Österreich

Stadt stockt bei Plätzen in Jugendpsychiatrie auf

Heute Redaktion
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Wien geht in der Betreuung von psychisch erkrankten Kindern und Jugendliche neue Wege: Neben der weltweit ersten Verschränkung von Ambulanz und Wohngruppen gibt es auch erstmals Hausbesuche.

Zu wenig Betten, zu wenig Personal: Im Jänner hatte der Stadtrechnungshof die mangelnden Kapazitäten in der Wiener Kinder- und Jugendpyschiatrie kritisiert, "Heute" hat berichtet.

Bei der Stadt verwies man in einer Reaktion auf den laufenden Ausbau der Versorgung. Heute, Montag, wurde durch Jugendstadtrat Jürgen Czernohorszky (SPÖ) und dem Koordinator fur Psychiatrie, Sucht- und Drogenfragen der Stadt Wien, Ewald Lochner im Pavillon XIV im Krankenhaus Hietzing eine zweite Ambulanz mit Tagesklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie eröffnet.

Weltweit erste Verbindung aus Ambulanz und Wohngruppen

Im Rahmen eines Pilotprojekts wird hier weltweit erstmals sozialpsychiatrische Behandlung räumlich mit Wohngruppen der Kinder- und Jugendhilfe verbunden. Im unteren Bereich des Pavillon ist das neue Ambulatorium untergebracht, in dem sich ein Team aus 24 Personen – darunter Psychiatern, Diplomierten Gesundheits- und Krankenpflegern, Psychologen, Psychotherapeuten, Sozialarbeitern, Sozialpadagogen und Ergotherapeuten – um die minderjährigen Patienten kümmert.

In den oberen Stockwerken befinden sich zwei Kleinwohngruppen der "Oasis Socialis KIJU gemeinnutzigen GmbH", die dort im Auftrag der MA11 acht Kinder und Jugendliche zwischen 12 und 18 Jahren betreut. Bei Bedarf kann hier Platz für 16 Jugendliche geschaffen werden.

Jugendhilfe-Fälle deutlich öfter von psychischen Krankheiten betroffen

"Junge Menschen, die von der Kinder- und Jugendhilfe betreut werden, sind deutlich haufiger von psychischen Erkrankungen betroffen als die Durchschnittsbevolkerung. Sie machen rund 70% der Kontakte in der ambulanten Kinder- und Jugendpsychiatrie in Wien aus. Bereits jetzt gibt es daher eine enge Zusammenarbeit zwischen der MA11, den Betreibern von Einrichtungen fur Kinder und Jugendliche und der psychischen Gesundheitsversorgung", so Czernohorszky.

Obwohl Ambulanz und Wohngruppen räumlich getrennt sind, arbeiten sie eng zusammen. Das soll nicht nur eine rasche Behandlung im Bedarfsfall garantieren, sondern durch die kurzen Wege und die einfache Austauschmoglichkeit auch erleichtern, dass sich die Fachkrafte der beiden Einrichtungen gegenseitig unterstutzen.

Therapiehunde als "geteilte" Ressource

Geteilt werden hier aber nicht nur die Kompetenz und das Wissen der Psychiater und Ärzte, sondern etwa auch die Therapiehunde Anouk (2) und Akiro (4). Die beiden Labrador Retriever können bei verschiedenen Erkrankungen zum Einsatz kommen, sorgen für "tierischen" Stressabbau und unterstützen Menschen mit psychischen Problemen bei ihrer Gesundung.

Das Konzept der engen Anbindung wird noch bis Ende 2021 erprobt, bis dahin sollen über 800 Kinder und Jugendlichen von den Angeboten profitieren. Die gemachten Erfahrungen sollen in die Planungen der weiteren Ambulatorien fur Kinder- und Jugendpsychiatrie, die in den kommenden Jahren geschaffen werden, einfließen.

Öffnungszeiten richten sich nach Patienten

Neue Wege geht das Ambulatorium auch bei den Öffnungszeiten: Diese sind so gestaltet, dass sie leichter mit einem Schulbesuch der Patienten und einer Berufstatigkeit der Erziehungsberechtigten vereinbar ist. Im Gegensatz zu den meisten anderen ambulanten Behandlungseinrichtungen ist die Ambulanz vier Tage die Woche bis 20 Uhr geoffnet (Montag bis Donnerstag 13 bis 20 Uhr, Freitag 8 bis 13 Uhr). Ersttermine finden spatestens innerhalb von sieben Werktagen statt.

Wienpremiere mit psychiatrischen Hausbesuchen

Ein wienweit einzigartiges Angebot des neuen kinder- und jugendpsychiatrischen Ambulatoriums der Psychosozialen Dienste Wien ist das "Home Treatment": Ab sofort bietet der PSD auch Hausbesuche an, bei denen die Behandlung durch ein mobiles, multiprofessionelles Team in der vertrauten Umgebung der Kinder und Jugendlichen stattfindet.

Daruber hinaus bietet das Team des Ambulatoriums auch die Transitionspsychiatrie an, also die psychiatrische Behandlung von Patienten, die am Ubergang zwischen Jugend und Erwachsensein stehen. Daher steht neben Kinder- und Jugendpsychiatern auch ein Erwachsenenpsychiater zur Verfugung, um sich um jene Jugendlichen zu kummern, die mittelfristig in die Erwachsenenpsychiatrie uberfuhrt werden sollen. Das garantiert auch, dass die Jugendlichen, wenn es notwendig ist, uber den 18. Geburtstag hinaus vom ihnen vertrauten Team behandelt werden konnen.

"Wichtiger, weiterer Ausbauschritt für Wiener Jugendpsychiatrie"

"Mit dem neuen Ambulatorium ist ein weiterer Ausbauschritt in der Kinder- und Jugendpsychiatrie in Wien geschafft. Wir hatten schon bisher eine sehr intensive Vernetzung der unterschiedlichen Behandlungs- und Betreuungseinrichtungen fur Kinder und Jugendliche, aber hier gehen wir noch einen Schritt weiter", betonte Czernohorszky.

Bis 2030 soll es, zusatzlich zu einem noch weiter ausgebauten stationaren Angebot, sechs spezialisierte Ambulatorien fur Kinder- und Jugendpsychiatrie in ganz Wien geben, kündigte Lochner an. Gemeinsam mit dem bereits bestehenden Spezialambulatorium in der Kolblgasse (Landstraße) sollen so die Behandlungskapazitaten des PSD-Wien in der Kinder- und Jugendpsychiatrie massiv ausgebaut werden.

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