Wien

Pfandleihe-Boom! So werden verzweifelte Wiener geprellt

Wiener Pfandhäuser erleben in der Teuerungswelle einen enormen Ansturm. "Heute" geht dem Tabuthema der Sofort-Cash-Deals jetzt auf den Grund.

Dicht an dicht gedrängt warten Menschen mit Elektrogeräten und Schmuckschatullen vor einem Favoritner Secondhand-Laden, über dem "Sofort Ankauf" prangt. Um das Geschäft mit dem schnellen Geld zu beleuchten, startet das "Heute"-Videoteam einen Versuch.

Wie viel bekommt man für ein iPhone 11, das vor einem Monat zum Neupreis von 500 Euro gekauft wurde? Reporter Paul Resetarits geht dieser Frage nach und reicht sein Mobiltelefon über die Theke (Video oben)

Nur 200 Euro für neues iPhone

Das Pfandleihaus "E-Börse" bietet trotz hervorragender Einstufung glatt 60 Prozent weniger. "Der Zustand ist zwischen sehr gut und wie neu. In der Pfandleihe kriegen Sie 200 Euro", so Geschäftsleiter Andrej.

Höhere Umsätze werden durch den Pfandleih-Boom nicht erzielt. "Laut Statistik gibt es um 20 Prozent mehr Ankäufe, aber wegen Teuerungen ist der Verkauf geringer", stellt der "E-Börse"-Chef klar.

Im Store "Tam Tam Mobile" ist man auf Smartphones und Laptops spezialisiert. Verkäufer Kajan ist routiniert: "Täglich kriege ich drei bis vier Handys." Die Begutachtung auf Abnutzungsspuren, Batteriezustand und Netzfreischaltung geht ruckzuck bei ihm. "300 Euro kann ich Ihnen dafür auszahlen", meint er.

Schuldnerberatung warnt

Auf Anfrage von "Heute" bewertet die Schuldnerberatung Wien unseren Fall. "Die Gegenstände werden in der Regel unterbewertet, meist deutlich unter dem Marktwert. Statt eigentlicher Wert 500 Euro für das Handy, ist der Schätzwert z.B. nur 250 Euro. Im Vorfeld gut überlegen: Muss ich wirklich einen Gegenstand verpfänden? Verzinsung ist oft verschleiert, es wird meist pro Tag verrechnet, dies ist ungewohnt und man müsste es eigentlich auf das Jahr umrechnen", erklären Finanzexpertin Gudrun Steinmann und Jurist Bernard Sell.

Schuldnerberatung Wien: "Die tatsächliche Verzinsung ist oft schwer nachvollziehbar und bei Umrechnung auf Jahreszinssätze im Verhältnis sehr hoch. Es ist eine kurzfristige Möglichkeit, um an Geld zu kommen – Vorteil: Man haftet nicht persönlich, sondern verliert im worst case den Gegenstand, Lohnpfändung ist dadurch keine möglich." 

Ihr Tipp: "Wir empfehlen immer einen Vergleich von Angeboten, und auch die Überlegung von Alternativen wie Flohmärkten und Sozialmärkten. Wenn Pfandleihe, dann möglichst kurz halten, nur wenige Tage statt Wochen und Monate, weil die Kosten dadurch stark steigen."