Wien

Parkpickerl: Jetzt reden die Bezirkschefs!

Für fünf Wiener Bezirke ist die flächendeckende Kurzparkzone Neuland. Wie die Bezirkschefs dazu stehen und was sie sich vom Pickerl erhoffen.

Yvonne Mresch
Teilen
Start für das Parkpickerl in ganz Wien: Mobilitätsstadträtin Ulli Sima (2.v.re.) sprach von einem "Meilenstein des Klimaschutzes."
Start für das Parkpickerl in ganz Wien: Mobilitätsstadträtin Ulli Sima (2.v.re.) sprach von einem "Meilenstein des Klimaschutzes."
Denise Auer

Seit 1. März gilt in ganz Wien das Parkpickerl. Während für 18 Wiener Bezirke keine großen Neuerungen anstehen, bewegt man sich mit den flächendeckenden Kurzparkzonen in der Donaustadt, Floridsdorf, Simmering, Hietzing und Liesing auf ungewohntem Terrain. Die Bezirksvorsteher sehen das aber großteils positiv.

Simmering: "Mehr Lebensqualität für die Bewohner"

Bezirkschef Thomas Steinhart (SPÖ) zeigt sich erfreut über die flächendeckende Kurzparkzone in Simmering.
Bezirkschef Thomas Steinhart (SPÖ) zeigt sich erfreut über die flächendeckende Kurzparkzone in Simmering.
SPÖ Simmering

In Simmering galt das Parkpickerl bisher nur in Teilen des Bezirks. Dadurch stellte sich ein Verdrängungseffekt ein, wie Bezirksvorsteher Thomas Steinhart (SPÖ) erklärt. "Sehr viele Nicht-Wiener verstellten die Parkplätze", führt er aus und stellt klar: "Die Bewohner hatten damit natürlich Probleme."

Auch Steinhart kann dem Parkpickerl viel abgewinnen und erhofft sich durch die neue Regelung vor allem eines: Mehr Lebensqualität im Bezirk - nicht zuletzt durch die "gewonnenen" Parkplätze für die Simmeringer.

Auf eventuelle Problematiken, die im Zusammenhang mit der flächendeckenden Kurzparkzone auftreten könnten, geht der Bezirkschef allerdings nicht ein. Pendler könnten freie Garagenplätze oder private Freifläche, auf denen Parkplätze vermietet werden, nützen. Er verspricht aber: "Wenn Probleme auftreten, die in die Kompetenz des Bezirks fallen, werden wir uns um Lösungen bemühen."

Hietzing: "Keine wesentliche Entlastung für den Bezirk"

ÖVP-Bezirkschefin Silke Kobald kritisiert wünscht sich eigene Regelungen für stark frequentierte Orte wie das Schloss Schönbrunn.
ÖVP-Bezirkschefin Silke Kobald kritisiert wünscht sich eigene Regelungen für stark frequentierte Orte wie das Schloss Schönbrunn.
Bild: Sabine Hertel

Dass Hietzing ein Parkplatzproblem hat, steht für Bezirksvorsteherin Silke Kobald (ÖVP) außer Frage. Zusätzlich zur Überparkung durch Pendler, speziell entlang der U4 und der Straßenbahnlinie 60 von Speising bis Althietzing und der prekären Parkplatzsituation rund um das ORF Zentrum seien vor allem an den Wochenenden Schönbrunn und der Lainzer Tiergarten Hotspots. Aus diesem Grund hätte man sich nicht zuletzt an der meistbesuchtesten Sehenswürdigkeit Österreichs eine andere Lösung gewünscht. Hier werde es unbedingt Anrainerparkplätze brauchen, sagt die Bezirkschefin - ebenso entlang der Öffis.

Eine wesentliche Entlastung sieht Kobald durch das Parkpickerl nicht: "Entlang der U4 und der Straßenbahnlinie 60 ist der Stellplatzdruck bereits groß. Freie Parkplätze nahe der Öffis werden immer heiß begehrt bleiben." Die Hietzinger Bezirkschefin übt Kritik an der Stadt Wien: Man unternehme nichts, um eine Parkmöglichkeit für pflegende Angehörige, Mütter und Väter mit Betreuungspflichten für Kinder oder allgemein für Familienbesuche zu schaffen. "Gerade nach zwei Covid-Jahren wäre es geboten das Miteinander möglichst zu fördern, anstatt soziale Kontakte zusätzlich zu erschweren."

