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Pistorius soll Strafe im Brutalo-Knast absitzen

Heute Redaktion
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Wegen fahrlässiger Tötung seiner Freundin Reeva Steenkamp ist Oscar Pistorius am Dienstag in Südafrika zu fünf Jahren Haft verurteilt worden. Dem gefallenen Sportstar, der das Urteil laut Verwandten akzeptierte, liefen Tränen über das Gesicht. Die Richterin erklärte, dass die Entscheidung über das Strafmaß keine einfache Sache gewesen, eine Bewährung aber nicht angemessen sei. Pistorius wurde noch im Gerichtssaal in Haft genommen. Er soll seine Stafe nun im Brutalo-Knast absitzen.

Wegen fahrlässiger Tötung seiner Freundin Reeva Steenkamp ist am Dienstag in Südafrika zu fünf Jahren Haft verurteilt worden. Dem gefallenen Sportstar, der das Urteil laut Verwandten akzeptierte, liefen Tränen über das Gesicht. Die Richterin erklärte, dass die Entscheidung über das Strafmaß keine einfache Sache gewesen, eine Bewährung aber nicht angemessen sei. Pistorius wurde noch im Gerichtssaal in Haft genommen. Er soll seine Stafe nun im Brutalo-Knast absitzen.

Neben der fünfjährigen Haft für fahrlässige Tötung verurteilte Richterin Thokozile Masipe den Sportler zu drei Jahren Haft wegen rücksichtslosen Gebrauchs einer Waffe. Dieser Teil der Strafe wurde auf fünf Jahre zur Bewährung ausgesetzt. Pistorius akzeptiert laut seiner Familie die Strafe. "Oscar wird diese Möglichkeit nutzen, um der Gesellschaft etwas zurückzugeben", sagte sein Onkel Arnold Pistorius.

Pistorius wurde noch im Gerichtssaal verhaftet, ihm wurden Fingerabdrücke abgenommen. Dann bekam er Gelegenheit, sich von seiner Familie zu verabschieden.

Berüchtigtes Gefängnis

Die Haftstrafe soll Pistorius im Gefängnis Kgosi-Mapuru-II in Pretoria verbüßen. Dieses ist für seine brutale Gangkultur bekannt – Schlägereien, Vergewaltigungen und Morde sind an der Tagesordnung. Um die Sicherheit des Verurteilten zu gewährleisten, soll der Beinamputierte eine behindertengerechte Zelle im Spitalstrakt erhalten.

Die Gefängnisstrafe könnte bei guter Führung bereits nach zehn Monaten in Hausarrest umgewandelt werden, erklärten südafrikanische Justizexperten. Nach südafrikanischem Recht hatten dem Paralympics-Star maximal 15 Jahre Haft gedroht.

Weder Verteidigung noch Staatsanwaltschaft kündigten zunächst Berufung gegen das Strafausmaß an. Sie haben dafür bis zu zwei Wochen Zeit. Ein Berufungsverfahren würde die Vollstreckung der Gefängnisstrafe bis zur Entscheidung durch das Oberste Gericht Südafrikas aussetzen.

Enormer Medienrummel

Pistorius, der am 12. September wegen fahrlässiger Tötung worden war, traf am Dienstagmorgen beim Obersten Gericht in Pretoria ein. Zahlreiche Schaulustige und Journalisten erwarteten den gefallenen Paralympics-Star.

Pistorius wie immer mit schwarzer Krawatte

Richterin Masipa erläuterte ab 9.30 Uhr zunächst ihre juristischen Erwägungen bei der Bestimmung der Strafe. Pistorius hörte angespannt zu, er folgte der einstündigen Verlesung mit ausdruckslosem Gesicht. Er trug einen dunklen Anzug und - wie stets in dem mehr als siebenmonatigen Prozess - einer schwarzen Krawatte zum Zeichen der Trauer um seine Freundin.

Die Richterin warf dem Angeklagten "grobe Fahrlässigkeit" vor. Mit der Einschätzung, dass Pistorius nicht einfach versehentlich, sondern auf grobe Weise fahrlässig handelte, schloss sich die Richterin der Auffassung der Staatsanwaltschaft an. Eine Bewährung wäre nicht angemessen, sagte die Richterin vor der Verkündung. Als Pistorius im Stehen das Urteil hörte, fing er zu weinen an.

Richterin: Strafmaß keine "einfache Sache"

Die Ermittlung des Strafmaßes für den südafrikanischen Paralympics-Star Oscar Pistorius ist nach Angaben seiner Richterin keine "einfache Sache" gewesen. Nicht nur das Handeln von Pistorius bei der fahrlässigen Erschießung seiner Freundin Reeva Steenkamp vor rund 20 Monaten sei zu beurteilen gewesen.

Öffentliches Interesse relevant

Auch das Interesse der Öffentlichkeit an einer angemessenen Strafe sei zu berücksichtigen gewesen, sagte Masipa vor dem Obersten Gericht in Pretoria. Die Entscheidung über das Strafmaß habe bei ihr gelegen und sei von ihr allein getroffen worden, fügte sie hinzu. Die Richterin führte zudem mehrere frühere Gerichtsverfahren und Urteile an, die von ihr zum Vergleich herangezogen worden seien.

