Deutschrap-Superstar RAF Camora alias Raphael Ragucci meldet sich mit seinem neuen Album "Forever" zurück – und das nach einer schweren gesundheitlichen Krise. Im Interview mit dem "Rolling Stone" sprach der Wiener Rapper überraschend offen über Tinnitus, abgesagte Touren, seine Liebe zu Metallica – und warum Nirvana für ihn "lyrisch eigentlich nur Bullshit" ist.
Alles begann 2023 auf Ibiza: Eigentlich wollte RAF dort mit der Familie entspannen. Stattdessen setzte ein Tinnitus ein, der ihn regelrecht in Panik versetzte. "Ich träumte, dass ich auf eine Bühne müsste, aber sie nicht mehr finde. Dann wachte ich auf und hatte plötzlich ein Fiepen im Ohr", erinnert sich der 41-Jährige im Interview zurück.
Doch dabei blieb es nicht. Ein Hörsturz folgte, dann der nächste. "Ich hatte Angst, dass ich auf der Bühne stehe und nichts mehr höre. Das wäre die größte Blamage meines Lebens." Die Konsequenz: Tour-Absage, Studioverbot vom Manager und ein Neustart. RAF Camora zog sich komplett zurück, lebte isoliert in Dubai, konzentrierte sich nur noch auf Sport und Ernährung.
Erst ein Beat im Falco-Sample („Out Of The Dark“) brachte ihn zurück in die Spur und zurück ins Studio. Das Ergebnis ist sein neues Album "Forever", auf dem er wieder ganz der alte ist. "Wenn ich ein RAF-Camora-Album mache, dann muss das ein scheiß RAF-Camora-Album sein."
Obwohl er sich mental und körperlich neu aufstellen musste, klingt das neue Album laut RAF typisch nach ihm selbst: "Ich wollte kein 'Anthrazit 2' machen, aber ich wollte es würdigen", sagt er über sein Erfolgsalbum von 2017. "Connected", "Bottega" und Co. schlagen die Brücke zwischen Vergangenheit und Gegenwart.
Privat schlägt RAFs Herz seit jeher auch für Rock und Metal – mit Einschränkungen: "Das 'Black Album' von Metallica war meine Bibel. Als sie sich dann für 'Load' die Haare schnitten und wie Cowboys aussahen, war ich abgefuckt." Seine Liebe zu Nirvana hingegen bleibt ambivalent: "Lyrisch ist das eigentlich nur Bullshit."
Fun Fact: RAF wollte als Jugendlicher eine Metalband gründen und rekrutierte dafür sogar einen Dänen mit Rockstar-Optik aus dem Park. Das Problem: "Der Kerl war komplett unmusikalisch."
Auch auf den Riesenerfolg von "Palmen aus Plastik" mit Bonez MC blickt RAF heute überraschend selbstkritisch zurück: "Eigentlich wollten wir nur Dancehall klauen und auf Deutsch übersetzen. Aber die Beats klangen am Ende nicht nach Jamaika und so wurde aus Versehen etwas Neues draus."
„Grunge-Album unter anderem Namen? Warum nicht!“RAF Camora"Rolling Stones"-Interview
Trotzdem glaubt er nicht, dass die Deutschen den Dancehall wirklich fühlen: "Deutschland ist ein Schlagerland. Unsere Diaspora hört andere Musik als etwa die französische Karibik." Dennoch sieht er sich auch mit 41 noch "fit wie die junge Generation". Seine große Inspiration ist der französische Rapper Booba, der bald 50 wird und für RAF "jedem überlegen" ist – "körperlich, mental, musikalisch".
Wird es also irgendwann ein RAF-Camora-Grunge-Projekt geben? Vielleicht, aber dann "unter einem anderen Namen und ohne meine Stimme", sagt er. Auch über die musikalische Zukunft im Allgemeinen sprach er. "Deutschrap wird wieder Underground. Die Zukunft gehört Techno und elektronischer Musik." Künstler wie Ski Aggu sieht er aber trotzdem noch als "durch und durch HipHop" – nur eben mit Uptempo-Techno-Beats.
