Politik

Parlament verschärft trotz Kritik das Demo-Recht

Das neue Versammlungsrecht hat den Innenausschuss passiert - es schränkt unter anderem das Recht von Nicht-EU-Bürgern ein.

Heute Redaktion
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Szene von der Akademikerball-Demo. Versammlungen können bald eingeschränkt werden.
Szene von der Akademikerball-Demo. Versammlungen können bald eingeschränkt werden.
Bild: Heute

Rund um Demonstrationen wird es künftig eine Schutzzone von bis zu 150 Meter geben. Zudem erhält die Regierung die Möglichkeit, Wahlkampfauftritte ausländischer Politiker in Österreich unter bestimmten Voraussetzungen zu verbieten. Trotz anhaltender Kritik von zivilgesellschaftlichen Organisationen hat der Innenausschuss des Nationalrats am Donnerstag mit den Stimmen der Koalitionsparteien den Weg für die Ende März von SPÖ und ÖVP eingebrachte Novelle zum Versammlungsgesetz geebnet.

Inhaltliche Änderungen am ursprünglichen Entwurf wurden nicht vorgenommen, nur einige "Korrekturen" eingearbeitet, heißt es aus der Parlamentsdirektion. Einhellig abgelehnt wurde der Gesetzentwurf von der Opposition. Sowohl die Grünen als auch die FPÖ fürchten, dass durch die Novelle das Demonstrationsrecht von Ausländern übermäßig eingeschränkt wird.

Dalai-Lama-Auftritt verbieten

So könnte die Regierung künftig etwa eine Demonstration der Free-Tibet-Bewegung, zu der der Dalai Lama eingeladen wurde, untersagen, weil sie ihrem außenpolitischen Interesse zuwiderläuft, machte FPÖ-Sicherheitssprecher Walter Rosenkranz geltend. Albert Steinhauser (Grüne) sieht durch die Formulierung außerdem auch Österreicher betroffen, die etwa eine Kurden-Demonstration anmelden wollen. "Husch-Pfusch" und skurille Formulierungen ortet auch Nikolaus Scherak (NEOS).

ÖVP und SPÖ seien dagegen überzeugt, "dass die geplanten Änderungen notwendig sind, um der Polizei die Arbeit zu erleichtern". Durch die verlängerte Anmeldefrist könne sie sich besser auf Demonstrationen vorbereiten. Das bekräftigte auch Innenminister Wolfgang Sobotka. Es brauche die bestmögliche Sicherheit für alle Beteiligten, sagte er.

Schutzzone bei Demonstrationen

Ziel der neuen Schutzzone ist die Gewährleistung des ungehinderten Ablaufs von Demonstrationen. Weder am Ort einer Versammlung noch innerhalb des Schutzbereichs darf künftig eine andere Versammlung abgehalten werden. Damit wollen die Regierungsparteien die Störung oder Verhinderung einer Versammlung durch Gegendemonstrationen verhindern.

Das Ausmaß des Schutzbereichs ist von der Behörde vorab festzulegen, zu berücksichtingen sind dabei etwa die Zahl der erwarteten Teilnehmer sowie der zu erwartende Verlauf der Versammlung. Wird kein ausdrücklicher Schutzbereich angeordnet, gilt eine allgemeine Schutzzone von 50 Metern, das betrifft auch sogenannte Spontanversammlungen. Maximal darf sie jedenfalls 150 Meter betragen.

Längere Anmeldezeit

Um Behörden ausreichend Zeit für die Prüfung und für vorbereitende organisatorische Maßnahmen zu geben, wird die Frist zur Anmeldung einer Versammlung von 24 auf 48 Stunden verlängert. Ist die Teilnahme eines Vertreters eines ausländischen Staates oder einer internationalen Organisation an der Versammlung geplant, verlängert sich diese Frist auf eine Woche.

Deutlich ausgeweitet wird die Möglichkeit, politische Kundgebungen von Nicht-EU-BürgerInnen zu verbieten. Demnach kann die zuständige Behörde eine Versammlung künftig dann untersagen, wenn sie "der politischen Tätigkeit von Drittstaatsangehörigen dient und den anerkannten internationalen Rechtsgrundsätzen und Gepflogenheiten oder den völkerrechtlichen Verpflichtungen, den demokratischen Grundwerten oder außenpolitischen Interessen der Republik Österreich zuwiderläuft."

Zahl der Versammlungen in Wien verdoppelt

Innenminister Sobotka wies darauf hin, dass das Gesetz eine längere Vorlaufgeschichte habe. Nach einer eskalierenden Demonstration am Brunnenmarkt und der Demonstration infolge des fehlgeschlagenen Putschversuchs in der Türkei habe man im Innenministerium Überlegungen angestellt, wie das Versammlungsgesetz novelliert werden könne.

Sobotka machte darauf aufmerksam, dass sich die Zahl der jährlichen Versammlungen in Wien zwischen 2010 und 2016 von 7.000 auf 14.000 verdoppelt habe. (red)