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Gelingt es uns, ein Handy selbst zu reparieren?

Zersplitterte Displays, Wasserschäden oder schwarze Bildschirme. Ist das Handy kaputt, muss der Profi ran. Oder? Wir haben es selbst versucht.

Heute Redaktion
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Die größten Sorge der Österreicher ist der Verlust von Daten, wenn es um ein defektes Smartphone geht. Vor allem drei Szenarien machen den Handy-Nutzern laut einer Studie von Ipsos und Huawei Angst: Neben dem Datenverlust (29 Prozent fürchten sich davor) sind das ein Wasserschaden (24 Prozent) und ein zersprungenes Display (12 Prozent).

Gleichzeitig geben aber auch viele Österreicher an, dass ihnen die Kosten für eine professionelle Reparatur zu teuer sind. Speziell der Austausch des Smartphone-Displays schreckt gut die Hälfte der heimischen Nutzer kostenmäßig ab. Bleiben günstige Reparaturshops oder Selbstversuche übrig. Warum Ersteres keine Alternative und Letzteres keine gute Idee ist, zeigen wir hier.

Huawei gab "Heute.at" die Möglichkeit, selbst an einem defekten Smartphone zu basteln. Unter professionellen Bedingungen mit Experten-Geräten und unter der Aufsicht der Spezialisten im Huawei Service Store am Fleischmarkt in Wien. Hier werden sämtliche Gerätereparaturen – anders als in vielen anderen Geschäften – im Haus durchgeführt. Ziel: Der Kunde soll sein defektes Gerät noch am selben Tag, idealerweise nach nur wenigen Stunden, wieder repariert in Empfang nehmen können.

Garantie futsch, Smartphone geschrottet

Bevor wir mit der Reparatur begonnen haben, stand aber erst einmal ein Blick ins Netz am Plan. Dort findet sich unter den Begriffen "Handy-Reparatur einfach gemacht", "Do it yourself" oder "Reparaturanleitung kinderleicht" jede Menge Video- und Anleitungsmaterial, wie ein Smartphone selbst angeblich in wenigen Minuten problemlos repariert werden kann.

Zwar verweisen fast sämtliche Seiten auf die unglaubliche Kostenersparnis durch die Selbstreparatur, eine Warnung aber vorweg: Kinderleicht war hier gar nichts, und wir empfehlen dringend, die Finger vom kaputten Gerät zu lassen. Im schlimmsten Fall ist nämlich nicht nur eine mögliche Garantie futsch, sondern auch gleich noch das Smartphone endgültig geschrottet.

Warum der Experte ran muss

Die erste Hürde der Handy-Reparatur ist die Fehlererkennung. Ist das Display zersplittert, ist da der Fall relativ klar. Sind dagegen wie in unserem Testfall mit einem Huawei P30 Lite keine Tonwiedergabe, keine Fingerabdruckerkennung und keine Vibration möglich, beginnt für Laien das Rätselraten. Daheim müssen da auf gut Glück mal die passende Ersatzteile bestellt werden, ohne zu wissen, ob von den verbauten Modulen und nicht etwa von internen Kabelsträngen oder Anschlüssen der Fehler ausgeht.

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Selbst in nicht offiziellen Handy-Reparaturshops muss man sich dabei auf Erfahrung und etwas Glück verlassen. Anders im Service Store: Hier liest eine eigene Software das defekte Gerät aus und listet nach einigen Sekunden die Fehlerquellen auf – die Trefferrate soll dabei recht hoch sein und in rund neun von zehn Fällen das oder die defekten Module erkannt werden. Dann beginnt erst die eigentliche Reparatur, Fingerspitzengefühl vorausgesetzt.

