Politik

Osteopathen & Co fürchten um ihren Job

Laut neuem Gesetz könnte jetzt auch die gesamte Komplementärmedizin nur mehr von Ärzten ausgeführt werden dürfen. Das sorgt für Widerstand.

Heute Redaktion
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Das neue Ärztegesetz weitet die Befugnisse der Ärzte aus. Unklar ist, wie es jetzt beispielsweise mit den Bereichen Physio- und Osteopathie weitergehen soll.
Das neue Ärztegesetz weitet die Befugnisse der Ärzte aus. Unklar ist, wie es jetzt beispielsweise mit den Bereichen Physio- und Osteopathie weitergehen soll.
Bild: iStock

Der Entwurf zum neuen Ärztegesetz, der sich momentan gerade in Begutachtung befindet, sieht eine großflächige Ausweitung der ärztlichen Befugnisse vor. Künftig könnten auch alle komplementär medizinischen Tätigkeiten, wie etwa Akkupunktur, Homöopathie oder Dietologie, nur mehr von Ärzten ausgeführt werden dürfen bzw. sie müssen Behandlungen künftig per Überweisung beauftragen.

Hintergrund ist eine Änderung des § 2 des Ärztegesetzes aus dem Jahr 1998, deren Auswirkungen noch unklar erscheinen. Bislang hatte der Arztberuf "jede auf medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnissen begründete Tätigkeit" erfasst, jetzt sollen aber eben auch "komplementär- oder alternativmedizinische Heilverfahren" nur mehr von Ärzten durchgeführt werden dürfen.

Betroffene Berufsgruppen protestieren

Wie der ORF berichtet, sorgt die Reform-Ankündigung für wenig Begeisterung bei den betroffenen Berufsgruppen. Für Gabriele Jaksch, Präsidentin des Dachverbands der medizinisch-technischen Dienste Österreich (MTD-Austria), ist die Reform darüber hinaus auch "gar nicht nötig", schließlich habe sich der Gesetzgeber bei seinen früheren Regelungen in den einzelnen Berufsgesetzen "ja etwas gedacht". Warum die Ärztekammer jetzt auf die Reform poche, darüber könne man nur Vermutungen anstellen, so Jaksch gegenüber ORF.at.

Osteopathen fürchten um Berufsbild

Wie weitreichend die Folgen der Reform sein könnten, zeigt sich etwa am Beispiel der Osteopathie. Diese medizinische Heilmethode ist in Österreich noch immer gesetzlich definiert, sollten jetzt tatsächlich nur mehr Ärzte als Osteopathen tätig werden dürfen, dann könnte dies das Ende der Osteopathie in Österreich bedeuten, warnt Diana Stöckl, die Präsidentin der Gesellschaft für Osteopathie (ÖGO). Stöckl weist daraufhin hin, dass nur 40 der rund 440 Mitglieder ihres Vereins auch Ärzte seien, mit diesen 40 Personen würde sich die osteopathische Versorgung aber nicht länger aufrecht erhalten lassen.

Die Osteopathie ist eine ganzheitliche Methode, die zu Diagnose und Therapie die Hände einsetzt. Die wichtigsten Grundlagen sind das Funktionieren des menschlichen Körpers als Einheit, seine Fähigkeit zu Selbstregulation und Selbstheilung, sowie das Wechselspiel von Struktur und Funktion. Die Osteopathie umfasst die Arbeit an allen Körperstrukturen: Knöchernes Skelett, Muskeln, Faszien, Innere Organe, Cranium etc.

Voraussetzung dafür ist ein exaktes Grundlagenwissen in Anatomie, Physiologie und Pathologie, ebenso wie eine umfassende, jahrelange Schulung der palpatorischen Fähigkeiten.

Um eine möglichst umfassende Betreuung der Patienten zu gewährleisten, arbeiten Osteopathen eng mit anderen medizinischen Fachrichtungen zusammen.

In eine ähnliche Kerbe schlägt auch der Leiter der Wiener Schule für Osteopathie (WSO), Raimund Engel. Er wundert sich offen über die Rolle der Ärztekammer bei der Reform. Diese würde sich einerseits lautstark über den Ärztemangel in Österreich beschweren, das jetzt vorgeschlagene Gesetz würde diesen aber nur noch weiter intensivieren, so Engel. "Das passt nicht zusammen", so der Schulleiter.

Auch Netdoktar.at warnt vor Widersprüchen im Gesetz

Für Ludwig Kaspar, Chef des medizinischen Teams bei netdoktor.at, ist die Reform in ihrer aktuell vorgeschlagenen Form ein Widerspruch in sich. Ärzte seien der "Wissenschaft verpflichtet", ihnen jetzt auch alternative Heilmethoden, wie etwa auch Geistheilungen, zu überschreiben, berge viele Gefahren, warnt Kaspar. Dieses Problem stelle sich vor allem bei der solidarischen Finanzierung von Heilbehandlungen. Von der Allgemeinheit finanzierte Behandlungen müssten immer auch auf wissenschaftlich fundierten Kenntnissen basieren, so Kaspar. Die jetzt angedachte Reform drohe aber genau diese wissenschaftliche Fundierung der Medizin auszuhöhlen.

Ärztekammer betont: "Nicht unsere Initiative"

Ärztekammer-Sprecher Michael Heinrich hingegen kann die Befürchtungen rund um die Neuregelung der komplementärmedizinischen Behandlungsformen nicht nachvollziehen. Seiner Meinung nach gehe es bei der Reform keineswegs um eine Ausweitung der ärztlichen Befugnisse, außerdem ändere sich aus Sicht der Ärztekammer auch nichts am grundlegenden System, Ärzte würden auch weiter wie bisher an untergeordnete Gesundheitsbereiche, wie etwa an die Physiotherapie, delegieren dürfen. "Mann darf nicht glauben, dass es dann nicht auch viele Ärzte geben wird, die das ausnutzen werden", so Kaspar abschließend.

Das Gesundheitsministerium erklärt gegenüber ORF.at zudem, dass es im Falle von medizinischen Behandlungen, die durch "nicht berechtigte" Personen ausgeführt würden, es künftig auch zu Verwaltungsstrafen kommen könnte. Das bedeutet, das auch eine Physiotherapie ohne vorherige ärztliche Überweisung in Zukunft zu empfindlichen Strafen für die Therapeuten selbst führen könnte.

(red)