Masipa erklärte, auch Behinderte könnten eine Gefängnisstrafe absolvieren. Sie fügte hinzu, dass es schlecht für die Gerechtigkeit in Südafrika wäre, wenn der Eindruck entstünde, dass Reiche und Berühmte vor Gericht besser behandelt werden als Arme.

Seite 2: Chronologie des Falls Pistorius

Pistorius hatte das 29-jährige Model in der Nacht auf Valentinstag 2013 durch eine geschlossene Badezimmertür seiner Villa bei Pretoria erschossen. Die Richterin folgte beim Urteil seiner Beteuerung, er habe hinter der Tür einen Einbrecher vermutet. Sie wies die Mordanklage zurück und sprach den beinamputierten Paralympics-Sieger am 12. September lediglich der fahrlässigen Tötung schuldig.

Chronologie:

2013

14. Februar: Reeva Steenkamps Leiche wird in Pistorius' Wohnung gefunden. Der Sportler hatte die 29-Jährige durch die geschlossene Toilettentür erschossen. Insgesamt gab er vier Schüsse ab. Er wird festgenommen.

15. Februar: Bei einem ersten Gerichtstermin, bei dem Pistorius Mord an seiner Freundin zur Last gelegt wird, bestreitet er den Mordvorwurf.

19. Februar: Pistorius macht geltend, er habe hinter der Klotür einen Einbrecher vermutet und "furchtbare Angst" gehabt.

20. Februar: Die Polizei teilt mit, dass in Pistorius' Wohnung Spritzen und Testosteron als Doping-Substanz gefunden wurden. Das Kosmetikunternehmen Clarins setzt eine Werbekampagne mit dem unterhalb der Knie amputierten Ausnahmesportler aus.

21. Februar: Nike stoppt die Zusammenarbeit mit Pistorius. Chefermittler Hilton Botha wird von dem Fall abgezogen, als bekannt wurde, dass er selbst des versuchten Mordes verdächtig ist.

22. Februar: Pistorius wird gegen eine Kaution von umgerechnet 75.000 Euro freigelassen.

28. März: Pistorius bekommt seinen Pass zurück und darf wieder ins Ausland reisen.

14. April: Presseberichte erscheinen, nach denen Pistorius am 6. April in zwei Lokalen in Johannesburg mit Freunden gefeiert hat.

13. August: Der Prozess wird für März 2014 angekündigt.

2014

25. Februar: Das Gericht entscheidet, dass im Saal gefilmt werden darf, aber nicht während der Aussage von Pistorius. Tonaufnahmen sind aber auch dann gestattet.

3. März: Zum Prozessauftakt sagt eine Zeugin aus, sie habe in der Tatnacht "schreckliche Schreie" einer Frau und Schüsse gehört.

10. und 13. März: Pistorius übergibt sich bei der Verlesung des Autopsieberichts und als auf dem Bildschirm im Gerichtssaal versehentlich eine Aufnahme von Steenkamps Leiche erscheint.

7. bis 15. April: Pistorius beginnt seine Aussage mit einer Entschuldigung bei Steenkamps Familie. Immer wieder bricht er im Kreuzverhör in Tränen aus und verwickelt sich auch in Widersprüche. Er bleibt aber dabei, dass er zwar geschossen hat, jedoch nicht wusste, dass sich Steenkamp in der Toilette aufhielt.

30. Juni: Nach sechswöchiger Unterbrechung, in der sich Pistorius psychiatrischen Untersuchungen unterziehen musste, erklären drei Psychiater und ein Psychologe übereinstimmend, dass der Angeklagte zum Tatzeitpunkt voll schuldfähig war.

7. August: Staatsanwalt Gerrie Nel wirft Pistorius vor, seine Version der Tatnacht erfunden zu haben und diese nun mit immer neuen Lügen zu untermauern.

8. August: Die Anhörungen enden mit dem Schlussplädoyer der Verteidigung.

11. September: Richterin Thokozile Masipa spricht Pistorius von den Vorwürfen des Mordes und des Totschlags frei.

12. September: Pistorius wird wegen fahrlässiger Tötung und fahrlässigen Waffengebrauchs in einem Fall schuldig gesprochen - das Strafausmaß wird noch nicht verkündet. Es liegt allein im Ermessen der Richterin.

17. Oktober: Nach viertägigen Anhörungen zum Strafausmaß fordert die Staatsanwaltschaft mindestens zehn Jahre Haft. Die Verteidigung plädiert auf Hausarrest sowie gemeinnützige Arbeit.

21. Oktober: Richterin Thokozile Masipa verurteilt Oscar Pistorius wegen der tödlichen Schüsse zu fünf Jahren Haft. Für den fahrlässigen Gebrauch einer Waffe in einem anderen Fall verhängt sie außerdem drei Jahre Haft auf Bewährung gegen den 27-Jährigen. Er wird anschließend sofort ins Gefängnis gebracht.