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Plagiats-Ministerin will nicht zurücktreten

Heute Redaktion
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Zuerst erkennt ihre Uni der deutschen Bildungsministerin Annette Schavan den Doktortitel nach über 30 Jahren ab, jetzt hakt sofort die Opposition nach: SDP, Grüne und Linkspartei fordern von der Schummel-Ministerin den Rücktritt. Schavan, momentan in Südafrika, will erst einmal gegen die Entscheidung der Uni klagen. Besonders peinlich: Nachdem Minister Guttenberg für einen Plagiats-Skandal sorgte, sparte Schavan in den Medien nicht mit Schelte, nun sieht es aus, als wäre sie um keinen Deut besser.

Zuerst erkennt ihre Uni der deutschen Bildungsministerin Annette Schavan den Doktortitel nach über 30 Jahren ab, dann hakte sofort die Opposition nach: SDP, Grüne und Linkspartei fordern von der Schummel-Ministerin den Rücktritt. Schavan, momentan in Südafrika, will erst einmal gegen die Entscheidung der Uni klagen und denkt nicht an den Rücktritt. Besonders peinlich: Nachdem Minister Guttenberg für einen Plagiats-Skandal sorgte, sparte Schavan in den Medien nicht mit Schelte, nun sieht es aus, als wäre sie um keinen Deut besser.

Nach der Aberkennung des Doktortitels von der deutschen Bildungsministerin Annette Schavan fordert die Opposition in Berlin den Rücktritt der christdemokratischen Politikerin. Schavan hatte die Plagiatsvorwürfe wiederholt zurückgewiesen und will nach Angaben ihrer Anwälte gegen die Entscheidung der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf klagen.

Doch die deutsche Bildungsministerin denkt nicht ans Zurücktreten. Sie werde gegen den Entzug ihres Doktortitels durch die Uni Düsseldorf juristisch vorgehen, sagte sie am Mittwochmorgen in Johannesburg. Schavan befindet sich derzeit auf einer fünftägigen Südafrikareise.

"Nicht mehr glaubwürdig"

SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles sagte der Zeitung "Die Welt" (Mittwochausgabe), Schavan sei als Wissenschaftsministerin nicht mehr glaubwürdig. "Sie muss daraus ihre Konsequenzen ziehen. Die Maßstäbe müssen für alle gelten - ohne Ansehen der Person", forderte Nahles laut Vorabbericht. 2011 war auch der damalige deutsche Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg nach der Aberkennung seines Doktortitels wegen Plagiatsvorwürfen zurückgetreten. Rücktrittsforderungen an Schavan kamen auch von Grünen und Linkspartei

Doktortitel in Rekordzeit weg

Die Düsseldorfer Heinrich-Heine-Universtität erkennt der deutschen Bildungsministerin Annette Schavan den Doktortitel ab. Dies habe der Fakultätsrat der Philosophischen Fakultät am Dienstag entschieden, teilten Vertreter der Universität mit. Der zuständige Fakultätsrat habe in dem Plagiatsverfahren die Promotionsleistung für ungültig erklärt und beschlossen, den vor 33 Jahren erworbenen Doktorgrad zu entziehen.

Diese Hiobsbotschaft ereilte Schavan am Dienstagabend in der südafrikanischen Regierungshauptstadt Pretoria. Der Skandal kann der CDU und Bundeskanzlerin Angela Merkel, die als enge Vertraute der Bundesbildungsministerin gilt, im Wahlkampf schaden.

Für den Entzug des Doktorgrades hätten zwölf Mitglieder des Rats der Philosophischen Fakultät gestimmt bei zwei Nein-Stimmen und einer Enthaltung. Der Rat habe es als erwiesen angesehen, dass Schavan "systematisch und vorsätzlich über ihre Dissertation verteilt" gedankliche Leistungen vorgegeben habe, die sie nicht selbst erbracht habe. 

