Politik

ÖVP-Parteitag: Heiße Debatte um Wahlrecht

Heute Redaktion
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Am Dienstag hielt ÖVP in der Wiener Hofburg ihren 37. Bundesparteitag ab. Neben der Einigung auf ein neues, auf einer Mitgliederbefragung basierenden Grundsatzprogramms wurde auch das neue Parteistatut mit einer 40-prozentigen Frauenquote in den ÖVP-Gremien beschlossen. Das von der Jungen ÖVP vorgeschlagene Mehrheitswahlrecht scheiterte an einer einzigen Stimme.

Die 420 stimmberechtigten Delegierten stimmen elektronisch über die einzelnen Kapitel und Anträge zum neuen Grundsatzprogramm und Parteistatut ab. Listen auf Landes- und Bundesebene sollen nach einem Reißverschlussystem erstellt werden. Neu ist auch eine 40-Prozent-Frauenquote in den Parteigremien.

Der bisher aus 40 Personen bestehende Vorstand wurde um die Hälfte verkleinert, neben Parteichef und Stellvertretern werden künftig nur noch Landesparteichefs und Teilorganisationen zu finden sein.

Parteichef Reinhold Mitterlehner hatte den Parteitag eröffnet: "Wir müssen uns verändern, weil sich die Welt verändert und das auch weiter immer schneller tut. Darum haben wir uns entschieden, unser Parteiprogramm, das mittlerweile 20 Jahre alt ist, zu erneuern". Mitterlehner wehrte sich gegen die schon vor dem Beschluss des Programms geübte Kritik, es sei zu wenig revolutionär. Man habe "nicht den Anspruch, alles Alte über Bord zu werfen".

Kurz und Khol bei Wahlrecht uneinig

Eine heftige Diskussion entbrannte beim Thema Wahlrecht. JVP-Bundesobmann Sebastian Kurz forderte die Stärkung des Persönlichkeitswahlrechts. Die JVP brachte einen Abänderungsantrag zum Programmentwurf ein, in dem sie sich für ein minderheitenfreundliches Mehrheitswahlrecht ausspricht, der von der NÖ-Landtagsabgeordneten Bettina Rausch vorgestellt wurde. Demnach sollte die bundesweit erstplatzierte Partei einen Mandatsbonus erhalten, wodurch sie knapp unter der absoluten Mehrheit der Mandate liegen würde.

Seniorenbund-Obmann Andreas Khol kritisierte das Modell der Parteijugend als "heißen Eislutscher". Khol sagte, er wolle Wahlsiege "nicht durch juristische Tricks" erringen. Kurz entgegnete, dass das derzeitige System "Frust und Blockaden" verursache. Der Abänderungsantrag scheiterte schließlich mit 66,58 Prozent Zustimmung an einer einzigen Stimme, 66,66 Prozent wären notwendig gewesen.

Gar nicht umstritten war ein Antrag von Wirtschaftsbund, Bauernbund und ÖAAB. Der Vorstoß zum "Schutz des Eigentums" und zur "Sicherung der Eigentumsrechte" wurde mit 323 zu vier Stimmen angenommen. Eigentum soll demnach steuerlich möglichst wenig belastet werden.

Merkel schickte Videobotschaft

Die Deutsche Bundeskanzlerin und CDU-Vorsitzende Angela Merkel wünschte der ÖVP via Videobotschaft "einen erfolgreichen Abschluss der Weiterentwicklung der Volkspartei". "Mit neuem Parteiprogramm und neuem Parteistatut gehen Sie jetzt den nächsten Schritt auf dem Weg in eine starke Zukunft für die ÖVP", sagte die Bundeskanzlerin.
Die Eckpunkte:


Demokratie und Staat: Einführung eines mehrheitsfördernden Wahlrechts, Bekenntnis zur allgemeinen Wehrpflicht und einem "leistungsfähigen Bundesheer mit Miliz-Charakter".
Leben und Umwelt: Einführung von Selbstbehalten im Gesundheitssystem bei gleichzeitiger Reduktion der Sozialversicherungsbeiträge. Gemeint ist damit: Wer sich etwa fit hält, nicht raucht, zahlt beim Arzt weniger.
Bildung und Kultur: Bekenntnis zum Gymnasium und Forderung nach mehr Schulautonomie
Europa und die Welt: EU-Erweiterung um Westbalkanstaaten, Verteidigungsunion mit gemeinsamer europäischer Armee.
Ökosoziale Marktwirtschaft: Nachhaltiger Stopp der Neuverschuldung, Förderung des Erwerbs von Eigentum.
Gesellschaft und Generationen: "An den Bedürfnissen unseres Landes orientierte" Zuwanderung. Kurzfristig eingebracht: ein Antrag, der ein "Bekenntnis zum Bargeld als verbreitetes Zahlungsmittel" vorsieht.