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Polizei lockt Dealer mit Krypto-App in die Falle

AN0M hatte bei Dealern weltweit einen Ruf. 20.000 Kriminelle nutzten den "sicheren" Messenger. Doch hinter der App steckt das FBI – und las alles mit.

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    Europol und dem FBI ist ein großer Schlag gegen Drogenbanden weltweit gelungen.
    Europol und dem FBI ist ein großer Schlag gegen Drogenbanden weltweit gelungen.
    Stephan Witte / dpa / picturedesk.com

    Die folgende Story könnte auch der Plot einer neuen Netflix-Serie sein. Kriminelle aus aller Welt haben in den letzten Monaten über die sogenannte AN0M-App kommuniziert. Sie planten über den "sicheren" Messenger Morde, teilten Fotos von tonnenweise Kokain, das in Büchsen versteckt war und organisierten Deals. Was sie nicht wussten: Die vermeintlich sichere und verschlüsselte Kommunikations-App wurde vom FBI entwickelt.

    Dabei lasen die Behörden alles mit – insgesamt 27 Millionen Nachrichten innerhalb von 18 Monaten wurden über die App verschickt. Aus den vermeintlich abhörsicheren Chats sind jetzt schriftliche Beweise geworden. Kürzlich fanden 700 Razzien in 16 Ländern statt. Darunter in Österreich, Deutschland, Dänemark, Schweden, Kanada aber auch in Neuseeland und in Großbritannien. Mehr als 800 Personen wurden festgenommen, wie Europol an einer Pressekonferenz am Dienstag erklärte.

    Operation Trojan Shield

    Bei den sogenannten Operationen Greenlight und Trojan Shield wurden zudem über 48 Millionen Dollar Bargeld, acht Tonnen Kokain, 22 Tonnen Cannabis und Hasch, zwei Tonnen Amphetamin und Methamphetamin, sowie 250 Waffen, Juwelen und 55 Luxusautos sichergestellt.

    Der Schlag gegen die Dealer war gelungen, da Undercover-Beamte spezielle Handys mit der Krypto-App in Drogenbanden eingeschleust hatten. Insgesamt nutzten schließlich 300 Drogen-Syndikate die AN0M-App. "Es war die bisher größte und anspruchsvollste Operation gegen kriminelle Netzwerke und verschlüsselte Kommunikation überhaupt", erklärte Jean-Philippe Lecouffe, stellvertretender Europol-Direktor.

    Mordanschläge vereitelt

    Um die Millionen Nachrichten zu analysieren, haben die Behörden spezielle Big-Data-Tools entwickelt. Die Kriminellen kommunizierten auf AN0M in 45 verschiedenen Sprachen. Zu den häufigsten zählten Deutsch, Niederländisch und Schwedisch, erklärt die Leiterin der niederländischen Polizei, Jannine van der Berg.

    Dank der geglückten Operation Trojan Shield habe man einzigartige Einblicke in die Welt der Drogenbanden erhalten: "Wir sahen exakt, wie sie Drogen, Waffen und Geld bewegten und wie sie Morde organisierten", erklärt die Kommandantin der australischen Bundespolizei, Jennifer Hurst. Laut Angaben der Behörden sind dank Trojan Shield so 100 Mordanschläge vereitelt worden. Die Ermittlungen zu AN0M dauern weiter an.

    Der Fall Encrochat

    Im letzten Jahr konnten Behörden einen ähnlichen Schlag gegen Drogendealer verbuchen. Ihnen gelang es, den Messenger Encrochat zu infiltrieren. Das Netzwerk zählte damals mehrere tausend Nutzerinnen und Nutzer und wurde laut Behörden ausschließlich von Kriminellen genutzt. Die Behörden kopierten Millionen Chats, während die Verbrecherinnen und Verbrecher glaubten, dass ihre Spezial-Handys abhörsicher seien.

    Laut "Spiegel" kam es in Europa zu rund 1.800 Verhaftungen im Zusammenhang mit Encrochat. Mehr als 130 Millionen Euro wurden beschlagnahmt. 2020 wurden im Zusammenhang mit Encrochat zudem mehr als zwei Tonnen Drogen und mehrere Dutzend Waffen sichergestellt.