Dekan: "Übernahme fremder Text" in "bedeutendem Umfang"

Der Dekan sagte, in der 1980 eingereichten Dissertation "Person und Gewissen - Studien zu Voraussetzungen, Notwendigkeit und Erfordernissen heutiger Gewissensbildung" gebe es eine "irreführende Übernahme fremder Texte", also Plagiate. Insgesamt gebe es in der Arbeit "in bedeutendem Umfang eine nicht gekennzeichnete Übernahme fremder Texte".

Schavan (CDU) will nun gegen den Entzug ihres Doktortitels durch die Uni Düsseldorf klagen. Das teilten ihre Anwälte noch am Dienstagabend mit. Die Bonner Anwalts-Sozietät Redeker/Sellner/Dahs erklärte, die Entscheidung der Philosophischen Fakultät der Heinrich-Heine-Universität sei in einem "fehlerhaften Verfahren" zustande gekommen und "materiell rechtswidrig". Die Entscheidung sei "unverhältnismäßig", da die behaupteten Zitierverstöße "geringfügig" seien. Das rechtfertige nicht "die Rücknahme der Promotion und damit des einzigen berufsqualifizierenden Abschlusses" von Schavan.

Schavan spricht von "Flüchtigkeitsfehlern"

Die Ministerin hatte Plagiate und eine Täuschungsabsicht in ihrer 1980 eingereichten Doktorarbeit stets bestritten. "Flüchtigkeitsfehler sind mir nicht peinlich. (...) Aber ich kann in Anspruch nehmen, nicht plagiiert oder gar getäuscht zu haben", sagte Schavan in einem erschienenen Interview mit der Ulmer "Südwest Presse" vom 23. Jänner. "Der Vorwurf der Täuschung hat mich bis ins Mark getroffen. Hier geht es ja nicht um meinen Doktortitel, sondern um meine Integrität", sagte sie außerdem in einer schriftlichen Erklärung vom 23. Jänner 2013.

Die Uni hatte das Hauptverfahren zur Aberkennung des Titels vor zwei Wochen eingeleitet. Die Prüfung der Arbeit "Person und Gewissen" dauerte aber bereits seit rund neun Monaten an. Ein interner Bericht der Promotionskommission warf Schavan in ihrer Dissertation an zahlreichen Stellen Plagiate vor. Erste Plagiatsvorwürfe gegen die CDU-Politikerin waren Ende April 2012 anonym im Internet aufgetaucht.

Ministerin geizte nicht mit Schelte für Guttenberg

Besonders peinlich: Schavan hatte sich mehrmals zu Wort gemeldet. Sie hatte diesen einerseits kritisiert, aber später auch verteidigt. "Er hat eine zweite Chance verdient, zumal doch alle wissen, dass er ein großes politisches Talent ist", sagte sie der "Rheinischen Post" in der Ausgabe vom 18. Februar 2011.

Das sind die peinlichsten Zitate aus jetziger Sicht:

"Rheinische Post" vom 18. Februar 2011 über den Fall Guttenberg:

"Als jemand, der selbst vor 31 Jahren promoviert hat und in seinem Berufsleben viele Doktoranden begleiten durfte, schäme ich mich nicht nur heimlich. Und das wird Karl-Theodor zu Guttenberg nicht anders gehen."

"Wissenschaft hat auch mit Vertrauen zu tun. Auf die Erklärung, eine Arbeit sei nach bestem Wissen und Gewissen verfasst worden, muss ein Doktorvater vertrauen können."

"Süddeutsche Zeitung" vom 28. Februar 2011 über den Fall Guttenberg:

"Man kann den Universitäten nur raten, sehr bewusst und selbstkritisch mit dem Thema umzugehen und nicht auf eine möglichst hohe Zahl von Titelvergaben zu zielen." Der Doktortitel müsse "Ausdruck einer wissenschaftlichen Qualifikation" und dürfe nicht ein "Statussymbol oder Titelhuberei" sein.