Politik

Regierung soll Kritik mit Freude ertragen

Anlässlich des Tages der Befreiung vom NS-Regime fand im Bundeskanzleramt eine Gedenkveranstaltung statt. Künstler Arik Brauer hielt die Festrede.

Heute Redaktion
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Unter den Ehrengästen der Gedenkfeier im Bundeskanzleramt waren neben Bundespräsident Alexander Van der Bellen und seiner Ehefrau Doris Schmidauer auch Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka und zahlreiche Regierungsmitglieder. Nach Ansprachen von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) hielt Brauer die Festrede, die er mit Standing Ovations des Publikums beendete.

"Tag der Freude"

Kanzler Kurz bezeichnete den 8. Mai 1945 als "Tag der Freude", aber auch als Tag, an dem wir uns unserer Verantwortung stellen musste. Er betont, dass Österreich "zu lange" gebraucht hätte, um sich einzugestehen, dass wir auch Täter waren. Er erwähnte die vielen Österreicher, die während der NS-Zeit vertrieben und verfolgt wurden. Darunter den Nobelpreisträger Eric Kandel und den heutigen Festredner Arik Brauer, der trotz allem nach 1945 in Österreich blieb.

Antimsemitimus importiert

Brauer sei im Laufe seiner beeindruckenden Karriere zu einem kritischen Gewissen geworden. Auch, wenn es darum gehe, "den noch immer vorhandenen aber auch den neu importierten Antisemitismus anzusprechen und zu bekämpfen".

Auch Strache betonte den "da und dort in unserer Bevölkerung existierenden" aber "leider Gottes auch importierten" Antimsemitismus in unserer Gesellschaft. "Da haben wir alle Handlungsbedarf".

Zuvor sprach Strache von der Kranzniederlegung vor dem Mahnmal bei der Albertina, wo den "Opfern des millionenfachen Massenmords, der gnadenlosen NS-Tötungsmaschinerie, allen Opfern der Schoah, des Krieges und allen Überlebenden dieser schweren Zeit" gedacht wurde.

Denkmal für Trümmerfrauen

Der Vizekanzler spricht auch von der schweren Nachkriegszeit und dem Wiederaufbau, der ohne die "Trümmerfrauen" nicht gelungen wäre. Diese "großartigen Frauen" würde als Symbol der Lebenskraft auch ein Denkmal gebühren, meinte er.

In dieser Nachkriegszeit sei auch ein starker Glaube an Österreich, ein Heimatbewusstsein, aufgekommen. Für Strache hat das nichts mit Nationalismus zu tun, sondern mit Identität, Selbstbewusstsein und Selbstverantwortung. "Wir alle dürfen zu recht stolz auf Österreich sein", sagte er. Er sei dankbar, in diesem Land geboren zu sein. "Wir haben eine Verantwortung gegenüber den Opfern des dritten Reichs", so Strache. Wir seien dazu verpflichtet, dass so etwas nie wieder in unserer Gesellschaft Platz greifen könne.

Gewonnen und verloren

Arik Brauer schilderte zum Schluss eindrücklich, wie er das Kriegsende in Wien erlebte. Für ihn, der sich beim Anblick der russischen Panzer seinen Judenstern vom Janker trennte, sei es ein Sieg gewesen, eine Befreiung. Er sprach aber auch von jenen Frauen und Kindern, die in den Ruinen ihrer Häuser saßen und ein ganz anderes Gefühl hatten.

"Ich bin sicher, dass heute in Österreich die überwältigende Mehrheit der Menschen durchaus im Stande ist, die Situation von der Zeit des Zweiten Weltkrieges richtig einzuschätzen", sagte Brauer. "Verloren hat damals eine Ideologie, die von vornherein unmenschlich, egoistisch und aggressiv war. Gewonnen hat das allgemeine menschliche Bedürfnis, in Frieden und möglichst großer Freiheit zu leben. Gewonnen hat die Demokratie."

Regierung soll Kritik ertragen

Zum Schluss hoffte Brauer, dass in der Bundesregierung Menschen sitzen, die "mit Geduld und Freude" die Kritik der Bevölkerung ertragen. "Je mehr, desto besser."

Für die musikalische Untermalung der Veranstaltung sorgten die Wiener Sängerknaben und die 13-jährige britische Komponistin und Pianistin Alma Deutscher. Vor allem Nationalratspräsident Sobotka, seines Zeichens Musiklehrer und Komponist, genoss die Darbietungen sichtlich. (red)