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Chaos pur in der Türkei – Wahlergebnis völlig verrückt

Die Wahllokale in der Türkei haben geschlossen, jetzt regiert das Chaos: Die Nachrichtenagenturen melden vollkommen unterschiedliche Ergebnisse.

Amtsinhaber Recep Tayyip Erdogan, der seit 20 Jahren an der Spitze der Türkei steht, gilt als Favorit.
Amtsinhaber Recep Tayyip Erdogan, der seit 20 Jahren an der Spitze der Türkei steht, gilt als Favorit.
REUTERS

Die Wahllokale in der Türkei haben geschlossen. Es wird demnach noch mindestens einige Stunden dauern, bis wir wissen, ob Präsident Recep Tayyip Erdogan als türkischer Staatschef wiedergewählt wird oder ob sein Herausforderer Kemal Kilicdaroglu sich durchgesetzt hat und an die Macht kommt. Bei der ersten Runde der Präsidentenwahl vor zwei Wochen hatte Amtsinhaber Erdogan die absolute Mehrheit knapp verpasst. Er tritt nun in einer Stichwahl gegen Oppositionsführer Kemal Kilicdaroglu an. Rund 61 Millionen Menschen sind in der Türkei zur Abstimmung aufgerufen.

Indes sind erste Zahlen bekannt geworden, die skurriler nicht sein könnten. ursprünglich wurden sie erst in der Nacht auf Montag erwartet, nun trudeln sie im Minutentakt ein. Laut der (oppositionsnahen) Nachrichtenagentur Anka liegt Kilicdaroglu aktuell in der Hochrechnung mit 50,85 Prozent vor Erdogan mit 49,15 Prozent. Laut der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu steht Erdogan dagegen bei 58 Prozent und Kilicdaroglu bei 42 Prozent. Das galt bei Auszählung von mehr als 40 Prozent der Stimmen. Kurz darauf: Auch nach Auszählung von rund zwei Dritteln aller Wahlurnen gab es unterschiedliche Ergebnisse.

Chaos geht immer weiter

Nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu lag Amtsinhaber Recep Tayyip Erdogan am Sonntag nach Öffnung von rund 66 Prozent der Urnen vorne. Er kam demnach auf rund 55 Prozent, sein Herausforderer Kemal Kilicdaroglu auf rund 45 Prozent. Bei der oppositionsnahen Agentur Anka zeichnete sich jedoch ein Kopf-an-Kopf-Rennen ab. Demnach lag Kilicdaroglu mit rund 51 Prozent vorne, Erdogan kam auf rund 49 Prozent. Die Wahlbeteiligung lag vorläufig bei rund 85 Prozent.  Stand dann kurz vor 19 Uhr: Der türkische Staatschef Recep Tayyip Erdogan liegt bei der Präsidentenwahl nun auch nach Angaben einer oppositionsnahen Nachrichtenagentur vorne. Nach Öffnung von rund 87 Prozent der Urnen lag Erdogan am Sonntag demnach mit rund 50,6 Prozent knapp vor seinem Herausforderer Kemal Kilicdaroglu mit 49,4 Prozent.

Laut Informationen des "Spiegel" seien 90 Prozent der Stimmen ausgezählt. Die Staatsagentur Anadolu sah Erdogan mit rund 52,9 Prozent vorne. Der Chef der Wahlbehörde Ahmet Yener hatte zuvor zu Geduld gemahnt und dazu aufgerufen, auf das endgültige Ergebnis zu warten. Update kurz vor 20.30 Uhr: Laut "CNN Türk" führte mit 52,08 Prozent der Stimmen, 99,2% aller Stimmen seien bereits ausgezählt. Sein Herausforderer Kemal Kilicdaroglu kommt auf 47,92% der Stimmen. Erdogan dankte bereits vorab allen, die es ihm ermöglicht hätten, die nächsten fünf Jahre zu regieren, sagte er am Sonntag vor jubelnden Anhängern in Istanbul. Er werde "bis ans Grab" bei seinen Anhängern sein. 

Bei der Präsidentenwahl in der Türkei hat die größte Oppositionspartei CHP laut einem Politiker einen Angriff auf Funktionäre beklagt. In der Provinz Sanliurfa im Südosten des Landes seien Wahlbeobachter der Partei geschlagen und ihre Telefone kaputt gemacht worden, weil sie gegen Unregelmässigkeiten Einspruch erhoben hätten, schrieb der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Özgür Özel am Sonntag laut focus.de auf Twitter. 

Auch Vorfälle in Instanbul

Auch in Istanbul gab es Medienberichten zufolge mehrere Vorfälle. Halk TV berichtete, dass in den Bezirken Gaziosmanpasa und Ümraniye Wahlhelfer der Opposition angegriffen worden seien. Das Online-Medium senika.org schrieb, dass an einer Schule im Bezirk Bagcilar Anwälte nicht in die Wahllokale gelassen wurden. Dabei sei es zu Auseinandersetzungen gekommen. Die Angaben konnten nicht unabhängig überprüft werden.

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    Das Rennen um das Präsidentenamt zwischen Amtsinhaber Erdogan und seinem Herausforderer Kilicdaroglu war knapp – und geht wohl in eine zweite Runde. Für Erdogan ist das Ergebnis ein Rückschlag. Aber auch die Opposition blieb unter ihren Erwartungen.
    Das Rennen um das Präsidentenamt zwischen Amtsinhaber Erdogan und seinem Herausforderer Kilicdaroglu war knapp – und geht wohl in eine zweite Runde. Für Erdogan ist das Ergebnis ein Rückschlag. Aber auch die Opposition blieb unter ihren Erwartungen.
    OZAN KOSE / AFP / picturedesk.com

    Bei der Wahl am 14. Mai hatte die Wahlbeteiligung bei 87 Prozent gelegen, und auch am Sonntag wurde mit einer hohen Beteiligung gerechnet. Beobachtern zufolge zeigte dies, dass die Wähler der Abstimmung in einem Land, in dem die Meinungs- und Versammlungsfreiheit unterdrückt wird, große Bedeutung beimessen.