In den Ofen und unter die Lupe

Was daheim viele mit dem Haarfön lösen, passiert hier im rund 80 Grad heißen Ofen: Das Handy wird für wenige Minuten erhitzt, um den Kleber zwischen den Gehäuseteilen zu lösen. Danach muss das Smartphone vorsichtig, aber schnell auseinandergeklappt werden, damit der Kleber nicht wieder fest wird. Anfänger könnten schon bei diesem Schritt mehr Schaden als eigentlich vorhanden angerichtet haben. Zwischen Vorder- und Rückseite verlaufen nämlich meist haardünne Kabel zur Display-Verbindung, die bei einem zu weiten Öffnen der Gerätehälften reißen.

Selbst wenn man danach weiß, was genau kaputt ist, wird die Reparatur zur Gedulds- und Nervenprobe. Im Fall unseres "defekten" Smartphones waren die "kaputten" Elemente nur mit einer Plastikfolie manipuliert worden. Statt sie auszutauschen, mussten nur die Folienstücke abgezogen werden. Klingt einfach, dauerte aber selbst unter den wachsamen Augen des Experten im Selbstversuch über eine Stunde. Die Platine und die Module sind nämlich nur erreich- und wechselbar, wenn man rund ein Dutzend winzige Schrauben entfernt, Minianschlüsse ausklinkt und mit der Pinzette vorsichtig andere Module anhebt.

Kniffligster letzter Schritt

Selbst Experten scheitern vermutlich nach erfolgreicher Reparatur im Do-it-yourself-Verfahren am letzten Schritt. Der alte Klebestreifen im Gerät muss dabei gegen einen neuen getauscht werden. Und der hauchdünne Streifen will so passgenau platziert werden, dass kein Kleber aus dem Gerät steht und er auch alle Stellen gleich gut verklebt. Ohne Profigerät beinahe unmöglich – im Service Store gibt es dazu passende Formen für die verschiedensten Modelle. Bevor der Klebeschritt abgeschlossen wird, kommt das Gerät erneut in die Softwareanalyse per USB-C-Kabel. Im Idealfall leuchten hier nun alle Prüfelemente grün auf und die Prüf-App spielt auch alle Funktionen praktisch durch, um die Funktionen sicherzustellen.

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Bedeutet: Der Techniker löst manuell sämtliche Elemente wie Kamera, Touchscreen oder Fingerabdrucksensor aus und garantiert so deren korrekte Arbeitsweise. Persönliche und private Daten auf dem Gerät bekommt der Techniker dabei in keinem Schritt zu sehen. Vorsichtig geht es danach zurück in den Ofen, danach wird das Gerät wiederum in einer Form mit einem bestimmten Druck einige zusammengepresst, um den Kleber kühlen zu lassen. Für den Privaten daheim bleibt erst danach die Überprüfung des Geräts – und bei weiteren Fehlfunktionen nur ein erneutes Zerlegen.

Besser dem Profi überlassen

Fazit des Versuchs: Mit professionellem Equipment, etwas Technikwissen und den nötigen Ersatzteilen ist eine Handy-Selbstreparatur möglich, wenn auch ungeheuer nervenaufreibend und kann beim kleinsten Fehler extrem teuer werden. Die Garantie ist danach nämlich auch futsch, egal ob das Smartphone funktioniert oder nicht. Zu beachten ist dies übrigens auch in inoffiziellen Reparaturshops. Die mögen mit Billigpreisen glänzen, bieten dann aber, wenn überhaupt, nur eine hausinterne Garantie und nicht eine des Herstellers.

Deswegen: Reparaturen besser den Profis überlassen, vor allem, wenn das Gerät sowieso noch über einen Garantieanspruch verfügt. Im Fall des Huawei Service Store gibt es neben Vor-Ort-Beratung auch die Möglichkeit, sich über ein Online-Formular anzumelden und einen Servicetermin zu vereinbaren. Je nach Modell und Schaden gibt es hier auch gleich einen unverbindlichen Kostenvoranschlag. Was die Mitarbeiter noch raten: Nicht den Kontakt scheuen! In vielen Fällen ist nämlich gar keine Reparatur notwendig, sondern ein Fehler auf ein Software- oder Bedienproblem zurückzuführen. (rfi)