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Kurz: Ibiza-Video "kommt eher aus anderem Eck"

Heute Redaktion
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Presserklärung von Sebastian Kurz am 20. Mai 2019, Archivbild
Presserklärung von Sebastian Kurz am 20. Mai 2019, Archivbild
Bild: picturedesk.com

Der Altkanzler muss bereits am 2. Tag nach dem Sturz im BVT-U-Ausschuss zu den Vorgängen um die Razzia und Isolation des Nachrichtendienstes Stellung nehmen.

Am heutigen Mittwoch musste Ex-Bundeskanzler Sebastian Kurz vor dem BVT-U-Ausschuss aussagen. Der ÖVP-Chef erschien ohne Vertrauensperson. Nachdem er den Zettel mit seinen persönlichen Daten intensiv durchgelesen hatte – die meisten überfliegen diesen nur kurz – wurde er über die möglichen Optionen für die Verweigerung seiner Aussage aufgeklärt. Damit startete auch schon die Befragung.

Erst Lauda-Begräbnis, dann U-Ausschuss

Kurz begann mit einer Stellungnahme und bedankte sich für die Verschiebung der Befragung: "Es war ja das Begräbnis von Arnold Schwarzenegger, äh, Niki Lauda", verhaspelte sich Kurz.

Sofort ging es zum Thema: Ja, er habe natürlich Gespräche mit Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) und Justizminister Josef Moser in Folge der BVT-Causa geführt.

Von der Razzia im BVT habe er erfahren, weil seine Mitarbeiter in Medien von der Razzia gelesen hätten – "Ich glaube, es war die Kronen Zeitung", sagt der Altkanzler und sorgt damit für Erheiterung unter den Anwesenden.

"Rechtswidriges, äh, rechtskonformes Vorgehen"

Kurz, normalerweise extremst wortsicher, schien nicht ganz auf der Höhe zu sein. Auf Stephanie Krispers (NEOS) Frage, was Kickl bei diesen Gesprächen "wenige Tage nach der Razzia" gesagt habe, verhaspelte sich Kurz erneut: "Der Innenminister hat seine Sicht der Dinge dargelegt", nämlich, "dass da ein vollkommen rechtswidriges, äh, rechtskonformes Vorgehen stattgefunden hat und dass die Medienberichte nicht stimmen".

Peter Pilz (JETZT) wollte wissen, warum Kurz Kickl nicht schon früher entlassen habe. Er habe die Aufklärung abwarten wollen, erklärt Kurz. Und: "Ich hatte keinerlei Beweis, dass er [Kickl, Anm.] irgendwas Illegales gemacht hätte."

BVT bei Geheimdienstarbeit isoliert

Ob er etwas gegen die Isolation des BVT im Berner Club getan habe? Nein, das sei nicht seine Zuständigkeit gewesen. Auch sei die BVT-Affäre nie Thema bei Gesprächen mit der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) gewesen. Diese habe das Thema "nicht auf die politische Ebene heben" wollen.

Auf dem politischen Parkett sei die Isolation des BVT generell nicht angeschnitten worden: "Normalerweise unterhalten sich Regierungschefs nicht über Nachrichtendienste", so Kurz. Und: Er habe gehört, dass man es eben nicht auf politischer Ebene besprechen will. Von wem, wisse er nicht mehr.

Die Fragen kehrten immer wieder zu der Thematik, ob sich Kurz weiter mit Informationen zur BVT-Causa versorgt habe, zurück: "Von wem hätte ich die einholen sollen?" Krisper nennt als Beispiel BVT-Direktor Peter Gridling. "Und der wäre verpflichtet gewesen, mir zu antworten? Einem Kanzler, dem gegenüber er nicht weisungsbefugt ist?", entgegnet Kurz.

"Das heißt: Nichts"

Auch Kai Jan Krainer (SPÖ) stellt mehrmals Fragen in dieselbe Richtung: Nach einer kurzen Aufklärung über eines Passus des Bundesministeriengesetzes, der ein Auskunftsrecht des Kanzlers vorsieht (dessen Änderung 2017 Kurz ebenfalls im Parlament zugestimmt habe), erklärt der ÖVP-Chef weiter: "Soweit ich mich erinnern kann, war entweder in der Sitzung oder am Rande der Sitzung einmal eine Auskunft von ihm [Gridling, Anm.], was den Austausch mit anderen Geheimdiensten betrifft."

"Was haben Sie getan, in Kenntnis dessen, dass Österreich von Kooperationen mit Partnerdiensten ausgeschlossen ist?", forderte Krainer Kurz heraus. Was er getan habe, habe er schon mehrfach hier erläutert, entgegnete Kurz.

Das bissige Resümee Krainers: "Das heißt: Nichts". Kurz habe "einfach zugesehen, wie Österreich zunehmend isoliert wurde, und hat nichts getan, damit diese Gefährdung der Sicherheitslage beseitigt wird", wettert der Sozialdemokrat laut "Standard.at".

Ibiza-Video "kommt aus anderer Ecke"

Hans-Jörg Jenewein (FPÖ) lenkte die Debatte auf das Ibiza-Video: Ob das BVT an der Erstellung der Aufnahmen irgendwie beteiligt war? Kurz erklärte, er habe den Eindruck, "dass das aus einer anderen Ecke kommt".

Erstmals erfahren habe er von dem Video am Donnerstag, also bereits einen Tag vor der Veröffentlichung durch Spiegel und Süddeutsche Zeitung. Vor jenem Tag habe er von dem Video keine Kenntnis gehabt, auch sei ihm 2015 kein Video angeboten worden, erklärt Kurz.

"Lieber Axel, hast du wieder mal Zeit?"

Pilz legt daraufhin einen SMS-Verlauf zwischen dem ÖVP-Bundesgeschäftsführer Axel Melchior und dem Nachrichtendienst-Referatsleiter im BVT, Bernhard P., aus dem Mai 2015 auf den Tisch: "Lieber Axel, hast du wieder mal Zeit? Es gibt neue Filme!", heißt es darin. Pilz glaubt, dass es dabei um das Ibiza-Video geht.

Auf die Nachfrage von Pilz, ob er das wirklich ausschließen könne: "Ich kann mich nicht erinnern", so Kurz. Woran er sich aber erinnere: "P. wollte einen Termin mit mir", erklärt der Altkanzler, er habe aber Melchior hingeschickt.

Relevantes dürfte aber nicht besprochen worden sein, legt Kurz nahe, da ihn seine Mitarbeiter über dergleichen informiert hätten. "Wäre so ein Strache-Video relevant gewesen?", fragte Pilz. Kurz' Antwort: "Davon gehe ich aus."

Falsche Angaben von Kickl?

Könne er ausschließen, während der Razzia im BVT bereits über diese informiert worden zu sein, will Muna Duzdar (SPÖ) wissen. Hintergrund: Der damalige Innenminister Kickl (FPÖ) hatte ausgesagt, sowohl Kanzler und Vizekanzler noch während der Razzia am Rande des Ministerrats am 28. Februar darüber in Kenntnis gesetzt zu haben.

Kurz: "Kann ich ausschließen: Da muss er den Vizekanzler gemeint haben". Er selbst sei im Ausland gewesen und gar nicht beim betreffenden Ministerrat anwesend gewesen.

Der ganze Live-Ticker zum Nachlesen:

(ek)