Politik

"Ohne jede Ambition" – Experte zerpflückt Budget

20,9 Milliarden Euro neue Schulden sieht das Budget 2024 vor. Franz Schellhorn, Chef der wirtschaftsliberalen Agenda Austria, übt scharfe Kritik.

Robert Zwickelsdorfer
Finanzminister Magnus Brunner (VP) bei seiner Budgetrede am 18. Oktober 2023 im Nationalrat.
Finanzminister Magnus Brunner (VP) bei seiner Budgetrede am 18. Oktober 2023 im Nationalrat.
Sabine Hertel

"Dieses Budget macht Österreich zukunftsfit." Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) sparte bei seiner Budgetrede nicht mit großen Worten. "Heute" fragte einen Experten, ob er diese Begeisterung teilt. Die klare Antwort: Nein. "Sozialdemokratische  Länder wie Dänemark schaffen trotz Krisen einen Budgetüberschuss. In Österreich fehlt es dagegen an jeder Ambition, den Staatshaushalt auszugleichen", sagt Agenda-Austria-Chef Franz Schellhorn. Und tatsächlich: Ausgaben vom 123,5 Milliarden Euro stehen Einnahmen von "nur" 102,6 Milliarden Euro gegenüber. Macht ein sattes Minus von 20,9 Milliarden.

"Österreich bräuchte Ausgabenbremse"

"Und diese roten Zahlen setzen sich in den nächsten Jahren fort", kritisiert Schellhorn. "Die ÖVP kann ihre Kritik an der roten Schuldenpolitik eigentlich aus dem Repertoire streichen, wenn jedes Jahr mehr ausgegeben als eingenommen wird." Insgesamt sei das Budget "ziemlich ernüchternd". Krisen hätten andere Länder auch, die kämen damit aber besser zurecht, so der Ökonom. Den Grund sieht er darin, dass es in diesen Ländern eine Ausgabenbremse gebe. "Eine solche Bremse bräuchte Österreich auch."

Statt der von Brunner versprochenen Investitionen in die Zukunft sei vieles im Budget 2024 eine "Hypothek auf die Vergangenheit". Der größte Schuldentreiber seien nach wie vor die Pensionen. So müsse jeder vierte Budget-Euro zum Stopfen des Pensionslochs verwendet werden. "Und die Rechnung schiebt die Regierung eiskalt den Jungen rüber", sagt Schellhorn. 

Verzicht auf neue Steuern positiv

Zu den wenigen positiven Aspekten zähle, dass die Regierung sich endlich dazu durchgerungen habe, die kalte Progression, also die schleichende Steuererhöhung, abzuschaffen. "Und sie hat den vielen Rufen widerstanden und keine neuen Steuern eingeführt. Dabei darf man allerdings nicht vergessen, dass wir vor einem Wahljahr stehen."

"Hilfszahlungen sind neue Normalität"

Schellhorn bleibt dabei: "Eine wirklich ambitionierte Rückkehr auf einen nachhaltigen Budgetpfad ist das nicht." Die Regierung unternehme nicht einmal den Versuch, das Budget auszugleichen. "Stattdessen sind die Ausgaben jedes Jahr höher als in den Corona-Jahren 2021 und 2022." So würden staatliche Hilfszahlungen zur "neuen Normalität": "Sind die Strompreise hoch, übernimmt die Rechnung der Staat. Sind die Lebensmittelpreise hoch, springt der Staat ein. Und so weiter." 

Dabei sei es egal, welche Regierungskonstellation gerade an der Macht sei: "Österreich ist und bleibt ein Vollkaskostaat." Und wie sehr ist das dem angesprochenen Wahljahr geschuldet? "Durch das Wahljahr wird jetzt sicher kein harter Sanierungskurs gefahren. Aber nicht jedes Jahr ist ein Wahljahr", fordert der Agenda-Austria-Chef ein Umdenken.

Finanzministerium kontert: "Österreich steht durchaus gut da"

Das Finanzministerium weist die Kritik von Schellhorn zurück. Österreich liege beim Defizit mit 2,7 Prozent des BIP "durchaus gut", wenn man sich jene Länder ansehe, die bereits ihre Budgets präsentiert hätten. So betrage jenes in Belgien 4,6 Prozent, in Frankreich seien es mit 4,4 Prozent wesentlich mehr als in Österreich , auch Italien liege bei 4,3 Prozent. Selbst in den Niederlanden seien es 2,9 Prozent. Insgesamt habe Österreich damit das sechstniedrigste Defizit von 16 analysierten Ländern. Nachsatz: Hätte man nicht so manche Wünsche abgewehrt, liege es auch in Österreich "viel höher".