Reagieren möchte man auf die Probleme im Bezirk mit Information und Service: "Wir haben versucht möglichst vorausschauend auf die notwendigen Amtswege hinzuweisen und den vielen Betroffenen der Parkpickerl-Auswirkungen und den wichtigen Institutionen wie Spitälern, Betrieben, Schulen und Kindergärten und Pflegeeinrichtungen nach Möglichkeit Lösungswege aufzuzeigen." Für die Pendler hofft Kobald, dass wieder vermehrt Park & Ride Anlagen von der Stadt geschaffen werden. Die Öffi-Verbindungen seien vor allem in den Außenbezirken unzureichend. "Wir können es uns in Wien einfach nicht leisten, dringend benötigte Schlüsselarbeitskräfte, wie im Gesundheits-, Bildungs- und Pflegebereich zu 'vertreiben'", so die Bezirksvorsteherin.

Floridsdorf: "Parkpickerl verlagert Mobilität auf öffentlichen Verkehr"

Der Floridsdorfer Bezirksvorsteher Georg Papai (SPÖ) spricht von einem "Meilenstein für den Klimaschutz".
Der Floridsdorfer Bezirksvorsteher Georg Papai (SPÖ) spricht von einem "Meilenstein für den Klimaschutz".
Denise Auer

Dass das Pickerl künftig, wie auch in anderen Bezirken, zu einer Verbesserung führt - darüber gibt es in Floridsdorf keine Zweifel. Bezirkvorsteher Georg Papai (SPÖ) ist überzeugt, dass der Pendlerverkehr spürbar abnehmen und die Lebensqualität der Floridsdorfer steigen wird. Bereits im Vorfeld appellierte er an die Bezirksbewohner, sich rasch das Pickerl zu besorgen.

"Wie wir aus den vorherigen Parkpickerl-Erweiterungen wissen, sind die Stellplätze im Straßenraum nach Einführung des Parkpickerls bis zu 30 Prozent weniger ausgelastet, vor allem durch den Rückgang von Autos mit Nicht-Wiener-Kennzeichen", so Papai. "Gleichzeitig leistet das Parkpickerl seit Jahrzehnten einen zentralen Beitrag, um die Mobilität vermehrt auf den öffentlichen Verkehr zu verlagern." Dazu brauche es jedoch auch einen weiteren konsequenten Ausbau des öffentlichen Verkehrs, stellt der Bezirkschef klar. Vor allem bei den Querverbindungen zwischen Floridsdorf und der Donaustadt bestehe hier Nachholbedarf.

So wie Mobilitätsstadträtin Ulli Sima (SPÖ) spricht auch Papai von einem "Meilenstein für den Klimaschutz": "1993 haben noch 40 Prozent der Menschen in Wien auf den eigenen PKW gesetzt und nur 29 Prozent auf die öffentlichen Verkehrsmittel. Heute ist es praktisch umgekehrt: 2019 legten 38 Prozent der Menschen ihre Wege mit den Öffis zurück und lediglich 27 Prozent griffen auf das Auto zurück. Rund 8.000 PKW-Fahrten weniger pro Werktag konnten nach der Einführung des Parkpickerls im Westen Wiens verzeichnet werden." Das Parkpickerl werde, so der Bezirkschef, einen wesentlichen Beitrag dazu leisten, den Anteil der PKW-Pendler bis 2030 zu halbieren. Für diese stehen im Bezirk unter anderem die Park & Ride Anlagen Aderklaaerstraße und Leopoldau zur Verfügung.

Nach Einführung der Kurzparkzone plant der Bezirksvorsteher, den Bedarf beim Thema Anrainerparken erheben. Er vermutet aber, dass durch "das wirksame Instrument Kurzparkzone keine speziellen Zonen für Anrainer benötigt werden." Der freigewordene Platz soll sinnvoll genutzt werden, dass stellt Papai klar. Geplant sind Baumscheiben, Grüninseln im Straßenraum, die Verbreiterung von Gehsteigen, Radwege und die Verbesserung der Sichtachsen an Kreuzungen.

