Der detaillierte Bericht der Volksanwaltschaft über Missstände in Pflege- und Altenheimen hat für Empörung gesorgt. Einige Vorwürfe der Volksanwälte: Bettruhe um 17 Uhr, wöchentlich nur ein Badetag, Beruhigungsmittel im Nutella. Das seien „krasse Menschenrechtsverletzungen". Der SPÖ-Pensionistenverband sprach gar von Methoden, „die einer Folter gleichkommen", und forderte „strengste Kontrollen durch die zuständigen Bundesländer".
Jetzt wehrt sich der Bundesverband der Alten- und Pflegeheime Österreichs: Keinesfalls seien ausschließlich in Alten- und Pflegeheimen Mängel zu beobachten, wie die mediale Berichterstattung vermuten ließe. „Österreichs Alten- und Pflegeheime gehören wahrscheinlich zu den meistkontrollierten Einrichtungen des Landes. Wir werden nicht nur von der Volksanwaltschaft, sondern auch von der Bewohnervertretung, Patientenanwaltschaft, Heim- und Pflegeaufsicht, dem Arbeitsinspektorat etc kontrolliert", erklärte Markus Mattersberger, Präsident des Bundesverbandes der Alten- und Pflegeheime Österreichs am Freitag und forderte „tatsächliche Strukturverbesserungen". „In aller Entschiedenheit weisen wir Verallgemeinerungen zurück. Die Kritik der Volksanwaltschaft nehmen wir durchaus ernst. Manchmal muss man jedoch genauer hinsehen, um verstehen zu können", so Mattersberger wortreich.
450.000 Menschen betroffen
Aus Sicht des Bundesverbandes lautet die entscheidende Frage: Welche Leistungen wollen wir in der Altenpflege haben und welche Ressourcen sind wir als Gesellschaft bereit, dafür zur Verfügung zu stellen? Der Verband stehe für einen Diskurs zur Verfügung. Die Frage betreffe rund 450.000 Pflegegeldbezieher, davon leben rund 75.000 Menschen stationär in Heimen.
Einzelne Negativbeispiele
„Es ist niemandem geholfen, wenn die gesamte Pflegelandschaft wegen unverstandener Maßnahmen oder einzelner Negativbeispiele in Misskredit gezogen wird, das verunsichert unsere Bewohnerinnen und Bewohner und deren Angehörige, für die wir in unseren Heimen tagtäglich ein gutes, lebenswertes Zuhause sicher stellen. Und es verunsichert unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die oftmals über ihre eigenen Leistungsgrenzen hinausgehen", so Mattersberger.
Auch Fachverband wehrt sich
Auch der Fachverband der Gesundheitsbetriebe fühlte sich von der Volksanwaltschaft angegriffen. „Wir wehren uns gegen die pauschale Verunglimpfung einer gesamten Branche und weisen diese aufs Schärfste zurück", reagiert Martin Hoff, Vorsitzender des Fachausschusses Seniorenbetreuung in der Wirtschaftskammer. Es sei unverständlich und irritierend, wenn die Volksanwaltschaft mit einzelnen Kritikpunkten mediale Aufmerksamkeit statt eines konstruktiven Gespräches mit dem zuständigen Fachverband suche. Auf die Einladung zum konstruktiven Dialog seitens des Fachverbandes wurde bis dato nicht reagiert, so Hoff.
(plo)