Politik

Warum beim GIS-freien ORF trotzdem alle zahlen

Heute Redaktion
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Die FPÖ bläst wieder zum Angriff auf die "ORF-Zwangsgebühren". Es ist eine komplexe Debatte – denn neben Fragen der Finanzierung ist auch die Unabhängigkeit Thema.

FPÖ-Finanzstaatssekretär Hubert Fuchs ließ am Sonntag in der ORF-"Pressestunde" ein Herzensthema des FPÖ-Vizekanzlers Heinz-Christian Strache wieder aufleben, nachdem es zuletzt ruhig geworden war: die Abschaffung der ORF-Gebühren.

Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Was kostet der ORF und woher kommt das Geld?

Derzeit finanziert sich der ORF – dazu zählen vier Fernsehprogramme, zwölf Radiosender, ORF.at, neun Landesstudios, das ORF-Korrespondentennetz und mehr – über zwei Einkommenssäulen: Gebühren und Werbung.

Im Jahr 2017 lukrierte der ORF Umsatzerlöse von 1,039 Milliarden Euro. Über Programmentgelte wurden 624,8 Millionen Euro eingenommen, der mit Abstand größte Brocken. Dazu kamen 232,6 Millionen aus Werbung und 181,5 Millionen aus "sonstigen Umsatzerlösen" – also etwa Einnahmen durch Lizenzen.

Woher soll das Geld dann kommen?

Sollten die GIS-Gebühren – wie von der FPÖ gewünscht – wegfallen, müssten die Mittel aus dem Budget kommen. Übersetzt: aus Steuergeldern. Dann würde jeder Steuerzahler den ORF mitfinanzieren. Selbst bei einem Sparkurs wären die Kosten hoch. Dabei nicht zu vergessen: Eines der wichtigsten Ziele von Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) ist das Nulldefizit. Zusätzliche Kosten sind da natürlich nicht zuträglich.

Wie sieht es mit der Unabhängigkeit des ORF aus?

Die Unabhängigkeit sei "ganz sicher nicht in Gefahr", versicherte Fuchs. "Wir wollen den ORF überhaupt nicht an die Kandare nehmen." Man könne einen Budgetrahmen über mehrere Jahre vereinbaren, um zu verhindern, dass der ORF jedes Jahr um eine Inflationsanpassung verhandeln müsste. "Die Gebührenfinanzierung durch eine Finanzierung aus dem Bundesbudget zu ersetzen, würde den ORF noch mehr vom Wohlwollen der Regierungsparteien abhängig machen", kritisiert hingegen der ORF- Redakteursausschuss.

Wer ist zuständig?

Obwohl Fuchs ausführlich über das Thema sprach, ist das Finanzressort nicht zuständig. Medienminister Gernot Blümel (ÖVP) ist mit der ORF-Reform befasst, seine Position zum Thema sei unverändert, teilte eine Sprecherin gegenüber dem "Standard" mit: "Die Finanzierung sei nicht entscheidend für die Zukunft des ORF – sondern ein Konsens darüber, dass seine Finanzierung notwendig ist. Dafür gebe es in verschiedenen Ländern verschiedene Modelle."

Was sagt die Opposition dazu?

SPÖ-Bundesgeschäftsführer Thomas Drozda ließ bereits per Aussendung wissen, was er von dem FPÖ-Wunsch hält: gar nichts. "Hier bahnt sich offenbar ein weiterer Versuch der Gängelung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks an", so Drozda. "Die SPÖ jedenfalls bekennt sich zur Unabhängigkeit des ORF, die auch über die Finanzierung sichergestellt werden muss."

Wie würde eine Volksabstimmung ausgehen?

Das ist unklar. In der Schweiz hatte die Bevölkerung vor einem Jahr mit über 70 Prozent gegen eine Abschaffung der Gebühr von jährlich 451 Schweizer Franken (392 Euro) gestimmt. In Folge der Diskussion wurde die Summe 2019 auf 365 Franken pro Jahr reduziert. Fuchs geht davon aus, dass die Österreicher für eine Abschaffung stimmen würden, weil es ja eine Entlastung bedeuten würde. ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz ist anderer Meinung, wie er bereits im "Heute.at"-Interview im Herbst bekundete.

Ist das alles schon beschlossene Sache?

Nein. Die FPÖ wünscht sich die Abschaffung der Gebühren, fixiert ist das aber nicht. Dem Vernehmen nach ist die ÖVP dagegen. Es wird sich erst weisen, ob die Koalition eine Einigung erzielt.

Was hat die GIS-Sammelklage damit zu tun?

Wenig bis nichts. Denn dort geht es nicht um die Abschaffung oder Rückerstattung der Gebühren, sondern die Umsatzsteuer. Im Juni 2016 hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) festgestellt, dass die tschechische Rundfunkgebühr zu Unrecht mit Umsatzsteuer verrechnet wird, weil diese nicht freiwillig gezahlt wird. Laut dem Prozessfinanzierer "Advofin" gilt das auch für den ORF. Dieser wiederum verweist auf den EU-Beitrittsvertrag. In diesem ist festgehalten, dass der ORF die Gebühr einheben darf. Die Klage läuft noch. (lu)