaftlich abhängig sind, sollen auch von Arbeitsrecht und Kollektivverträgen geschützt werden", so Foglar, der auch betonte, dass das neue Forderungsprogramm des ÖGB auch der Umgehung des Arbeitsrechts und der Scheinselbständigkeit "den Kampf ansagen" wolle.

ÖGB fordert: Der Technologischer Fortschritt muss allen dienen

Der ÖGB ortet beim Thema Digitalisierung gleich mehrere Problemfelder: Zum einen werde die Digitalisierung oft als "Deckmantel" für die Umgehung von Arbeitsrechtlichen Vorschriften missbraucht, zum anderen bestehe die reelle Gefahr, dass die Vorteile der stetig voranschreitenden Digitalisierung nur einem sehr geringen Teil der Gesellschaft (den "Herrschern über die Daten") zugute käme. Der ÖGB fordert auch deshalb einen verstärkten Kampf gegen "die Flucht aus dem Arbeitsrecht" und eine Modernisierung des Arbeiterbegriffs. Dieser sei in seiner jetzigen Form bereits am Beginn des 20. Jahrhunderts geschaffen worden und sei nicht mehr aktuell genug um modernen Ansprüchen gerecht werden zu können.

Kollektivverträge für alle

Ein Mittel zur Erreichung dieser Ziele sieht der ÖGB in den Kollektivverträgen. Diese seien die Grundlage für einheitliche und faire Arbeitsbedingungen und für eine gerechte Entlohnung, so Präsident Foglar. Der ÖGB will die Kollektivverträge als Grundlage aller Dienstverhältnisse implementieren und erhofft sich so einheitlichere und in letzter Konsequenz auch bessere Arbeitsbedingungen für alle Arbeitnehmer. Außerdem soll ein kollektivvertraglicher Mindestlohn von 1.700 Euro gesetzlich festgelegt werden, der für Männer und Frauen gleichermaßen Geltung haben soll.

Pluralistische Gesellschaft gefordert

Auch zu aktuellen Themen aus der Tagespolitik bezog der ÖGB in dem "Leitantrag" Stellung. Wer von Industrie 4.0 spreche, der müsse immer auch über Mitbestimmung 4.0 sprechen. Prinzipiell stehe der Gewerkschaftsbund, nach eigener Aussage, für eine pluralistische Gesellschaft ein, in der Frieden, Demokratie und soziale Gerechtigkeit "herrschen". Rassismus und Faschismus in jeglicher Form lehne man im ÖGB konsequent ab.

Chancen der Digitalisierung nützen

Im stetig steigenden Bedarf an IT-Fachkräften sieht der Gewerkschaftsbund auch Chancen, vor allem auch für weibliche Arbeitnehmer. Umso ärgerlicher sei es daher, dass der Beschäftigungsanteil der Frauen im IT-Bereich momentan nur bei schlappen 10% liege. Das aktuelle Ausbildungs- und Weiterbildungssystem versage hier auf kompletter Linie, da es bestehende Ungleichheiten lediglich weiter verstärken würde. Deshalb fordert der ÖGB auch eine großangelegte Bildungsoffensive 4.0, in der digitale Kompetenzen effektiver vermittelt werden sollen und in dem Frauen besser auf IT-Berufe vorbereitet werden sollen.

Plädoyer für den Sozialstaat

Der ÖGB sieht im Sozialstaat einen unentbehrlichen Akteur auf dem Arbeitsmarkt. Behauptungen, dass der Sozialstaat in Zukunft zunehmend umfinanzierbarer werden sollen, entbehren laut dem Gewerkschaftsbund jeder Grundlage. Solange auf politischer Ebene die Bereitschaft bestehe, den Sozialstaat auch weiterhin nachhaltig zu erhalten, solange sieht man im ÖGB auch die Finanzierung des Sozialstaates als sichergestellt an. Im Zuge des zunehmenden "sozialen Wandels", beispielsweise durch die "Individualisierung", sei es wichtiger denn je, faire und gleiche Rahmenbedingungen für alle Arbeitnehmer zu schaffen. (mat)