Politik

Ösi-Erdogan: Stört Sie dieser Titel, Herr Kurz?

Der neue VP-Obmann Sebastian Kurz im "Heute"-Interview über vorgezogene Wahlen, seine besten Köpfe und ob Macron Vorbild für ihn ist.

Heute Redaktion
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„Heute": Sie sind seit wenigen Stunden ÖVP-Obmann. Soll ich gratulieren oder eher Beileid wünschen?

Sebastian Kurz (lacht): Es ist jedenfalls eine große Herausforderung. Mit den Veränderungen, die wir vorgenommen haben, kann der Obmann nun personell entscheiden und inhaltlich die Linie vorgeben.

„Heute": Aber man braucht schon auch eine Spur Masochismus für so einen Job, oder?

Kurz: Das stimmt für die Vergangenheit, darum waren sich jetzt auch alle darüber einig, dass es so, wie es war, nicht weitergehen kann.

„Heute": Haben Sie, wie Kritiker sagen, monatelang am Sessel von Herrn Mitterlehner gesägt und ihn dann gestürzt?

Kurz: Nein, wir haben uns in der Frage, wer Spitzenkandidat der nächsten Wahl wird, immer freundschaftlich ausgetauscht.

„Heute": Es war lange klar, dass Sie VP-Obmann werden, nur nicht wann. Seit wann arbeiten Sie schon am Plan K?

Kurz: Ich habe mir nach dem Rücktritt von Reinhold Mitterlehner bewusst Zeit genommen, viel darüber nachgedacht, was richtig ist für das Land und wie die VP verändert werden muss.

„Heute": Wie viele Stunden haben Sie seither telefoniert?

Kurz: Viele, ich habe in der ÖVP Überzeugungsarbeit geleistet, dass meine Vorstellungen akzeptiert werden. Ich habe auch viel mit dem Kanzler und dem Bundespräsidenten gesprochen, weil es mir wichtig ist, dass wir in diesem Land geordnete Verhältnisse haben.

„Heute": Gab es in der ÖVP auch welche, die zu Ihnen – in anderen Worten natürlich – gesagt haben: Geh dich brausen?

Kurz: Ich weiß, dass ich einigen sehr viel abverlangt habe.

„Heute": In sozialen Medien wurden Sie Ösi-Erdogan genannt. Empört Sie der Titel?

Kurz: Es ist einfach absurd.

„Heute": Wann ist die Entscheidung für den Namen „Liste Sebastian Kurz – die neue Volkspartei" gefallen?

Kurz: In den letzten Tagen.

„Heute": Warum treten Sie nicht als ÖVP an. Genieren Sie sich für die Partei?

Kurz: Nein, die ÖVP hat eine unfassbare Stärke in den Regionen, da gibt es tolle Menschen, die sich ehrenamtlich engagieren. Aber auf Bundesebene ist es nötig, dass wir an Breite gewinnen. Wir brauchen hier neue Köpfe, die Experten sind in ihren Bereichen und einen Beitrag füs Land leisten wollen.

„Heute": Wie wollen Sie diese besten Köpfe einbinden?

Kurz: Auf drei Ebenen. Es soll einen Beraterstab geben. Dann will ich Menschen dafür gewinnen, mit mir im Rahmen der Bewegung zu kandidieren, um dann als Abgeordnete im Parlament zu arbeiten. Sollten wir nach der nächsten Wahl regieren, dann werde ich die besten Köpfe ins Regierungsteam holen.

„Heute": Von welcher Gruppe Menschen reden wir hier?

Kurz: Bitte lassen Sie sich überraschen.

„Heute": Ist Frankreichs neuer Präsident, Emmanuel Macron, ein Vorbild für Sie?

Kurz: Die Art und Weise, wie er Menschen an Bord geholt hat, die sich bisher nicht politisch engagiert haben, das bewundere ich. Es gibt auch viele Bereiche, wo wir inhaltlich durchaus auf einer Linie sind und Bereiche, wo ich andere Ansätze habe.

„Heute": Wann wählen wir denn nun?

Kurz: Ich unterstütze den Vorschlag der Opposition, die Wahlen am 8. oder 15. Oktober abzuhalten. Bis dahin sollte man in Ruhe die fertig verhandelten Projekte des Regierungsprogramms abarbeiten und dann einen kurzen und vor allem fairen Wahlkampf führen