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ORF-Favorit Weißmann mit GIS-Kampfansage an Onlineuser

Roland Weißmann ist stellvertretender ORF-Finanzchef und Chefproducer des Öffentlich-Rechtlichen. Jetzt will er den Top-Job als ORF-Generaldirektor. 

Heute Redaktion
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Roland Weißmann, 53: Er ist momentan stellvertretender ORF-Finanzchef und Chefproducer
Roland Weißmann, 53: Er ist momentan stellvertretender ORF-Finanzchef und Chefproducer
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Seine Chancen dürften laut Polit-Gerüchten nicht schlecht stehen. Die Regierungsparteien wollen dem 53-Jährigen bei der Wahl des neuen Generaldirektors im Stiftungsrat angeblich ihre Stimmen geben. Weißmann spricht mit uns darüber, was er im ORF verändern will. 

Sind die Gebühren für den ORF ausreichend oder müssen sie erhöht werden? Und: Warum müssen sie überhaupt beibehalten werden?

Gebühren garantieren die solide Finanzierung vieler Lieblingsprogramme der Österreicherinnen und Österreicher. Sie ermöglichen zum Beispiel die ZiB, der ein Millionenpublikum vertraut und die in Zeiten der Verunsicherung und der Fake-News besonders wichtig ist. Klar ist aber auch, dass die meisten Österreicherinnen und Österreicher zuerst einmal keine Gebührenerhöhung wollen. Wenn man dann erklärt, was mit dem Geld geschieht, ändert sich die Meinung schnell. Der ORF unterliegt auch seit Jahren einem sehr rigiden Sparprogramm und die Ergebnisse des Konzerns können sich sehen lassen. In letzter Instanz ist die Frage der Gebührenerhöhung aber eine, die die Politik entscheiden muss. Wir machen unter allen Umständen das Beste daraus.

"In letzter Instanz ist die Frage der Gebührenerhöhung aber eine, die die Politik entscheiden muss. Wir machen unter allen Umständen das Beste daraus." 

Sportangebot: Welche Pläne haben Sie? Werden Sie mehr Geld in die Hand nehmen, um zum Beispiel wieder mehr Fußballübertragungsrechte kaufen zu können?

Sportrechte sind ganz essentiell für den ORF, wie man zuletzt ja auch an den Quoten der EM oder Olympia gesehen hat. Ich werde diesen strategischen Kurs beibehalten und wenn notwendig hier auch verstärkt Kooperationen suchen. Ziel muss es sein, den Österreicherinnen und Österreichern möglichst attraktive Sport-Events zu zeigen - und das nicht hinter einer Paywall.

Serien: Ist dafür mehr Budget nötig, auch angesichts der Konkurrenz der Streamingangebote?

Das österreichische fiktionale Programm ist nicht nur im linearen Fernsehen wichtig und identitätsstiftend, es wird auch im non-linearen Bereich, konkret im ORF-Player, eine wichtige Rolle spielen. Wir befinden uns auch in der Produktion in einer Umbruchphase: Sollte der Gesetzgeber dem ORF die Online-Only-Produktion ermöglichen, werden andere Budgetvorgaben gelten. Hier erwarte ich mir auch für den fiktionalen Bereich wichtige Impulse.

Wie will man gegen wachsende Konkurrenz durch Streamingangebot bestehen?

Einerseits werden wir eigene Plattformen entwickeln müssen, andererseits möchte ich in Österreich und Europa noch mehr kooperieren, weil wir nur gemeinsam stark genug sind. Wir müssen jetzt beginnen, unsere Kräfte zu bündeln. Unser Alleinstellungsmerkmal ist definitiv die bekannte Qualität unserer Inhalte und die regionale Nähe, die wir zum Publikum haben. Aus diesen beiden Gründen sind wir das größte Medienunternehmen des Landes. Nun müssen wir diese Werte auch online stärker verankern. Dafür brauchen wir aber die Unterstützung der Politik, weil die gesetzlichen Rahmenbedingungen dafür noch nicht geschaffen wurden.

Haben Sie konkrete Pläne, bestimmte Sendungen, Formate etc. zu streichen? Wenn ja, welche? Haben Sie konkrete Pläne, bestimmte Sendungen, Formate einzuführen? Wenn ja, welche?

Ich habe in meinem Konzept bewusst keine konkreten neuen Sendungen beschrieben. Verantwortung gilt es zu tragen - und abzugeben. Ich bin ein Team-Spieler, für unsere Inhalte zeichnen sich die Programm- bzw. Radio-Direktion verantwortlich, und das ist gut so. Inhalte können nur aus unseren Redaktionen von unseren kreativen Programm-Macherinnen und -Machern kommen.

