Ukraine

"Putin wollte beweisen, dass er nicht schwach ist"

Wagner-Anführer Jewgeni Prigoschin ist wohl tot. Russland-Experte Gerhard Mangott ist sich sehr sicher, dass der Befehl direkt von Wladimir Putin kam.

Rene Findenig
Russland-Experte Gerhard Mangott in der ORF-"ZIB2" am späten Mittwochabend.
Russland-Experte Gerhard Mangott in der ORF-"ZIB2" am späten Mittwochabend.
Screenshot ORF

"Ja, das tue ich", er gehe davon aus, dass Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin tot sei, so der Russland-Experte Gerhard Mangott in der ORF-"ZIB2" am späten Mittwochabend bei Moderator Armin Wolf. Der Telegramm-Kanal von Prigoschin sei anfangs "sehr, sehr vorsichtig gewesen", habe aber letzten Endes den Tod bekannt gegeben, so der Experte. "Er wurde von Verrätern Russlands ermordet", habe es da geheißen. Putin hatte damals beim Aufstand Prigoschins gegen ihn "Schwäche gezeigt", und auch, dass er dem Kompromiss zugestimmt habe, dass Prigoschin nach Belarus gehen dürfe, habe ihn geschwächt.

Mangott war sich zudem sicher, dass der russische Präsident den Befehl zum Tod Prigoschins gegeben habe – und dass Putin "beweisen wollte, 'ich bin nicht schwach'". Putin habe bereits vor Jahren in einem Interview gesagt, er könne nicht verzeihen, wenn jemand Verrat begehe. Mangott selbst hatte bereits in der Vergangenheit erklärt, Putin müsse Prigoschin "ausschalten", um wieder Stärke zu beweisen. Es können auch "Kreise jenseits Putins dahinterstecken", so Mangott, aber er glaube, Putin habe es befohlen und es werde "bei seinen Unterstützern sehr gut ankommen".

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    Mittwochnachmittag meldete Russland den Absturz eines Privatjets nördlich Moskaus. Erste Fotos vom Absturzort in der Nähe des Dorfes Kujenkino in der Region Twer zeigen das brennende Wrack. 
    Mittwochnachmittag meldete Russland den Absturz eines Privatjets nördlich Moskaus. Erste Fotos vom Absturzort in der Nähe des Dorfes Kujenkino in der Region Twer zeigen das brennende Wrack.
    via REUTERS

    "Putin hat dem Verräter ein Ende gemacht"

    Die Bevölkerung werde denken, "Putin hat dem Verräter ein Ende gemacht", so der Experte. "Ich halte die Unfalltheorie für sehr, sehr, sehr unwahrscheinlich", hieß es, zwei Monate nach Prigoschins Meuterei werde ein Flugzeug abgeschossen, das halte er schon für sehr verdächtig. Die Wagner-Gruppe sei nun jedenfalls "enthauptet" und zum größten Teil nicht mehr handlungsfähig, so Mangott. Wenn Putin diesen Mord angeordnet hat, sei das auch ein Zeichen an Kritikern in seiner eigenen Führungsriege, dass er sich so etwas nicht gefallen lasse, so Mangott. 

    Auch Außenminister Alexander Schallenberg war zu gast in der "ZIB2". "Die Informationen liegen auch mir vor", so der Minister zum Absturz, den Todesopfern und den Gerüchten. Er müsse "leider ja" sagen, er traue Putin zu, für den Tod von Prigoschin verantwortlich zu sein, auch wenn er sich vorsichtiger als Mangott ausdrücken müsse. "Vergeben und vergessen seien keine starken Eigenschaften" von Putin, so Schallenberg. Und: "Das wäre es", es wäre glatter Mord, so der Minister. Es gebe auch einen internationalen Haftbefehl gegen Putin, zum konkreten Fall gebe es aber noch keine Beweise.

    "Ich will keine Sippenhaftung"

    Man müsse abwarten, "was in den nächsten Tagen noch kommt", wollte Schallenberg Untersuchungen abwarten. Die Frage in der Zukunft sei, wie man je wieder dem russischen Präsidenten vertrauen könne, so der Außenminister. Es sei "nicht überraschend", was geschehen sei, man habe das bei Putin-Kritikern in der Vergangenheit immer wieder gesehen. Der BRICS-Gipfel wiederum sei ein versuchtes Zeichen Russlands, dass man nicht so isoliert sei, so Schallenberg. Man müsse das aber objektiv betrachten, es gebe zahlreiche Länder, die die Sanktionen gegen Russland unterstützen würden.

    Für Kriegsverbrechen dürfe es keine Neutralität geben, betonte Schallenberg. Österreich sei zwar militärisch neutral, "aber niemals werteneutral", so der Minister. Dabei hatte Schallenberg in der Vergangenheit erklärt, man dürfe Russland nicht "canceln". "Ich will keine Sippenhaftung", so Schallenberg, man müsse zwischen dem "System Putin" und seinen Schergen sowie Russland und seiner Bevölkerung unterscheiden. Man müsse "Russland immer mehr diesen Erpresssungshebel, den es hat" – und den Österreich Russland vielleicht auch naiv leichtfertig in die Hand gegeben haben – "aus der Hand schlagen".