Niederösterreich

Patient mit geschwollenen Hoden verblutete innerlich

Weil er seine Medikamente falsch einnahm, schwebte ein 74-Jähriger mit zunächst rätselhaften Symptomen zwei Tage in akuter Lebensgefahr.

Clemens Pilz
Teilen
Der Mann musste in ein Spital eingeliefert werden. (Symbolfoto)
Der Mann musste in ein Spital eingeliefert werden. (Symbolfoto)
Tobias Steinmaurer / picturedesk.com

In seinem neuen Buch "Achtung, Medizin kann Ihrer Gesundheit schaden" berichtet Landarzt Günther Loewit (63) von Fällen aus seiner langjährigen Laufbahn, bei denen Medikamente und ihre Nebenwirkungen schwerste Folgen für Patienten hatten. So geschehen im Fall eines 74-jährigen Landwirts, der kreidebleich und schweißnass in der Ordination des Mediziners auftauchte.

Die Geschichte klingt wie aus einem Medizin-Thriller: "Haben Sie Schmerzen?", fragte der Arzt Herr M., woraufhin dieser auf seine Hoden verwies – und in Ohnmacht fiel. "Nur kein Toter im Wartezimmer", flüsterte der Mediziner seiner Assistentin zu. Gemeinsam brachten sie den Landwirt rasch ins Untersuchungszimmer. Beim Schnitt durch Hose und Unterhose kamen zwei stark geschwollene und dunkelblau verfärbte Hoden zum Vorschein. Auch unter den Rippen und an den Oberschenkeln waren Hämatome zu sehen.

Mann verblutet von innen

Für Loewit zunächst ein Rätsel: "Für eine Wirtshausrauferei ist der Herr zu alt", so der Mediziner. Und nach einem Unfall habe die Symptomatik auch nicht ausgesehen. Erst nach kurzem Nachdenken fiel der Groschen: "Der verblutet ja!" In Windeseile wurde dem Patienten eine Infusion verabreicht und der Transport ins nächste Krankenhaus organisiert. 

Fünf Tage lag der Landwirt dort auf der Intensivstation, verlor Blut in Magen und Darm sowie aus der Nase. Spuren zeigten sich auch im Urin und die Hodensäcke waren prall mit Blut gefüllt. Zwei Tage schwebte der 74-Jährige sogar in Lebensgefahr. Der Grund seiner heftigen Symptome: Der Senior hatte mehrmals blutverdünnende Medikamente verschrieben bekommen, diese aber unregelmäßig und unkontrolliert eingenommen und sein Blut dadurch im Laufe der Zeit viel zu stark verdünnt.

"Nicht nur bei chronisch unzuverlässigen Patienten wie Herrn M. ist die Blutverdünnung ein Problem. Auch kooperative Patienten sind mit modernen Blutverdünnungstherapien oft überfordert", so Loewit in seinem neuen Buch. Er argumentiert darin, viele medizinische Probleme würden sich ohne Medikamente lösen lassen, wenn Ärzte mehr Zeit für die Menschen hätten und näher auf ihre Bedürfnisse eingehen könnten. "Wenn man einem Patienten 500 Euro pro Kilo zahlen würde, den er abnimmt, könnte man viele Probleme lösen und es wäre wahrscheinlich noch immer günstiger als die Tabletten." Mehr Zeit in der Behandlung ermögliche es auch, besser auf Fehler seitens der Patienten einzugehen. "30 Prozent der verordneten Rezepte kommen ja gar nicht in die Apotheke. Viele werden zu früh abgesetzt, sobald es den Leuten besser geht. Hier gibt es Missverständnisse, die man aufklären müsste."

"Achtung, Medizin kann Ihrer Gesundheit schaden" ist jetzt erhältlich.
"Achtung, Medizin kann Ihrer Gesundheit schaden" ist jetzt erhältlich.
Verlag

Landarzt ist aussterbende Spezies

Loewit selbst ist seit elf Jahren Wahlarzt. "Ich konnte einfach nicht mehr 200 Leute am Tag abfertigen", erklärt er seine Entscheidung. Den Landarzt wundert es nicht, dass seine Zunft erhebliche Nachwuchsprobleme hat, denn der Beruf sei "ein enormer finanzieller Stress. Junge Ärzte haben Schulden, alles ist knapp geworden und ich bedauere diesen Trend sehr." Mit seinem Buch wolle er sowohl Kollegen erreichen, als auch Patienten über die teils unerwünschten Folgen von Medikamenten aufklären.

"Achtung, Medizin kann Ihrer Gesundheit schaden" ist ab sofort erhältlich. Einige kleinere Details betreffend der Patientendaten wurden im Buch verändert, um die Identität der Betroffenen zu schützen.

;