Niederösterreich

Patient nicht operiert: "Weil es Not-OP in 4 Tagen gab"

Die Stimmung in Spitälern ist am Nullpunkt: OPs würden mit Lügen verschoben werden, Angriffe auf Personal nehmen zu, die Pflegeprämie sorgt für Ärger.

Im Spital Wr. Neustadt und anderen Kliniken in NÖ brodelt es gewaltig.
Im Spital Wr. Neustadt und anderen Kliniken in NÖ brodelt es gewaltig.
Daniel Schreiner

In den niederösterreichischen Landeskrankenhäusern rumort es gewaltig: Personalnotstand, Patienten die mit Lügen vertröstet werden sollen, Angriffe von Patienten aufs Personal und der nicht unumstrittene Bonus für Pflegekräfte spaltet zudem die Belegschaft. Und in Wr. Neustadt sorgt die Causa rund um einen Küchenchef zusätzlich für Wirbel.

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    Spital Wiener Neustadt
    Spital Wiener Neustadt
    Schreiner Daniel

    "Die Stimmung kippt, das Personal ist durch alle Berufsschichten unzufrieden, es gibt keinen Informationsfluss. Operationen werden mit Lügen verschoben. Etwa wurde an einem Donnerstag Ende Oktober ein Krebspatient angerufen, dass er am darauffolgenden Montag nicht auf der HNO im Spital Wr. Neustadt aufgenommen werden könne, weil eine Not-OP stattfinde. Das ist doch unfassbar - wie können die vier Tage vorher wissen, dass eine Not-Op stattfinden wird. Leittragend auf Grund der katastrophalen Personalpolitik sind nicht nur die geprügelten Mitarbeiter, sondern mittlerweile auch die Patienten", berichtet eine Krankenschwester aus dem Landesklinikum Wr. Neustadt.

    Krebspatient musste warten

    Eine Sprecherin des Landeskrankenhauses Wiener Neustadt zur OP-Verschiebung: "Es kann vorkommen, dass sich bei einem Patienten oder einer Patientin eine onkologische Situation plötzlich so ungünstig entwickelt, dass die Operation gegenüber anderen PatientInnen vorgezogen werden muss. Das ist im konkreten Fall geschehen. Konkret ist Folgendes passiert: Man hat in der Abteilung am Donnerstag erfahren, dass ein Patient dringend eine große Tumoroperation benötigt. Der schnellstmögliche Termin für diese Operation war der Montag, an dem sowohl Tisch als auch entsprechendes hochspezialisiertes Team zur Verfügung standen. Es war bei dem Betroffenen nötig, schnellstmöglich zu handeln. Aus diesem Grund wurde die andere, für diesen Termin geplante OP kurzfristig um wenige Tage verschoben. Für die betroffenen PatientInnen, deren OP verschoben wird, ist so ein Fall natürlich besonders unangenehm, weshalb uns diese Entscheidungen nicht leichtfallen. Dennoch müssen wir auf akute Entwicklungen bei anderen PatientInnen Rücksicht nehmen, die nicht planbar sind."

    Schwester mit Infusionsständer attackiert

    Ein weiterer Mitarbeiter des Krankenhauses Wiener Neustadt berichtet über eine steigende Zahl von Übergriffen von Patienten auf das Personal: "Besuchsbeschränkungen wegen Corona werden vor allem von ausländischen Besuchern nicht ernst genommen. Erst kürzlich wurde eine Schwester mit einem Infusionsständer attackiert. Einige Besucher oder Patienten wollen sich von Frauen einfach nichts sagen lassen. Das Sicherheitspersonal hat leider wenig Handhabe." Darüber werde aber einfach ein Mantel des Schweigens ausgebreitet.

    Stiller Notruf "DISTY"

    Dazu meint die Sprecherin: "Es gibt im LK Wiener Neustadt Prozesse zu diesem Thema, das sehr ernst genommen wird. Beispielsweise gibt es für unser Personal Deeskalationsschulungen und die Möglichkeit einer Supervision. Eine Zunahme an Übergriffen konnten wir im Landesklinikum Wiener Neustadt nicht feststellen. Zur raschen Unterstützung Betroffener in einer solchen Situation wurde ein stiller Notruf „DISTY“ etabliert."

    "Es gibt einen Notfallknopf am Arm im Falle von Gewalt" - so eine Sprecherin des Spitals zu Übergriffen

    "Er sieht aus wie eine Armbanduhr und löst per Knopfdruck einen automatisierten Rundruf aus, bei dem einerseits Kolleginnen und Kollegen als Ersthelfer als auch die Betriebsfeuerwehr zu einem Übergriff gerufen werden. Auf dem Display erscheint ein definierter Ort in einem betroffenen Bereich, zusätzlich erhalten die Ersthelfer und Unterstützer eine Audiotextansage, wo genau der Notfall stattfindet. Ärztliches und pflegerisches Personal, das mit physisch und/oder psychisch gewalttätig agierenden Personen konfrontiert wird, erhält so im Notfall rasche Unterstützung", so die Pressesprecherin des Wr. Neustädter Klinikums weiter.

    Pflegebonus ungerecht

    Die Auszahlung des Pflegebonus sorgt in vielen Spitälern zudem für großen Unmut. Denn Reinigungskräfte, nicht diplomierte OP-Kräfte, Ärzte würden den Bonus nicht erhalten. "Auch einige Pfleger, die den Bonus erhalten, sind angepisst. Klar, viele freuen sich zwar über den Geldsegen, aber die meisten sagen: Entweder alle, oder keiner", so eine Mitarbeiterin aus der Verwaltung eines Spitals im Süden Niederösterreichs. Laut Klinik würden die Mitarbeiter über die laufenden Entwicklungen informiert werden. Und: Nur NÖ stockte den Pflegebonus um 500 Euro auf - alles dazu hier.

    Kein Zivilverfahren gegen Küchenchef

    Im Fall eines Küchenchefs aus Wr. Neustadt, Baden und Mödling, der Lebensmittel abgezweigt und für einen Ekel-Skandal im Klinikum Wr. Neustadt gesorgt hatte und am Landesgericht in Wr. Neustadt verurteilt worden war, fühlen sich viele Mitarbeiter auch vera*****: Denn Konsequenzen in der Führungsetage, wo diese Unregelmäßigkeiten jahrelang unbemerkt geblieben waren, gab es praktisch keine. Und es wird nicht einmal ein Zivilverfahren gemacht", berichtet ein Arzt aus dem Landeskrankenhaus Wr. Neustadt.

    Die Sprecherin des Spitals dazu: "Über ein außergerichtliches Angebot wird aktuell verhandelt. Sollte es zu keiner außergerichtlichen Einigung kommen, wird ein Zivilerfahren angestrebt."