Soll orf.at weiter klassisch als "blaue Seite" geführt werden oder Video-only den ORF-Player anbieten (hier gab es politische Überlegungen)?

Unser blaue Seite orf.at genießt als verlässliches Nachrichtenangebot eine sehr hohe Akzeptanz bei den Österreicherinnen und Österreichern. Der Trend im Internet geht aber ganz klar hin zu Bewegtbild. Darauf reagieren wir im Rahmen des bestehenden ORF-Gesetzes. Ziel ist es, langfristig den Videoanteil auf orf.at zu erhöhen. Um hinsichtlich Usability und Umfang den Publikumsbedürfnissen langfristig zu entsprechen, brauchen wir aber eine Novellierung des ORF-Gesetzes.

Wird der ORF unter Ihrer Führung TikTok-Only-Redakteure einstellen und sollen News nur für TikTok produziert werden?

Entscheidend ist, dass der ORF seine Social-Media-Präsenz insgesamt ausbaut - das erwartet sich sein Publikum und es ist essentiell dafür, dass wir die jungen Generationen adäquat erreichen. Dafür benötigen wir auf jeden Fall qualifizierte Redakteurinnen und Redakteure, die mit den sozialen Medien aufgewachsen sind und ihre Logiken verstehen, egal ob das Facebook, Instagram oder TikTok ist. Natürlich sollten Nachrichten für TikTok erstellt werden - wie für alle anderen jeweils relevanten sozialen Plattformen, auf denen sich unser Publikum aufhält.

"Entscheidend ist, dass der ORF seine Social-Media-Präsenz insgesamt ausbaut."

Ö3 altert seit Jahren mit seinen HörerInnen. Gibt es Überlegungen für ein neues "Jugend-Radio", soll eventuell FM4 dazu umpositioniert werden?

Die Marken Ö3 und FM4 gehören nicht nur zu den bekanntesten Marken, die wir in unserer Flotte haben, sondern erreichen auch täglich verlässlich ein treues Stammpublikum. Ich sehe aber auch die große Chance, diese starken Marken stärker in der digitalen Welt zu verankern und mit frischem Online-First Content neue Zielgruppen anzusprechen.

Sollen GIS-Gebühren auch für Online-only-User anfallen? Soll der ORF-Player an die GIS gekoppelt sein?

Die sogenannte “Streaminglücke” ist aus einem veralteten Verständnis des Begriffes “Rundfunk” entstanden. Warum soll jemand, der Dancing Stars im Fernsehen sieht zahlen, online auf einem Computer hingegen nicht? Hier werden die Gebührenzahler ganz klar benachteiligt. Es ist daher durchaus denkbar, dass der ORF zukünftige Online-Angebote nur für Gebührenzahler freischaltet.

Was kann aus ORF 1 werden, Serien werden von Jungen beinahe ausschließlich via Netflix und Amazon konsumiert?

Der internationale Film- und Serienmarkt ist im Umbruch, der Wettbewerb brutal. ORF 1 ist nach wie vor Marktführer in der angepeilten Zielgruppe. Wir werden weiterhin verstärkt auf österreichisches Infotainment und Unterhaltung setzen, auch Premium-Sport wird vom Publikum stark gewünscht. Auch wenn die Finanzierung immer schwieriger wird, haben wir hier einen klaren Auftrag. An diesem möchte ich festhalten, damit nicht noch mehr Sport-Events hinter Paywalls verschwinden.

"Es sollen nicht noch mehr Sport-Events hinter Paywalls verschwinden." 

Sollen ORF-Redakteure auch in Zukunft ohne Einschränkung auf Social Media aktiv sein dürfen?

Es gibt derzeit sehr klare Social-Media-Richtlinien für die Aktivität von ORF-Redakteuren in den sozialen Medien. Wir richten uns hier nach internationalen Best-Practice-Beispielen und werden das auch weiterhin so handhaben.

Wie stehen Sie zu Plänen, den ORF bzw. einzelne Sender (etwa ORFeins) zu privatisieren?

Der ORF genießt, wie alle anderen öffentlich-rechtlichen Medien in Europa, ein sehr hohes Vertrauen in der Bevölkerung. Dieses Vertrauen ist direkt ableitbar von seinem gesetzlich festgeschriebenen Auftrag und von der Tatsache, dass er eine Stiftung öffentlichen Rechts ist. Die Gesellschaft braucht einen starken, unabhängigen ORF - und dieser ist nur in seiner Breite stark.

Das sind die Bewerber für den ORF-Job

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