Donaustadt: "Die Verbesserung ist jetzt schon evident"

Der Bezirksvorsteher der Donaustadt, Ernst Nevrivy (SPÖ), sieht im Parkpickerl die Chance auf Verbesserung der Lebensqualität.
Der Bezirksvorsteher der Donaustadt, Ernst Nevrivy (SPÖ), sieht im Parkpickerl die Chance auf Verbesserung der Lebensqualität.
Bild: picturedesk.com

17.500 Pendler-Fahrzeuge parkten bisher in der Donaustadt. Dass dies eine enorme Belastung für den Bezirk darstellte, liegt für Bezirksvorsteher Ernst Nevrivy (SPÖ) auf der Hand: "Hier musste einfach gegengelenkt werden." Handeln müsse nun Niederösterreich mit dem Ausbau der Park & Ride Anlagen: "Auch in anderen Bezirken konnte mit dem Parkpickerl hier eine Lösung gefunden werden"."

Nevrivy sieht das Parkpickerl durchwegs positiv: "Der erwartete Rückgang des Pendler-Verkehrs ist nicht nur für Klima und Luftqualität zentral, auch die Bewohner profitieren von mehr freien Parkplätzen und ruhigeren Straßen. Die Verbesserung ist jetzt schon evident. Mit dem Parkpickerl sorgen wir nun für die lang geforderte Entlastung und sichern die einmalige Lebensqualität in der Donaustadt." In den nächsten Tagen wolle man sich im Bezirk ansehen, wo es frei gewordene Plätze gibt und wie man diese bestmöglich nutzen kann - etwa durch Baumpflanzungen, den Bau von Radwegen oder Gehsteigverbreiterungen.

Liesing: "Anrainer kämpften täglich mit angespannter Parkplatzsituation"

Liesings Bezirkschef Gerald Bischof (SPÖ) rechnet durch das Parkpickerl mit einer spürbaren Entlastung der Bevölkerung.
Liesings Bezirkschef Gerald Bischof (SPÖ) rechnet durch das Parkpickerl mit einer spürbaren Entlastung der Bevölkerung.
Astrid Knie

Laut Untersuchungen der MA 18 (Stadtentwicklung und Stadtplanung) werden von den rund 59.900 in Liesing vorhandenen allgemein nutzbaren Stellplätzen im öffentlichen Straßenraum mehr als ein Drittel von Fahrzeugen mit Nicht-Wiener-Kennzeichen verparkt. Hotspots sind hier die Gebiete rund um die S-Bahn und U-Bahn-Stationen, bei denen der Anteil Nicht-Wiener-Kennzeichen bis zu 60 Prozent beträgt. "Mit der stark angespannten Parkplatzsituation hatten die Anrainer täglich zu kämpfen", sagt Bezirkvorsteher Gerald Bischof (SPÖ). "Würde allerdings nur dort ein Parkpickerl kommen, wäre mit Sicherheit die Verdrängung in Bezirksteile die Folge, in denen derzeit noch keine pendlerbedingten Parkplatzprobleme bestehen."

Durch das Parkpickerl rechnet Bischof mit einer spürbaren Entlastung der Wohnbevölkerung. Außerdem könne er sich zusätzliche Anrainerparkplätze vorstellen: "In einigen Bezirken mit flächendeckender Kurzparkzone gibt es Parkplätze, die für Bezirksbewohner reserviert sind. Sollte sich herausstellen, dass künftig trotz Parkpickerl Bereiche mit bezirksfremden Kurzparken überparkt sind, könnten auch in Liesing Anrainerparkplätze umgesetzt werden." Für die Pendler hofft der Bezirkschef auf den Ausbau von Park & Ride Anlagen, ergänzt aber: "Nicht zuletzt auch deshalb sind die reinen Gewerbe- und Industriegebiete mit vielen Beschäftigten aber keinerlei Wohnanrainern davon ausgenommen."

1/9
Gehe zur Galerie
    Karl (60) pendelt regelmäßig von Klosterneuburg nach Wien. Er möchte im Sommer auf das Rad umsteigen.
    Karl (60) pendelt regelmäßig von Klosterneuburg nach Wien. Er möchte im Sommer auf das Rad umsteigen.
    Denise Auer
    Mehr zum Thema